Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
Ausbildung als Pilotin fort. Ich weiß mit einer Pelletpistole umzugehen. Mit einer Standardwaffe erreiche ich auf eine Entfernung von zweihundert Schritt eine Trefferquote von neunzig Prozent. Ich spreche Trade, Terranisch, Crenish und Sintian. Liaden verstehe ich recht gut, aber mit dem Sprechen hapert es. Wenn es sein muss, helfe ich auch bei der Astrogation aus.«
Er nickte. »Ihre letzte Beschäftigung?«
»Ich war Frachtmeisterin auf der Daxflan, registriert in Chonselta City.«
»Und wie lange bekleideten Sie diesen Posten?«
»Vier Monate«, entgegnete sie mit gespielter Unbekümmertheit. »Ich heuerte auf Tulon an.«
»Tatsächlich?« Er hob sein Glas an die Lippen. »Und was hat Sie dazu bewogen, sich um eine Stelle auf der Passage zu bemühen?«
»Mir blieb keine andere Wahl.«
Die schrägen Brauen zogen sich zusammen. »Hat Mr. Saunderson immer noch nicht aufgehört, Leute zum Dienst zu zwingen? Ich hatte ihn eindringlich ersucht, mit dieser dubiosen Praxis aufzuhören, Ms. Mendoza, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
Zum dritten Mal in einer Stunde hätte Priscilla am liebsten schallend gelacht. Sie ertränkte diese Anwandlung in einem großzügigen Schluck Wein. »Entschuldigung, so war das nicht gemeint. Ich wurde meines Postens auf der Daxflan … enthoben. Zur Zeit ist Ihr Schiff das einzige, das Jankalim umkreist, und deshalb bewerbe ich mich hier um Arbeit.«
»Ach so.« Er nippte an seinem Wein. »Ihre … Entlassung scheint ja sehr plötzlich gekommen zu sein.«
»Ja, so war es.«
Er nickte abermals, rückte sich in seinem Sessel zurecht und legte die Arme auf die Tischplatte. »Ms. Mendoza, ich habe hier eine Kopie Ihres beruflichen Werdegangs …« Er drehte den Bildschirm zu ihr herum.
Priscilla zog die Stirn kraus und überflog die aufgelisteten Informationen. » Ladybird … As You Like It … Tyrunner … Selda … Dante … Daxflan.«
»Dieser verfluchte, verlogene Sohn einer …« Sie schnappte nach Luft und verstummte, als sie begriff, was die letzten Eintragungen bedeuteten. Ihren totalen Ruin! Sie blickte Shan yos’Galen in die Augen. »Diese Informationen sind frei erfunden. Es handelt sich um niederträchtige Unterstellungen … mit dem Zweck, mir zu schaden.«
»Darf ich das als offizielle Feststellung werten?« Er drehte den Monitor wieder in seine Richtung. »Sieht ziemlich schlimm aus, wie? Man verdächtigt Sie des Diebstahls, und im Standardjahr 1385 haben Sie während eines Zwischenstopps auf Jankalim das Schiff einfach verlassen. Vermutlich, um sich einer Bestrafung zu entziehen.« Er lehnte sich zurück und schlürfte seinen Wein, ohne Priscilla auch nur einen Moment lang aus den Augen zu lassen. »Ich kenne keinen seriösen Captain, der jemanden mit einem Zeugnis wie diesem einstellen würde – selbst wenn der Arbeitsuchende ansonsten über hervorragende berufliche Qualifikationen verfügt. Wo haben Sie eigentlich Ihre Ohrringe gelassen?«
»Der Zweite Maat hat mir einen Schlag auf den Kopf verpasst«, erwiderte sie leise, während sie versuchte, ihren Schock zu überwinden. »Als ich wieder zu mir kam, waren sie fort.«
»Eine höchst eigenartige Tat für einen Zweiten Maat«, kommentierte er. »Aber vielleicht gab es da gewisse Umstände, die dieses Handeln begünstigten. Konnten sie einander nicht leiden?«
»Auf der Daxflan war der Zweite Maat eine Frau. Ich verabscheute sie. Dafür hatte sie mich ein bisschen zu sehr in ihr Herz geschlossen.« Sie gewann den Eindruck, dass der Captain mit ihr spielte; er wollte sie zum Reden bewegen, obwohl es nichts mehr zu besprechen gab. Priscilla festigte ihren Griff um das Weinglas und kämpfte darum, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Und ihre Angst. Sie befand sich auf seinem Schiff, in seiner Gewalt … Wer würde eine mutmaßliche Diebin vermissen, die von ihrem letzten Schiff desertiert war? Wer würde jemandem wie ihr glauben, wenn sie ungeheuerliche Anschuldigungen gegen einen Meisterhändler vorbrächte? Noch während er sich mit Mr. Saunderson unterhalten hatte, musste er ihre Akte aufgerufen und den verdammten Eintrag gelesen haben.
Der Captain vollführte eine jähe Bewegung und riss sie aus ihren Grübeleien. »Und obwohl diese Frau Sie so gern mochte, schlug sie Sie nieder und stahl Ihre Ohrringe«, resümierte er. Dann trank er wieder einen Schluck Wein. »Verzeihen Sie mir, Ms. Mendoza, aber das klingt ja noch absurder.«
»Der Händler hat es ihr befohlen«, versetzte Priscilla,
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