Lee, Julianne
Doch dann sagte er: »Es war nur ein verärgerter Dorfbewohner, weiter nichts.«
»Er schien furchtbar aufgeregt zu sein.«
»Das stimmt. Trotzdem geht diese Angelegenheit ein anständiges junges Mädchen nichts an.« Er machte Anstalten, sich auf eines der Pferde zu schwingen.
»Vater, ich möchte wissen, was geschehen ist!« Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah mit gerunzelter Stirn zu ihm auf.
Ihr Vater seufzte. »Na schön, du gibst ja doch keine Ruhe. Ein Bauer hat sich beschwert, dass sein Hund getötet wurde.«
»Warum denn? Und wer hat den Hund getötet?«
»Einer meiner Männer. Offenbar hat der Hund nach ihm geschnappt. Das Tier war bösartig, also wurde es erschossen.«
»Was hat der Soldat denn mit dem Hund angestellt?«
Ein ungeduldiger Unterton schlich sich in die Stimme ihres Vaters. »Ich wüsste nicht, was diese Frage zu bedeuten hat.«
»Das liegt doch auf der Hand. Jeder Hund schnappt zu, wenn man ihn ärgert. Was hat dein Dragoner mit ihm gemacht?«
»Nichts, soweit ich weiß.« Vater hatte die Lippen zu einem schmalen weißen Strich zusammengepresst, was bedeutete, dass sie gut daran täte, das Thema nicht weiter zu verfolgen. Also trat sie rasch auf ihn zu und bat: »Vater, kann ich dich heute in die Garnison begleiten?«
Damit hatte er nicht gerechnet. Seine Augen wurden groß »Warum denn?«
»Ich war noch nie dort. Und ich möchte gerne sehen, wo du die ganze Zeit verbringst, die du nicht bei mir bist.«
Das rührte ihn, wie sie sofort erkannte. Seine Wangen röteten sich ein wenig. Er dachte einen Moment nach, weil er nicht wollte dass es so aussah, als sei er allzu leicht umzustimmen, dann befahl er seinem Leutnant, ein Pferd für sie satteln zu lassen.
Der Himmel war wolkenverhangen, doch hin und wieder brach die Sonne durch, und es sah nicht so aus, als werde es regnen. Ein leichter Wind kam auf, während Leah mit ihrem Vater und seiner Eskorte durch das Tal zur Garnison ritt.
Als sie an der Kirche am Taleingang vorbeikamen, ertappte sie sich dabei, wie sie das verwitterte alte Gemäuer fasziniert anstarrte. Sie hatte noch nie eine katholische Kirche betreten, und unwillkürlich fragte sie sich, was für Götzen hier angebetet und welche Art von Gebeten gesprochen wurden.
Nachdem sie die Tore der Garnison passiert hatten, stieg ihr Vater ab, und einer der Soldaten kam zu ihr, um ihr vom Pferd zu helfen.
»Leutnant, Ihr seid heute für die Sicherheit meiner Tochter verantwortlich. Führt sie in der Garnison herum und sorgt dafür, dass sie alles erhält, was sie wünscht.« Leahs Herz wurde schwer.
»Ja, Sir.« Der Dragoner salutierte.
Ihr Vater machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in einem der Gebäude.
Leah sah ihm nach und kam sich auf einmal entsetzlich verlassen vor. Sie hatte gehofft, den Tag mit ihm zusammen verbringen zu können, doch er hatte offenbar nicht vor, sich von ihr von seiner Arbeit abhalten zu lassen. Also blickte sie den Leutnant an.
Ein netter Bursche, mit ernstem Gesicht und rosigen Wangen. Er schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln, das erste, das sie bei einem der Männer ihres Vaters zu sehen bekam. Sie fragte ihn nach seinem Namen.
»Leutnant Jones, Miss.«
»Habt Ihr auch einen Vornamen, Leutnant?«
»Kenneth, Miss Hadley.« Äußerst höflich und dienstbeflissen. Ein langweiliger Trottel.
»Nun, Kenneth, mein Vater hat angeordnet, dass wir die Garnison besichtigen. Dann lasst uns gehen, ehe er uns beide degradiert.«
»Gern, Miss.« Zu ihrer Freude verwandelte sich das Lächeln in ein breites, aufrichtiges Grinsen.
Es war eine kurze, uninteressante Tour, auf der Leah einmal mehr ihre Meinung bestätigt fand, dass alle Garnisonen gleich aussahen. Diese hier schien nur etwas primitiver als Fort William zu sein, der Festungswall bestand aus Holz statt aus Stein. Die Gebäude jedoch waren aus demselben Gestein erbaut wie die Burg und die Kirche, nur waren sie längst nicht so verwittert, was Leah durchaus einleuchtete. Die Garnison war zu Regierungszeiten von Königin Anne, also vor knapp einem halben Jahrhundert, errichtet worden, und die meisten Nebengebäude hatte man noch später angebaut.
Es gab einige kleinere Häuser, in denen die Büros untergebracht waren, sowie einen hölzernen Stall, der auf einen schmalen Hof hinausging. All dies wurde von einer mehrstöckigen Baracke überragt, deren Vorderfront gegenüber der Kirche lag und nicht zum Hof innerhalb der Festung zeigte.
Vor der Baracke gingen zahlreiche Soldaten
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