Lee, Julianne
König Georg aus Schottland vertreiben, wenn nicht diese Männer?
10. KAPITEL
Er nestelte an den Jettknöpfen seines Wamses herum, dann strich er den Stoff sorgfältig über seinem flachen Bauch glatt.
Ciaran wurde der Rang eines Majors zuerkannt, obgleich seine Truppe so klein war, denn jede Gruppe Highlander wurde von einem Mann dieses Ranges angeführt, und ein niedrigerer Dienstgrad wäre eine Beleidigung für ihn und seine Männer gewesen. Es war auch nicht möglich, die kleineren Einheiten den größeren zu unterstellen, denn die Clansleute weigerten sich strikt, unter dem Befehl eines fremden Lairds zu kämpfen. Ciaran wagte gar nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn die Mathesons gezwungen wären, sich den gleichfalls anwesenden MacDonells anzuschließen. Als Laird von Ciorram musste er rangmäßig den anderen Lairds ebenbürtig sein, alles andere würden seine Leute als Affront empfinden und desertieren. Ein niedrigerer Rang wäre darüber hinaus auch für ihn selbst ein Grund, sie höchstpersönlich nach Glen Ciorram zurückzuführen.
Einerseits war Ciaran von seinem Ansehen und der guten Be-
zahlung sehr angetan. Andererseits sagte ihm sein praktischer Verstand, dass hier zu viele Männer Befehle erteilten und zu wenige da waren, die sie ausführen konnten, was unweigerlich zu Verwirrung und Fehlentscheidungen führen musste. So viel war sogar ihm klar, obwohl er abgesehen von einigen Raubzügen auf das
Vieh der MacDonells keinerlei kriegerische Erfahrung hatte.
Kurz nachdem das Banner entrollt worden war, setzte sich die jakobitische Armee in Marsch, um auf die Truppen König Georgs zu treffen. Der Prinz marschierte ganz an der Spitze der Kolonne. Die Mathesons bildeten die Nachhut, so bekam Ciaran den Prinzen und seine engsten Berater nur selten zu Gesicht. Aber er erfuhr den Namen des Mannes, der ihn am Tag der Landung so fasziniert angestarrt hatte - Lord George Murray, der jüngere Bruder des Marquis of Tullibardine. Beide zählten zu den bekanntesten noch lebenden Jakobitenführern. Während des langen Marsches fragte sich Ciaran oft, was Lord George wohl von ihm gewollt haben mochte, aber er fand keine Antwort darauf.
Manchmal erhaschte er einen Blick auf den seine Leute unermüdlich anfeuernden Prinzen. Seine Begeisterung und sein Selbstvertrauen wirkten ansteckend. Es war kaum möglich, sich der Energie dieses jungen Mannes und seiner felsenfesten Überzeugung, er und seine Armee würden am Ende siegreich bleiben, zu entziehen. Ciaran spürte diese fast magnetische Anziehungskraft, obwohl er so weit hinten, noch hinter den zahlenmäßig weit stärker vertretenen Camerons und MacDonalds marschierte. Die Stimmung unter den Männern war gelöst und beschwingt, Charles' Zuversicht übertrug sich auf alle.
Ciaran schöpfte weiter Mut, als auch Highlander in der Uniform des Königs begannen, zu den Jakobiten überzulaufen. Sie berichteten, dass General Cope von Stirling Castle her auf die Täler der Highlands zumarschierte, um die Jakobiten endgültig zu unterwerfen. Doch als er in Crieff angekommen war, hatte er bei den Atholl- und Glenorchy-Clans keine Unterstützung gefunden; im Gegenteil, es schien wahrscheinlich, dass sich diese Clans
gleichfalls auf die Seite der Jakobiten schlagen würden. So sah sich die hannoveranische Armee auf einmal in der unglücklichen Situation, über zu viele Waffen und zu wenige Männer, die sie gebrauchen konnten, zu verfügen.
Die Jakobiten marschierten weiter, wobei sie unbekümmert die Straßen benutzten, die die Krone in den vergangenen Jahren zum Wohle ihrer eigenen Armee hatte bauen lassen. Noch immer waren sie bester Stimmung. Die Truppen setzten sich größtenteils aus jungen, wenig kampferprobten Männern zusammen, die darauf brannten, endlich auf die Soldaten des Königs zu stoßen und ihren Mut unter Beweis stellen zu können.
Oben auf dem schmalen, steilen Pass von Corrieyairack ließ der Prinz Halt machen. Kundschafter berichteten, Cope würde sich ihnen aus südlicher Richtung nähern und müsse einen stark ansteigenden Weg über den Pass nehmen, wenn er das nördlich von ihnen gelegene Fort Augustus erreichen wollte. Die Jakobiten befanden sich in diesem Gelände eindeutig im Vorteil, sie konnten von jeder Serpentine aus Musketen abfeuern oder Steine auf den tiefer gelegenen Pfad schleudern. Es gab siebzehn Stellen, wo die Rotröcke direkt in die Schusslinie der Jakobiten geraten mussten, und jede lag näher an der Feindeslinie
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