Leberkäsweckle
Streifenwagen. Der stand jetzt wahrscheinlich in der Rottwald’schen Garage, und der Wagendieb schlief seinen Rausch aus.
Da irrte Kommissar Schirmer. Der Alfred war längst auf den Beinen. Ausschlafen, das gab es bei seiner Klara nicht. Wenn er einen Rausch heimbrachte, dann war am folgenden Morgen Rücksicht von der Klara nicht zu erwarten. An diesem Morgen schon gar nicht, dachte Alfred, als er um die Hecke am Eingang seines Hauses bog. Denn wenn er auch noch die Nacht auswärts verbracht hatte und außerdem seine eigene Frau allein heimgehen ließ und währenddessen die Sekretärin des Bürgermeisters heimbegleitet hatte, dann konnte er eigentlich mit gar keinem Verständnis rechnen.
Er war an diesem Morgen ziemlich früh von Frieders Gütle aufgebrochen. Frieder hatte noch gefragt, er sei doch mit dem Wagen da gewesen. Der Wagen, dachte dann Alfred. Da war irgendwas passiert, da hatte er was vergessen, wusste es nicht mehr. Er wusste nur noch, dass er bei seinem letzten Aufstieg zum Gütle ein gutes Gefühl gehabt hatte. Ein Gefühl für ein paar weitere Biere, weil er eben keinen Wagen mehr im Gütle hatte. Woher dieses Gefühl allerdings kam, daran konnte er sich beim besten Willen nicht mehr erinnern.
Er öffnete das Gartentor und ging auf die Haustür zu. Kaum hatte er den Schlüssel im Schloss gedreht, ging es auch schon los.
»So«, tönte es aus dem Esszimmer, »der Herr kommt dann auch mal heim!«
Alfred zog seine Schuhe aus und stellte sie akkurat ins Schuhschränkchen. Kleinigkeiten waren jetzt ganz wichtig. Jetzt nur keinen Flüchtigkeitsfehler machen, das wusste er aus Erfahrung. Als er sich an den Tisch setzte, schaute er seiner Frau verstohlen in die Augen. Da war Wut, aber auch ein kleiner Funken Unsicherheit. Sieh an, dachte er, die Klara war sich nicht sicher, ob sie ihre Wut jetzt so richtig rauslassen sollte. Womöglich kam er einigermaßen ungeschoren aus dieser Klemme raus.
»Ond, hosch ausgschlofa?«, fragte sie.
»Des war no ebbes, do aufem Georgaberg«, antwortete er.
»Aha«, sagte dann die Klara.
»Viel Durchfall halt«, meinte dann der Alfred.
»Wieso Durchfall?«, fragte die Klara.
»Woiß i au net«, antwortete der Alfred.
»Des kommt mir fei nemme vor, so was wie mit der Schickle!«
»I woiß au net, do isch halt dr Gaul mit mir durch«, sagte der Alfred.
»’s Beet sott mer jäta«, sagte die Klara.
»Des mach I no«, sagte der Alfred und hoffte insgeheim, dass der Ehefrieden damit vielleicht wiederhergestellt war.
»Willsch en Kaffee?«, fragte die Klara.
»Gern«, antwortete der Alfred und wusste, das war zumindest der Beginn des Ehefriedens. Als er den ersten Schluck Kaffee nahm, wurde er nachdenklich. Die Ehe mit der Klara. Jahre waren inzwischen vergangen, seit sie geheiratet hatten, viele Jahre. Sie hatten keine Kinder, leider. Sie hatten auch nie herausfinden wollen, wer nun nicht konnte. Sie hatten sich abgefunden und sich arrangiert. Es waren gute Jahre gewesen, er hatte sein Leben gelebt, seine Arbeit gern getan und seinen Spaß gehabt. Sie hatte ihren Weg gefunden und redete halt, war im Flecken unterwegs und fand dort sich. Aber auch gemeinsam war ein Leben gewesen. Nur gestern Abend, das mit der Schickle, das machte ihn dann doch nachdenklich. Da war eine kleine Angst in Klaras Augen gewesen, eine Angst, dass er dieses Leben, so, wie es eingerichtet war, verlassen könnte. Das war für ihn neu, die Klara und Ängste. Er würde mit Frieder darüber reden, sagte er sich, der Frieder würde da was wissen, der hatte doch auch so eine Situation.
»Ond, machet mer, oder«, sagte die Klara mitten hinein in seine Gedanken.
»Doch, scho, I gang ja«, sagte der Alfred.
»Aber jetzt!«, sagte die Klara
»Und jetzt, was machen wir jetzt?«, fragte Kommissar Knöpfle barsch.
Die beiden Polizisten zogen die Schultern hoch und antworteten zugleich: »Den Wagen holen.«
Knöpfle setzte sich an seinen Tisch, begann aber noch nicht mit der Arbeit, weil er wusste, da würde noch was kommen. Er fragte sich, ob das gut sein würde.
Das würde es für Gerda Schickle ganz sicher. Sie saß im Rathaus römisch eins vor ihren Topfpflanzen, goss sie und sprach ihnen Mut für den Tag zu. Eigentlich meinte sie damit sich selbst, aber das wollte sie sich nicht eingestehen. Der Prozess gegen Hauptkommissar Schleck und die Beutlinger Polizeidirektion war vorbereitet. Sie hatte schon ihren Rechtsanwalt aufgesucht und ihm alles Material plus eine eidesstattliche Aussage
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