Lee, Julianne
Verdacht bringen wollte. Schließlich erwiderte sie lahm: »Nein. Es stört mich einfach, jemanden vor meiner Tür zu wissen.«
Ihre Antwort schien ihn zu enttäuschen, und ihre Gedanken begannen sich zu überschlagen. Meinte er, sie hätte Interesse an Jones? Oder an sonst einem seiner Männer? Aber seine nächsten Worte verrieten ihr, was er dachte.
»Also ein Matheson.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Er hatte schon geahnt, dass sie sich mit jemandem traf.
»Nein, Vater...«
»Geh hinein.« Er packte sie am Arm und stieß sie auf die Tür zu. »Gleich wird einer meiner Leute hier sein, und er erhält den Befehl, dich erst am Morgen wieder herauszulassen.« Sie versuchte sich loszureißen, doch sein Griff war eisenhart, und sein Zorn jagte ihr Angst ein. Seine Finger gruben sich tief in ihren Arm.
»Und wenn ich versuche, meine Kammer zu verlassen, wird er mich dann erschießen?«
»Stell dich nicht so dumm an. Er wird dich packen, zurücktragen und die Tür zuhalten, bis du wieder zur Vernunft gekommen bist.« Mit diesen Worten schob er sie in den Raum. Sie trat mit dem Absatz auf ihren Rocksaum, verlor das Gleichgewicht und stolperte gegen den Fuß ihres Bettes. Tränen traten ihr in die Augen und rollten über ihre Wangen. Noch nie hatte er sie so grob behandelt.
Schäumend vor Wut und mit hochrotem Gesicht stand er in der Tür. »Falls du nicht hier sein solltest, wenn der Wachposten kommt, und ich gezwungen bin, die ganze Burg nach dir abzusuchen, dann werde ich höchstpersönlich denjenigen umbringen, bei dem du gefunden wirst.« Der Zorn, der in seinen Augen loderte, verriet ihr, dass er diese Drohung ohne Zögern in die Tat umsetzen würde. »Gute Nacht.«
»Vater!«
Doch der Captain eilte die Treppe hinunter, ohne sich umzudrehen, und verschwand.
Ciaran saß auf dem Stuhl in seiner Kammer, hatte die Füße auf den Tisch gelegt und überlegte fieberhaft. Die Ankündigung des Captains zog einige Folgen nach sich, doch er konnte nur daran denken, dass Leah Hadley morgen früh fort sein würde. Sinann tauchte auf, aber er war nicht in der Stimmung für ihr Geplapper,
also griff er nach einem Schuh und warf ihn nach ihr, woraufhin sie verschwand. Der Schuh krachte gegen den Kaminsims, und das alte vogelähnliche Holzspielzeug fiel zu Boden.
Eóin kam in den Raum gehuscht und schloss die Tür hinter sich, wahrend Ciaran das Spielzeug aufhob.
»Ciaran.« Seine Stimme klang bedeutungsschwanger.
Der Laird drehte sich um. »Aye. Diese Entwicklung verbessert und verschlechtert unsere Lage gleichermaßen. Ich wünschte, wir wüssten, wo sie hinwollen.« Es wäre ihm jetzt auch lieber gewesen, er hätte die Fee etwas freundlicher behandelt, denn sie hätte den Captain für ihn ausspionieren können. Wieso sie von der bevorstehenden Abreise der Rotröcke nichts mitbekommen hatte, war eine andere Frage, die er ihr stellen wollte.
»Zumindest machen sie uns jetzt keine Schwierigkeiten mehr, wenn wir das Tal verlassen, um zu Charles zu stoßen.«
Ciaran grunzte, während er das Holzspielzeug in der Hand hin und her drehte. »Vielleicht, vielleicht auch nicht, Eóin. Meinst du, das könnte eine Falle sein? Geben sie nur vor, abzureisen, und lauern dann in der Nähe, um zu sehen, was wir tun?« Dieser Gedanke ging Ciaran neben vielen anderen ständig durch den Kopf. Er stellte den Vogel wieder auf den Kaminsims, dann ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und legte einen Arm um die Rückenlehne. Es konnte sich in der Tat um eine Falle handeln, noch dazu um die Falle eines aufgebrachten Vaters, der erraten hatte, wo seine Tochter letzte Nacht gewesen war.
Es war sogar möglich, dass Leah selbst es ihm gesagt hatte. Der scharfe Schmerz eventuellen Verrats trübte seine logischen Gedankengänge. Er wusste nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte, also musste er unbedingt mit Leah sprechen.
Aber erst galt es zu entscheiden, was die Clansleute tun sollten. Jegliches Zögern würde ihm von Dùghlas und den anderen als Schwäche ausgelegt werden, und der Verwalter würde sich die Gelegenheit sofort zu Nutze machen. Flüchtig wünschte Ciaran, er hätte seinen Bruder hängen lassen, als der Moment günstig gewe-
sen war. Jetzt war es zu spät, jetzt würde man Calum statt als Verräter als Märtyrer betrachten.
»Wenn der Captain uns eine Falle stellt, dann erwartet er bestimmt, dass wir wie steifnackige Engländer in Reih und Glied aus dem Tal marschieren und geradewegs hinein tappen«,
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