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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Weiler
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dem Ganzen mit Erde und Glauben und Menschen. Er war doch hier nicht der Vordenker. Wenn er es genau betrachtete, war er Himmelsverwalter, Angebeteter und Freund in einem. So sah er sich. Mehr nicht. Diese Menschen wollten aber mehr von ihm, und das war ihm nicht so lieb. Sie wollten den machenden, den strafenden, den vergebenden Gott. Das konnte er nicht sein, das gab es einfach nicht.
    Warum Vergebung, zum Beispiel, damit die gleiche Sünde tags drauf erneut begangen werden konnte? Oder weil der Mensch halt so schwach war? Er hatte die Schnauze deutlich voll von diesen Sprüchen und vor allem von dieser Beichterei der katholischen Glaubensschwestern und -brüder. Als ob einer freiwillig die Sünden der Menschen auf sich laden würde. Und dann? Wohin damit? Die dachten keinen Meter weiter!, dachte Gott.
    Sein Sohn hatte die Situation da unten gecheckt und war wieder hochgekommen. »Dort sitzet er zur Rechten Gottes, seines Vaters …!« Millionenfach schallte es ihm in den Ohren. Der hatte nicht die Sünden der Menschen auf sich geladen, der war mit seiner Mission gescheitert, so sah es doch aus. Was glaubten die Menschen eigentlich? Dass er seinen Sohn zur Kreuzigung da runtergeschickt hatte, oder was? Sollte er jetzt alle paar Jahrtausende einen Sohn schicken, oder wie? Was war denn das für ein Glauben? Mensch!
    Aber er schweifte mal wieder ab. Dort unten predigte sich sein Pfarrer Leonhard mal wieder dermaßen um Kopf und Kragen, dass es langsam spannend wurde, wie der da wieder rauskommen wollte.
    »So wird das in hundert Jahren dann sein, dass Menschen frei zusammenleben und sich dann sorgen können um das Proletariat und die Rechte von denen, was sie heute noch nicht können, denn das reicht eben nicht. In diesem Sinne war Eolonie Pflugseil eine wahre Vorkämpferin des Guten, nein, sogar des Besseren, und sie hatte Visionen! Und so wollen wir sie in Erinnerung behalten, als gläubige Frau und große Visionärin.« Damit schloss Pfarrer Leonhard und war sich seiner Bescheidenheit bewusst. Auch sprachlich.
    Anschließend sollte die Lebensgefährtin sprechen, und die tat das dann auch. Sie war eine sehr rüstige Frau in den Mittsiebzigern und aus Essen, also Ruhrpott. Das war nun kein Fehler an sich, dachte später Pfarrer Leonhard, aber ein wenig dezenter hätte es auch getan. Denn die hatte voll vom Leder gezogen. Sie hätte sich gewünscht, dass eine christliche Kirche zu einem einigermaßen christlichen Begräbnis in der Lage wäre, aber anscheinend wäre das zu viel verlangt.
    Pfarrer Leonhard klang es noch lange im Ohr. Das war zwar ziemlich daneben gewesen, aber er halt auch. Gut, vielleicht hätte er den kleinen Gewerkschaftschor noch verhindern können. Die waren zu früh gewesen, hörten was von Arbeiterklasse und schmetterten los. Aber da war es ihm dann sowieso egal gewesen. Wenn was schieflief, dann richtig.
    So ähnlich dachte auch der kleine Moritz mit seinen zwölf Jahren. In Abwesenheit der Oma, die halt doch nicht immer schaute, hatte er sich den elektronischen Rasenmäher mal vorgenommen. In der Bedienungsanleitung stand das alles ganz genau, und er hatte den Mäher so programmiert, wie es der Opa wahrscheinlich wollte. Dass er sich bei den Koordinaten doch ein wenig verprogrammiert hatte, das sollte sich erst später herausstellen. Jedenfalls ließ er das Ding los und wurde prompt von der Oma zu seiner heißen Schokolade gerufen.
    Jetzt kann man vieles im Leben ignorieren, aber diesem Ruf war Folge zu leisten, egal, was gerade war. So machte sich auch Moritz auf und folgte der großmütterlichen Lockung. Saß dann gemütlich bei Keksen und heißer Schokolade und ließ es sich gut gehen.
    Frieder und Lotta stießen später dazu. Setzten sich und waren auch ganz dabei mit heißer Schokolade und Keksen. Frieder eher nur Kekse. Er hatte sich ein Weizenbier eingeschenkt. Das brauchte er jetzt, mit diesem Polizeiauto an der Backe.
    Seine Frau schüttelte nur den Kopf. Am hellen Nachmittag und dann noch vor den Enkeln. Ihr Blick traf den Frieder, und nachdem dort nicht viel Verständnis zu holen war, ging sie hinaus, über die Terrasse, hinüber zu ihrem Beet. Das beruhigte sie immer wieder. Ein Blick auf das Beet, von ihrer Bank aus. Dort wuchs etwas, das man dann auch essen konnte. Dort blühte es, und daraus wurden Früchte. Ein faszinierender Vorgang. Dies dann von ihrer Bank aus betrachtet, gemütlich angelehnt, das war was. Aber so weit kam es heute nicht.
    Nun gibt es optische Täuschungen.

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