Lee, Julianne
als die vorige.
Ciaran und seine Männer waren ebenso wie die restlichen fünfzehnhundert Jakobiten an diesem Tag guten Mutes und warteten ungeduldig auf die Ankunft des Feindes. Sie wussten, dass Cope nicht nach Fort Augustus gelangen konnte, ohne diesen Pass zu benutzen, und wenn er es tat, würde englisches Blut in Strömen fließen.
Aber der Tag verstrich, und allmählich stellte sich heraus, dass General Cope die Falle gewittert hatte und sie umging. Als die Kundschafter meldeten, dass Copes Männer sich in östlicher Richtung nach Inverness zurückzogen, nahm Prinz
Charles´ Armee unverzüglich die Verfolgung auf. Doch als es ihnen auch nach zwei Tagen nicht gelungen war, die Rotröcke einzuholen und zu stellen, ließ der verärgerte und frustrierte Prinz die Jagd
abbrechen und wandte sich anschließend mit seiner Armee in
Richtung Süden.
In Atholl trafen sie auf wenig Widerstand seitens der Clansleute ja, die Murrays schlossen sich ihnen sogar an, als sie erfuhren, dass sich ihr früherer Laird, der Marquis of Tullibardine, in Charles' Gefolge befand. Als die Armee in die Stadt Blair einmarschierte, kamen die Leute aus ihren Häusern gelaufen, um sie mit lautem Jubelgeschrei zu begrüßen. Frauen winkten ihnen mit ihren Kopftüchern zu, und kleine Jungen vollführten wilde Freudensprünge. Der Herzog von Hannover, ein Bruder von William und George, war bereits geflohen, so konnte Blair Castle ohne Schwierigkeiten eingenommen werden. Die Reihen der Jakobiten wurden nun noch durch die Murrays verstärkt, die sich dem Mann, der nach englischem Gesetz und nicht nach dem ihren ihr Laird gewesen war, nicht länger verpflichtet fühlten.
Ciaran sah der Prozession nach, die William und seinem Bruder Lord George zur Burg folgte. Was wäre wohl in Ciorram geschehen, wenn er sich den Wünschen seines eigenen Clans entgegengestellt hätte und nicht mit in den Kampf gezogen wäre? Sein Vater sowie die Schriften Nicolo Machiavellis hatten ihn gelehrt, dass ein Führer nur so lange herrschte, wie seine Leute mit ihm einverstanden waren. Dylan Dubh wäre vielleicht im Stande gewesen, die Clansleute von der Teilnahme am Kampf abzubringen, er, Ciaran, hatte von vorneherein keine Chance gehabt. Mit Calum im Nacken wäre ihm sein Vorhaben nie gelungen.
Die Begeisterung der jakobitischen Soldaten wuchs zusammen mit ihrer Truppenstärke. Nachdem sie sich eine Weile ausgeruht hatten und mit reichlichen heißen Mahlzeiten versorgt worden waren, setzte Ciaran mit seinen Männern unter dem Kommando des Prinzen den Marsch Richtung Süden fort.
Am fünften September fand in Perth am Marktkreuz in der Stadtmitte eine Zeremonie statt, in der Charles in seiner Eigenschaft als Prinzregent noch ein Mal James zum rechtmäßigen König ausrief. Nach kurzer Beratung mit den Clansführern wurden
Lord George Murray und der Herzog von Perth zu Generälen ernannt. Ciaran begriff, dass sich allmählich eine gewisse Kommandostruktur herauszukristallisieren begann, worüber er sehr zufrieden war. Alles ließ sich besser an als erwartet. Die Männer wurden in der Stadt freundlich aufgenommen und waren froh, in warmen Betten schlafen zu können und reichlich mit Vorräten versehen zu werden.
Schon bald wurde der Marsch fortgesetzt. Ciarans Stimmung hob sich, als er bemerkte, dass das Ziel Edinburgh hieß.
Sinann musste sein stilles Lächeln bemerkt haben, denn sie fragte: »Glaubst du wirklich, du findest sie dort?«
Ciaran warf der Fee einen verstohlenen Blick zu. Die Soldaten, ein Haufen undisziplinierter Bauern, keine professionelle Armee, marschierten nie in einer festen Formation, also konnte er sich unbemerkt ein Stück zurückfallen lassen, damit niemand sein Gespräch mit Sinann mitbekam. »Ich werde es zumindest versuchen«, brummte er.
»Und wenn du sie findest, was dann?«
Ciaran seufzte und blickte der Fee forschend ins Gesicht. Sie sah nicht so aus, als sei sie heute in Spötterlaune, also erwiderte er: »Ich will versuchen, herauszubekommen, wie sie wirklich zu mir steht.«
»Darf ich dich darauf hinweisen, dass sie eine Frau ist, mein Freund? Und noch dazu eine Engländerin. Du bildest dir vielleicht ein, du könntest herausbekommen, was in ihr vorgeht, aber ich an deiner Stelle würde mich nicht allzu fest darauf verlassen.«
Ciaran lächelte humorlos. »Danke für den Hinweis, Fee. Dann werde ich sie also nur fragen, ob ihr wirklich etwas an mir liegt oder ob sie in dieser Nacht nur mit mir gespielt hat.«
»Denkst du,
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