Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
kann ich es ja nicht fassen.« Rusty stützte sich schwer auf der Tischtennisplatte ab und schüttelte den Kopf, sodass seine schweißnassen Haarsträhnen wippten. »Ich bin dir nicht gewachsen, Priscilla! Noch nie im Leben habe ich gegen einen Gegner gespielt, der so flink agiert wie du. Die Hälfte der Bälle sehe ich nicht mal kommen.«
»Das liegt daran, dass Sie das Reaktionsvermögen einer toten Kuh besitzen«, erklärte Shan.
Rusty drehte sich um und funkelte ihn wütend an. »Vielen Dank. Sie verstehen es, jemanden aufzurichten, Captain!«
»Keine Ursache … ich helfe gern, wenn ich kann.«
»Vielleicht liegt es daran«, meinte Priscilla, »dass du versuchst, mit den Augen dem Ball zu folgen. Ich mache das so gut wie nie.«
»Woher weißt du dann, wo der Ball ist?« Rusty wischte sich mit einem Hemdärmel über die Stirn und seufzte tief. »Verflixt, 'cilla, ich bin ein ausgezeichneter Pingpong-Spieler. Ich trainiere seit Jahren!«
»Aber Sie hatten noch nie einen Piloten als Gegner«, warf der Captain ein, an seinem Glas nippend.
»Was hat das denn damit zu tun?«
»Eine ganze Menge, Rusty. Ihre Reaktionen laufen langsam ab; Sie bewegen sich ruckhaft, nicht fließend. Sie sind nicht in der Lage, intuitiv einzuschätzen, wo sich ein Objekt zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden wird.« Er hob sein Glas. »Machen Sie sich nichts daraus, mein Freund. Wir alle haben unsere speziellen Fähigkeiten. Ich zum Beispiel wäre wohl kaum imstande, Ihre Arbeit im Tower zu verrichten oder die Bedienung der …«
»Blödsinn!«, grummelte Rusty und versetzte seinen Schläger auf dem Tisch in eine kreisende Bewegung.
»Wie bitte? Könnten Sie das vielleicht wiederholen, Rusty?«
»Schon gut.« Jählings wirbelte der Mann herum und warf Shan den Schläger zu, der ihn lässig mit der linken Hand auffing. »Und jetzt spielen Sie mit ihr.«
Der Captain blinzelte. »Warum sollte ich das tun?«
»Sie sind ein Pilot. Priscilla ist eine Pilotin. Vielleicht lerne ich was beim Zusehen.« Grinsend schlenderte Rusty vom Platz und lümmelte sich in einen am Rand des Spielfelds stehenden Stuhl. »Außerdem brauche ich eine Pause. Sie wollen es doch wohl nicht riskieren, dass ich vor Überanstrengung tot umfalle, oder?«
»Meine Güte, das wäre ja eine Tragödie. So jung, so hübsch, so reich – er hatte alles, wofür es sich zu leben lohnt … Ms. Mendoza? Hätten Sie Lust, eine Partie mit mir zu spielen? Bitte zu beachten, dass Sie allein aufgrund Ihrer Jugend einem Tattergreis wie mir überlegen sind.«
Priscilla unterdrückte ein Lachen. Lina furchte die Stirn.
»Selbstverständlich, Captain. Ich spiele gern mit Ihnen. Werden Sie mir ein Handicap anbieten?«
»Sie sollten mir eines gewähren«, entgegnete er, stellte sein Glas ab und trat an den Tisch. »Vergessen Sie nicht meine zarte Konstitution – und dass ich sehr leicht blaue Flecken kriege. Sie fangen an?«
Sie nickte, und fast im selben Augenblick sauste der Ball über das Netz … um sofort lässig zurückgeschlagen zu werden. Er landete haarscharf auf der Kante der Tischtennisplatte. Gewandt fing Priscilla ihn ab und schickte ihn wieder über das Netz, wo der Schlag mit unglaublicher Geschwindigkeit pariert wurde. Doch Priscilla stand dem Captain in nichts nach. Selbst mit der Kante des Schlägers traf sie noch die in ihr Feld prallenden Bälle.
»Siebenundzwanzig zu fünfundzwanzig«, verkündete Priscilla vierzig Minuten später. Sie grinste ihren Gegenspieler breit an. »Gut gemacht, Captain.«
»Ich musste mir jeden einzelnen Punkt hart erkämpfen«, erwiderte er, legte den Schläger ab und griff nach seinem Weinglas. »Bitte beachten Sie, Rusty, dass ich nur knapp gewonnen habe. Vielleicht ist Ihnen das ein Trost.«
»Wohl kaum. Ich spiele mit dem Gedanken, in ein Heim für Körperbehinderte umzuziehen.« Der Funktechniker schüttelte den Kopf. »Sie beide sind unwahrscheinlich schnell. Wenn ich nicht gehört hätte, dass die Bälle getroffen wurden, hätte ich geglaubt, Sie würden eine Pantomime aufführen und nur so tun, als spielten Sie Pingpong -mit Schlägern, aber mit einem unsichtbaren Ball.«
Priscilla schlenderte zu dem Sessel, auf dem Lina saß, und hockte sich auf eine gepolsterte Armstütze. Die Liadenfrau blickte lächelnd zu ihr hoch. »Sie haben sich wacker geschlagen, meine Freundin.«
Freundin. Lina benutzte diesen Ausdruck oft, wenn sie mit jemandem sprach, doch jedes Mal, wenn Priscilla in dieser Weise angeredet wurde,
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