Lee, Julianne
ersticken, dann stand er auf und urinierte über den Aschehaufen, um zu verhindern, dass der Geist an diesen Ort zurückkehren konnte.
Nachdem er eine Weile angespannt gelauscht hatte, kam er zu dem Schluss, dass die Stimme endgültig verstummt war. Connor Ramsays Geist war verschwunden. Ciaran überlegte, ob er in den Ascheresten nach dem Zahn suchen sollte, um ihn unter seinem Absatz zu zermalmen, aber er brachte es nicht über sich, das grässliche Ding wieder zu berühren. Die Kälte schien ihm bis ins Mark zu dringen. Er zitterte am ganzen Leib, als er sich hastig ankleidete. Ein letztes Mal schob er mit dem Fuß einen Klumpen Erdreich auf das erloschene Feuer, dann verließ er fluchtartig die Lichtung.
Seine Kammer war dunkel, als er zurückkehrte, aber im selben Moment, da er die Tür öffnete, flammte eine Kerze hell auf. Ciaran schrak zusammen und sprang mit einem Satz zur Seite, dann lehnte er nach Atem ringend an der Wand und bemühte sich, nicht vollends die Fassung zu verlieren.
Als er Sinanns Stimme hörte, kniff er die Augen zusammen, und sein wild hämmerndes Herz kam allmählich zur Ruhe. »Wo zum Teufel warst du?«, fragte die Fee. »Du bist ja vollkommen durcheinander!« Er warf ihr einen finsteren Blick zu, woraufhin sie sich besorgt erkundigte: »Och, mein Freund, was ist denn geschehen? «
»Halt den Mund, Fee.« Das Zittern wollte nicht nachlassen. Zu sehr fürchtete er, das, was er gehört hatte, könne wahr sein. Hatte
Robin gelogen, um das Andenken Dylan Dubhs nicht besudelt zu sehen? Hatte ein Fremder namens Connor Ramsay ihn, Ciaran gezeugt? »Ciaran...«
»Halt den Mund, habe ich gesagt.« Er hatte sich heute schon zu viel unliebsame Dinge anhören müssen und verspürte wenig Lust, sich auch noch auf eine Diskussion mit Sinann einzulassen. Mit zitternden Fingern löste er seinen Gürtel und ließ seinen Kilt zu Boden gleiten, dann warf er sich rücklings auf das Bett und starrte zur Decke empor, bis die Kerze erlosch. Irgendwann kurz vor dem Morgengrauen schlief er endlich ein.
Am nächsten Abend verließ ein kleiner Trupp Mathesons Glen Ciorram. Lautlos huschten die schwerbewaffneten Männer einzeln aus dem Tal. Sie hatten Anweisung, sich in einer viele Meilen entfernt gelegenen steilen Schlucht zu versammeln. Ciaran verließ die Burg als Letzter. Das Schwert des Königs steckte in seinem Wehrgehenk, Brigid in der Scheide unter seiner Gamasche, dazu hatte er sich einen hölzernen Schild über den Rücken geworfen. Ferner trug er einen Wasserschlauch und eine Pistole nebst Pulverhorn und Zündhütchen bei sich. In seinem sporran befanden sich Kugeln, ein Säckchen Hafermehl, die Brosche, die ihn unsichtbar machte, ein Geldbeutel mit ein paar Münzen darin und sein Rosenkranz. Um den Hals trug er die Kette mit dem Kruzifix seines Vaters und dem Ehering seiner Mutter. Gefolgt von Sinann eilte er durch das Torhaus auf die Zugbrücke zu, wo ihn die Bäume vor neugierigen Blicken schützten, falls er von den Bergen aus beobachtet werden sollte.
Sogar jetzt noch beschwor ihn die Fee, sein Vorhaben aufzugeben. »Bleib hier, mein Freund. Ich sage dir doch, es war der sehnlichste Wunsch deines Vaters, dass du daheim bleibst, wo du hingehörst« Sie flatterte rückwärts vor ihm her, wahrend er auf die Zugbrücke zuging.
»Ich muss gehen.« Mit gesenktem Kopf lief er weiter.
»Das darfst du nicht!« Sie schwirrte gerade außerhalb seiner Reichweite wie eine lästige Fliege um ihn herum.
Er blieb stehen und blickte zu ihr auf. »Ich hasse die Engländer wie die Pest, und lieber würde ich mir die Augen ausstechen als noch länger tatenlos mit anzusehen, wie sie uns schikanieren. Behaupte nicht, Pa hätte sie nicht ebenso gehasst wie ich.«
»Dein Vater wollte, dass du Frieden mit den Engländern
schließt.«
»Der Rest des Clans ist anderer Meinung, und sie würden nie zulassen, dass es zum Frieden kommt. Außerdem stimme ich mit ihnen überein, Fee. Frieden mit den Engländern kann es nie geben.«
»Willst du es nicht um des Mädchens willen wenigstens versuchen?«
Ciaran senkte den Kopf, schluckte, als er an Leah dachte, und stieß ein abfälliges Schnauben aus. Leah war eine Schwäche, die er sich nicht länger leisten konnte. Dann blickte er wieder hoch und machte Anstalten, etwas zu erwidern, aber Sinann achtete gar nicht mehr auf ihn, sondern starrte mit angstvoll geweiteten Augen auf etwas hinter ihm. Ciaran seufzte und wollte sich umdrehen.
Aber die Fee legte beide Hände
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