Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
er. »Man könnte dagegenhalten, Sie hätten gemerkt, dass man Ihnen auf die Schliche kam, und seien in Panik geraten. Vielleicht hatte sich Ihnen auf Jankalim die letzte Gelegenheit zu einer Flucht geboten -ehe man sie in Eisen legte. Fußfesseln sind ja so hinderlich, wenn jemand zu entkommen trachtet. Es gäbe jede Menge Erklärungen für ein überstürztes, schlecht durchdachtes Handeln …« Er legte den Kopf schräg. »Aber warum sollte Sav Rid dem Zweiten Maat befohlen haben, Sie niederzuschlagen, Ms. Mendoza? Nehmen Sie es mir nicht übel, aber mit der Vorstellung, er habe sich Ihre Ohrringe aneignen wollen, vermag ich mich nicht anzufreunden.«
»Ich kann es nicht beweisen«, sagte sie nach einer Weile, »aber ich denke, dass auf der Daxflan Schmuggelware befördert wird.«
»Tatsächlich? Was veranlasste Sie zu diesem Vorwurf? Haben Sie etwa Sav Rid Ihren Verdacht mitgeteilt, der darauf – verständlicherweise – verschnupft reagierte? Und um Sie mundtot zu machen, ließ er Sie von seinem Zweiten Maat in die Lagerhalle schleppen und niederschlagen …«
»Für wie dumm halten Sie mich?«, murmelte Priscilla und wunderte sich, dass der Captain verhalten schmunzelte. »An Bord befanden sich versiegelte Frachtcontainer«, fuhr sie fort. »Ich hatte Einsicht in die Frachtbriefe, in denen stand, was sie angeblich enthielten. Aber irgendetwas stimmte nicht. Ich wusste nicht genau, was mich so stutzig machte. Deshalb checkte ich gewisse Gleichungen bezüglich der Schiffsführung. Anfangs wollte ich mich nur selbst davon überzeugen, dass ich Gespenster sah.«
»Aber Sie fanden heraus, dass Sie Sie sich durchaus nicht geirrt hatten?«
»Ich fand heraus, dass die Gleichungen so abstrus waren, dass der Captain der Daxflan unverantwortlich handelte. Oder dass sie ganz genau wusste, was sie da tat.« Sie holte tief Luft. »Als Nächstes prüfte ich die physikalische Dichte der Fracht.«
»Wirklich?« Gespannt beugte er sich nach vorn. »Nun, warum auch nicht – immerhin haben Sie bereits an einem Trainingsprogramm für Piloten teilgenommen. Verzeihung, ich habe Sie unterbrochen. Wir waren dabei stehen geblieben, Ms. Mendoza, dass Sie die physikalische Dichte der beförderten Fracht kontrollierten und die Resultate mit den Berechnungen des Captains verglichen. Und was dann?«
»Der Captain ging nicht etwa leichtsinnig vor, sondern sie wusste genau über alles Bescheid. Alles war genau kalkuliert. Die physikalische Dichte, die ich ermittelte, entsprach nicht den Substanzen, die wir angeblich transportierten. Die Daxflan befördert hauptsächlich pharmazeutische Produkte. Ich ging die Listen durch, verglich die Angaben …« Sie schüttelte den Kopf. »Ich vermute, an Bord befindet sich Bellaquesa. Im Ladungsverzeichnis ist die Substanz als Aserzerin aufgeführt. Aber nichts deutet darauf hin, dass es auch tatsächlich Aserzerin ist; dagegen spricht alles dafür, dass die Container Bellaquesa enthalten – oder Zucker. Nur stellt sich einem die Frage, wieso man ganz gewöhnlichen Zucker als Aserzerin deklarieren sollte …«
Sie zuckte die Achseln. »Das alles erschien mir überaus interessant … und verdächtig. Aber ich habe keine Beweise, ich habe das Zeug nie gesehen. Und ich würde mein letztes Bit darauf wetten, dass die Daten, die ich recherchierte, nicht mehr in meiner persönlichen Akte zu finden sind.«
Der Captain nickte, lehnte sich wieder zurück und starrte mit leerem Blick zur Decke empor. Priscilla trank ihren Wein aus und stellte das leere Glas vorsichtig auf dem Tisch ab. Nervös fragte sie sich, wie es nun weitergehen würde, doch sie zwang sich dazu, in entspannter Haltung dazusitzen, die Hände locker auf die Knie gelegt.
Plötzlich wandte sich der Captain wieder ihr zu. »In vierzehn Stunden verlassen wir Jankalim«, erklärte er in gedehntem Tonfall. »Ehe wir beide über Einzelheiten Ihres Einstellungsvertrags diskutieren können, müssen Sie einige Tests absolvieren. Diese Tests sind ziemlich zeitaufwändig, und leider ist heute Abend meine Anwesenheit auf dem Planeten erforderlich. Wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen, können Sie mit den Tests gleich nach dem Lunch beginnen. An Bord dieses Schiffes steht Ihnen eine Gästekabine zur Verfügung, und nach neunzehn Uhr sprechen wir uns wieder. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Er nickte und schien noch etwas sagen zu wollen; doch in diesem Moment ging die Tür auf, und herein kam Gordy mit sauberem Gesicht und einem Servierwagen,
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