Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
leuchtete auf, und die lebhaften Augen funkelten. »Ich werde sie anrufen und sie um Vergebung bitten.« Der Techniker kicherte nervös und tätschelte leicht Priscillas Schulter. Dann huschte er davon und machte sich an der lärmenden Konsole zu schaffen. Als Priscilla hinschaute, schickte er sich gerade an, die Abdeckhaube zu entfernen, vermutlich um der Ursache des Radaus auf den Grund zu gehen.
Priscilla schüttelte den Kopf und widmete sich ihren Pflichten.
Kaum war Gordy mit dem dritten Stapel Botschaften davongesaust, da hörte Priscilla, wie die Tür zum Tower aufging. Sie drehte sich nicht einmal um, denn ihre Aufmerksamkeit galt einer besonders kniffligen Übersetzung.
Konnte es wirklich heißen: »… erfordert Ihre höchst religiöse Gebrauchsanweisung«? Die Nachricht war an den Meisterhändler der Dutiful Passage gerichtet. Lieber wollte sie noch ein wenig Zeit in das Dekodieren der Mitteilung verwenden, als sich zu blamieren.
»Was haben Sie hier zu suchen?«, ertönte eine barsche Stimme; die Worte wurden in Terranisch gesprochen, aber mit breitem Akzent.
Priscilla hob den Kopf, und ihre Laune sank auf den Nullpunkt. Vor der Konsole stand Kayzin Ne’Zame, die eindeutig auf eine Konfrontation aus war.
»Ich wurde hierher beordert«, erwiderte sie.
»Sie sind nicht befugt, sich mit derart sensiblen Daten, wie sie im Tower eingehen, zu befassen. Wer den ein- und ausgehenden Funkverkehr betreut, muss zuerst eine Unbedenklichkeitsprüfung bestehen. Ich kann mich nicht entsinnen, dass Sie irgendwelche persönlichen Checks durchlaufen haben!«, schnauzte der Erste Maat. »Wer gab Ihnen den Auftrag, sich im Tower zu betätigen?«
»Zu Beginn einer jeden Schicht erscheint auf meinem Kabinenmonitor eine Liste mit meinen Pflichten. Darin steht, wo ich mich zu welchem Dienst einzufinden habe«, erläuterte Priscilla mit ruhiger Stimme. »In dieser Schicht sollte ich mich um zwölf Uhr bei Tonee sig’Ella einfinden. Sollte ich etwas falsch verstanden haben, dann tut es mir leid. Ich bitte vielmals um Entschuldigung.«
»Wer ist Ihr Supervisor?«, fragte Kayzin bissig.
»Lina Faaldom.«
»Lina Faaldom. Glauben Sie, dass eine Bibliothekarin autorisiert ist, Sie zum Dekodieren von Nachrichten in den Tower zu setzen?« Die Stimme troff vor Sarkasmus.
»Offenbar war sie autorisiert, mich auf das Wartungsdeck, in die Frachträume, in die Küche und in die hydroponischen Gärten zu schicken«, versetzte Priscilla, gleichfalls einen scharfen Ton anschlagend. »Warum sollte ich annehmen, dass sie dieses Mal über ihre Befugnisse hinausgegangen ist? Und noch einmal: Wenn ich einen Fehler gemacht habe, tut es mir leid.«
Ein seltsamer Ausdruck huschte über das Gesicht des Ersten Maats. Kayzin drehte sich um, blickte suchend in die Runde und entdeckte die schmächtige Gestalt, die hinten im Raum vor einer halb auseinander genommenen Konsole kauerte. »Funker!«
Tonee sprang in die Höhe und kam seufzend herbeigeflitzt. »Erster Maat?«
»Wie kam es, dass diese Frau zum Dienst im Tower eingeteilt wurde?«
Tonee blinzelte nervös. »So lautete der Befehl, Erster Maat. Ich hatte sie erwartet. Der Captain sagte, sie würde sich um zwölf Uhr bei mir zum Dienstantritt melden.«
»Der Captain …«
»Erster Maat, sie ist hier unentbehrlich!«, legte der Funker los, als schwante ihm, wohin diese Fragen führen könnten. »Sie war mir eine große Hilfe. Die Bordkommunikation wird bald wieder funktionieren. Ehe wir den Orbit verlassen, läuft alles wieder wie am Schnürchen, das versichere ich Ihnen. Aber Sie dürfen mir Ms. Mendoza keinesfalls wegnehmen. Der Strom an ein- und ausgehenden Botschaften ist gewaltig. Sie müssen doch einsehen, dass der Platz des Funkers nicht unbesetzt bleiben darf!«
Kayzin wusste, dass Tonee Recht hatte, das ließ sich an ihrer Miene deutlich ablesen. Sie blickte vom Funker zu Priscilla, die stocksteif an ihrer Konsole saß, dann neigte sie knapp den Kopf. »Es ging mir darum, die Vertraulichkeit der Nachrichten zu gewährleisten, Funker. Aber da sich der Captain persönlich an Sie gewandt hat, ist dieses Thema damit für mich erledigt. Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen.« Danach machte sie auf dem Absatz kehrt und stakste aus dem Tower.
Priscilla und Tonee tauschten Blicke aus, ehe der kleine Techniker in einer Geste völliger Verblüffung beide Arme weit ausbreitete.
»Sie machen Ihre Sache sehr gut, Ms. Mendoza. Wenn wir den Orbit verlassen, ist die ganze Arbeit erledigt,
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