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Lee, Julianne

Lee, Julianne

Titel: Lee, Julianne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Schwert der Zeit 04 - Die Erfüllung
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ihren Pflichten nach, putzten Waffen, besserten Sättel und Zaumzeug aus und Ähnliches. Ein noch sehr junger Gemeiner hockte auf dem Rand seiner Pritsche, wie sie durch ein Fenster sah, und flickte ein Loch in der Hose, die er gerade trug. Dabei fluchte er jedes Mal verhalten, wenn er sich mit der Nadel stach. Ein Kartenspiel, das auf einem umgestülpten Fass im Gange war, wurde kurz unterbrochen, als sie vorüberging. Die Spieler hofften anscheinend inständig, sie möge nicht bei ihnen stehen bleiben. Auch die anderen Soldaten, die teilweise in Hemdsärmeln auf ihren Pritschen saßen, senkten
    in der Hoffnung, nicht aufzufallen, die Köpfe. Keiner wollte von der Tochter des Captains in ein Gespräch verstrickt werden.
    Leah ließ sich davon nicht beirren. Alle jungen Männer, mit denen sie sich unterhielt, behandelten sie äußerst ehrerbietig, sprachen nur, wenn sie angeredet wurden, und einige gaben sich so unterwürfig, dass es beinahe lächerlich war. Auch Kenneth blieb stets steif und korrekt. Das einzig Interessante an diesem Tag war das Gespräch zweier Soldaten, das sie zufällig mit anhörte. Sie prahlten damit, den Hund, über dessen Tod sich der Bauer am Morgen beschwert hatte, als Zielscheibe benutzt zu haben. Anscheinend war das Tier den Männern überhaupt nicht nahe genug gekommen, um beißen zu können, denn der Schütze bildete sich viel auf die Entfernung ein, aus der er es erschossen hatte. Leah stieg die Schamröte in die Wangen, als sie an die Lüge dachte, die ihr Vater ihr aufgetischt hatte.
    Sowie die Garnison besichtigt war und es nichts mehr zu tun gab, begann sie zu bedauern, dass sie hergekommen war. In der Burg gab es wenig genug Abwechslung, hier überhaupt keine. Auch Kenneth war nicht gerade das, was man einen amüsanten Gesellschafter nennen konnte.
    Am Nachmittag hatte sie keine Lust mehr, den Männern beim Striegeln der Pferde oder beim Exerzieren zuzusehen. Sie teilte Kenneth mit, sie müsse sich erleichtern, und ließ ihn einfach stehen. Flüchtig kam ihr der Gedanke, dass ihr kein einziger Moment der Freiheit vergönnt wäre, wenn nicht ihre Körperfunktionen dies erforderten.
    Doch statt den Abtritt aufzusuchen, huschte sie um die Baracke herum, raffte ihre Röcke, lief zum vorderen Tor, schlüpfte hinaus und blieb stehen, sowie sie außer Sichtweite der Soldaten in der Garnison war.
    Einen Moment lang betrachtete sie die alte Kirche. Irgendwie
    faszinierte sie das Gebäude. Eigentlich hätte sie überhaupt nicht
    mehr existieren dürfen. Dass sie der von Gesetzes wegen angeord-
    neten Zerstörungswut entgangen war, rührte Leah irgendwie. Sie
    brannte darauf, kurz hineinzugehen. Ob sich etwas Böses darin verbarg? Was hatte ihre Vorfahren dazu bewogen, all diese Kirchen abreißen zu lassen? Entschlossen ging sie auf das Gebäude zu, ohne sich von dem Wachposten am Garnisonstor beirren zu
    lassen. »Äh... Miss Hadley?«
    »Ja?« Leah drehte sich um und machte ein unschuldiges Gesicht.
    »Ihr solltet Euch nicht ohne Eskorte außerhalb der Garnison aufhalten.«
    Leah lachte leise auf, als sei dies das Dümmste, was sie je gehört hatte. »Unsinn. Ich möchte mir nur diese wundervollen Rosen auf dem Friedhof ansehen und vielleicht ein paar davon pflücken. Mir kann gar nichts passieren, Ihr passt ja auf.«

Der Wachposten dachte eine Weile über ihre Worte nach. Sie konnte ihm ansehen, wie es in seinem Kopf arbeitete.
    »Leutnant Jones hat nichts dagegen einzuwenden«, fügte sie rasch hinzu. »Er weiß, wo ich hingehe.«
    Der Wachposten nickte nur und baute sich wieder neben dem Tor auf. Leah setzte ihren Weg fort.
    Um das Misstrauen des Mannes nicht zu wecken, blieb sie beim Friedhof stehen und pflückte eine der Rosen, die inmitten von Farngestrüpp am Fuß des Hügels blühten. Dann blickte sie sich zu dem Wachposten um, weil sie sichergehen wollte, dass er sie nicht beobachtete, und schlüpfte hastig in die Kirche. Die schwere Holztür knarrte, als sie sie aufschob, und sie schloss sie hastig hinter sich.
    Das große Kirchenschiff war leer. Keine Stühle reihten sich auf dem Steinfußboden, wie es in einer Kirche, in der regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden, der Fall gewesen wäre. Es gab auch keinen Altar, wohl aber ein riesiges Kruzifix, das direkt unter einem prächtigen Buntglasfenster stand. Sanftes Licht fiel in den Raum und malte rote, blaue und grüne Kringel auf den Boden. Leah trat zu dem Kruzifix, um es sich genauer anzusehen. Eine
    hölzerne

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