Leberkäsweckle
vorgelegt. Der hatte sich richtig gefreut. Ein Fall, der klarer nicht sein könnte. Er hatte ihr baldige Erledigung und eine mehr als angemessene Entschädigung für die Beschädigungen in ihrer Wohnung und auch ein Schmerzensgeld in Aussicht gestellt. Damit konnte sie einiges anfangen. Die Wohnung würde komplett renoviert werden, und sie plante eine Reise. Endlich mal eine richtige Reise machen, eine Kreuzfahrt vielleicht oder eine Weltreise, sie hatte ja auch noch was auf dem Sparbuch. Das könnte zusammen reichen.
Der Piepton des Bürgermeisters rief sie in sein Büro. Der war auch nicht mehr der Alte. Sie war richtig erschrocken, als sie ihm vorhin auf dem Flur begegnet war. Die Haare ungekämmt, schlecht rasiert und mit bleichen Wangen war er ihr entgegengekommen.
Als sie den Raum betrat, stand Hans Bremer in sich zusammengesunken am Fenster und schaute hinaus. Das war nicht derselbe Blick wie noch gestern, dachte sie im Hineingehen, das war nicht mehr der Jäger, der sein Revier sondierte. Hier stand einer, der vom Leben gezeichnet war. Was Wunder, dachte Gerda, wenn man so über die Stränge schlug wie der Bürgermeister, dann musste einfach mal die Rechnung kommen. Genau das war nun passiert.
Was war denn hier passiert?, dachte praktisch zur gleichen Zeit Klara Rottwald, als sie die Garage betrat. Sie hatte nur ein paar Kartoffeln aus dem Keller holen wollen und durch die offene Tür den Wagen gesehen. Das war doch ein Polizeiauto! Was machte das bitte in ihrer Garage? Was hatte Alfred in seinem Dullo da wieder angestellt? Aber das würde sie später klären, erst musste der Topf vom Herd, sonst war der Blumenkohl verkocht.
Sie ging die Treppe hoch, schaute zufällig am Eingang aus dem Fenster und sah zwei Polizisten auf die Haustür zugehen. Die wollten ihren Alfred, das war ihr gleich klar. Schnell schaltete sie die Kochplatte aus und zog den Topf auf die Seite. Dann machte sie kehrt und eilte die Treppe hinunter. Der Wagen musste weg, und zwar sofort.
In der Garage angekommen, öffnete sie die Wagentür und sah den Schlüssel stecken. Es musste sein, sie musste ihrem Alfred helfen. Sie machte das Garagentor auf, schaute kurz prüfend in die Einfahrt, die Gott sei Dank hinter dem Haus war. Dort war niemand zu sehen. Dann setzte sie sich in den Wagen, startete und fuhr hinaus. Am besten links rum, überlegte sie, dann konnten die Polizisten sie nicht sehen.
Hans Bremer sah sich auch nicht mehr. Oder vielmehr kannte er sich nicht mehr. Sein Leben war vorbei.
Sie hatte ihm ihren Plan vorgelegt und gleichzeitig einen Brief an einen Scheidungsanwalt. Dieser Plan sah vor, dass er jederzeit erreichbar war, dass jeder Termin mit ihr abgesprochen wurde und dass er nur dann Veranstaltungen allein besuchen durfte, wenn sie ihm das erlaubte, ausdrücklich. Er fühlte sich überwacht, gegängelt und verplant. Da war nirgendwo mehr Leben, das Leben, das er meinte. Und dafür hatte er dieser Frau einen Mordprozess erspart.
Gut, auch er war da nicht ganz unbeteiligt gewesen, immerhin hatte er mit der getöteten Elfriede … Aber das gab ihr doch nicht das Recht, ihn zu ihrer Marionette zu machen. Doch er bewegte sich auf einem schmalen Grat: Das Haus, die Grundstücke, das Geld, alles war ihrs. Zusammen mit dem Skandal, wenn sie ihn verlassen würde, das wäre das Ende. Dann konnte er noch mal von vorn anfangen. Dann stand er wieder am Anfang und müsste sich eine Partei heraussuchen, um wieder nach oben zu kommen. Das war heutzutage keine einfache Frage. Auf wen sollte er dann setzen, hier im Ländle? Die Grünen würden ihn nicht nehmen, auch die SPD war fraglich, denn wohin deren Weg ging, das konnte er nicht abschätzen. Die CDU war ebenfalls unsicher, wenn die weiterhin solche Böcke baute, und schließlich die FDP , wer wusste denn schon, ob es die in ein paar Monaten überhaupt noch gab.
Seine Aussichten waren düster, und er musste etwas tun, um diese Situation anders zu lösen. Anders. So hatte seine Luise ihre Situation auch gelöst. Er schickte Frau Schickle hinaus und gab sich Gedanken hin.
Solchigen wollte sich Thomas Knöpfle im Moment ganz und gar nicht hingeben. Er wartete auf seine beiden Beamten, die längst schon hätten zurück sein müssen. Was war denn da jetzt schon wieder los?
»Wo send se denn au?«, kam es prompt aus dem Nebenraum.
Der Schirmer konnte nerven. Was ging ihn das an? Schließlich musste er als der diensthöhere Beamte diese Sache klären. Vor allem fragte er sich, worin
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