Leberkäsweckle
kannte die Gedanken des Kollegen. Er selbst war gespannt, wie sich die nächsten Tage entwickeln würden. Vor allem mit diesem Eimersaufen. Sauf du mal Koma, wenn du auf der Schüssel sitzt!, dachte er.
Knöpfle ahnte, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war. Eine solche – ’tschuldigung – Scheiße machte sich nicht von alleine. Da musste was passiert sein. Aber nachfragen wollte er jetzt auch nicht.
»Lasset mer’s?«, fragte Schirmer.
Knöpfle nickte und stand auf.
Sie verabschiedeten sich vor dem Revier. Jeder fuhr seines Wegs, und mit ihnen fuhren die Gedanken an diesen Tag, an den Fall und die Fälle, an ein Schrotgewehr und eine Kirche, an einen verschissenen Hang und den Notstand im Krankenhaus, an Cowboys und Indianer, an Frau Schickle und Pfarrer Leonhard, an tiefgefrorene Puppen, kurz an alles, was an diesem Tag in Pfenningen so passiert war.
Ein wundervoller Tag am Albtrauf, dachte Thomas Knöpfle hinterm Steuer und grinste.
So fröhlich konnte unser Kommissar den nächsten Morgen nicht angehen. Er fuhr mit seinem Wagen zum Revier und wunderte sich, denn es war noch keiner da. Das hätte ihn vor dem vergangenen Tag wenig gestört. Nun aber erwartete er von seinen Leuten Anwesenheit und Problembewusstsein. Er hatte es schwer bereut, den beiden Pfenninger Streifenbeamten den gestrigen Tag und Abend freigegeben zu haben. Freilich, sie waren bei der Feuerwehr gewesen, um den neuen Löschzug mit allem Pomp einzuweihen, aber hier in Pfenningen hatten die beiden hinten und vorne gefehlt.
Dieser Tag gestern mit all seinen Vorkommnissen rückte die Staatsgewalt doch in ein eher schlechtes Licht. Da wollte er heute Aktivität sehen und Eifer. Kein leeres Büro vorfinden mit dem im Raum stehenden Hinweis, dass Schirmer wahrscheinlich seine Runde machte, die er traditionell mit einem Leberkäsweckle auf dem Parkplatz des Großmetzgers abschloss.
Er würde Schirmer vor zehn Uhr nicht zu sehen bekommen, da war sich Knöpfle sicher. Aber wie das so ist mit der Ruhe. Wenn man sie nicht braucht, dann stört sie. Kaum saß er eine halbe Stunde in seinem Bürostuhl, klingelte das Telefon. Seine Frau.
»Was ist das mit diesem Zeitungsroman? Wolltest du mich auflaufen lassen? Trennung oder was?«, schrie Britta am anderen Ende der Funkwellen ins Telefon.
Zu Knöpfles Ehrenrettung muss gesagt werden, dass er zu diesem Zeitpunkt wirklich nichts von diesem Zeitungsroman wusste. Das versuchte er auch ins Telefon und irgendwie ins Hirn seiner Frau zu bringen. Aber es gelang ihm nicht. Als er zum dritten Versuch ansetzte, legte sie auf.
Der Abend wird wieder mal heiter werden, dachte Knöpfle. Aber was sollte er sich einen Kopf machen, das half auch nichts. Er erledigte einige Mails und legte alte Fälle ab, bis Willi Schirmer seinen Auftritt hatte.
Ein Auftritt einer weiteren Person in seinem auslaufenden Krankenhausleben, das hätte Pfarrer Leonhard gerade noch gefehlt. Das Erlebte genügte ihm vollauf. Nun wollte er wieder einkehren in einen Alltag, der möglichst keine Toten in Kirchen und vor allem keine mittigen Körperkonstruktionen beinhaltete. Obwohl, den Träger der Konstruktion war er ja dann losgeworden. Was aus dem armen Einzelhändler geworden war, wusste er nicht, wollte sich aber auf jeden Fall mal erkundigen. Solche gemeinsamen Erlebnisse schweißten dann doch zusammen. Auch wenn es sich bei seinem ehemaligen Bettnachbarn um einen Katholiken handelte.
Nun war Heimkehr angesagt. Es galt, zwei Beerdigungen zu halten und auch noch eine Trauung. Ein voller Dienstplan also, und er wusste sich körperlich und geistig noch nicht so recht auf der Höhe.
Als ihn an diesem Morgen in aller Frühe ein Anruf erreichte, war er doch einigermaßen perplex. Calzone-Gottesdienst? Was sollte denn das sein? Ja, die Anruferin fand das eine tolle Idee, diesen Gottesdienst am Pizzaofen mit anschließendem Pizzaessen, natürlich Calzone, und Umtrunk. Pfarrer Leonhard kam aus dem Staunen nicht heraus und beschloss, nachdem er die Anruferin christlich abgewimmelt hatte, sich in dieser Sache kundig zu machen. Ihm dämmerte etwas von einer Rechnung aus dem »Da Maria« in seinem Brevier und von Notizen, die er sich dort gemacht hatte. Da konnte ein Malheur passiert sein.
Dieser Gedanke ging auch Frieder Kötzle durch den Kopf, als er den Blick auf sein Gütle, oder was davon noch übrig war, richtete. Am frühen Morgen hatte starker Regen eingesetzt und das meiste weggespült. Alfred und er hatten die Eimer
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