Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 1 - Eine Frage der Ehre V2
»Danke, Gordy. Es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass du mir das Leben gerettet hast.«
Über die Schulter seines Cousins hinweg blinzelte Gordy sie an. »Wirklich?« Sie nickte, wobei sie jede Bewegung wie in Trance vollführte. »Dagmar hätte mich umgebracht, da bin ich mir ganz sicher. Ich kriegte schon keine Luft mehr. Du kamst buchstäblich im letzten Moment.«
Vage dachte sie daran, dass sie noch deutlichere Worte finden sollte, um Gordys beherztes Eingreifen zu loben, doch dann merkte sie, dass dies gar nicht mehr nötig war; auch der letzte Anflug von Zweifel war aus seinem Gesicht gewichen. Glückselig grinste er von einem Ohr zum anderen. »Jetzt bin ich wohl ein Held«, verkündete er und reckte stolz die schmächtige Brust vor.
»Ja, das bist du«, bekräftigte der Captain schmunzelnd. Er erhob sich aus seiner knienden Haltung und streckte Gordy die Hand entgegen. »Und die Zeit, zu der du an Bord zurück sein solltest, ist längst überschritten. Komm mit, wir müssen uns sputen.«
Eine Weile marschierten sie schweigend weiter. Die Wirkung des Beruhigungsmittels, das man den Gefangenen verabreicht hatte, war noch nicht abgeklungen, und immer wieder stolperte Priscilla über ihre eigenen Füße. Es kostete sie immens viel Kraft, sich zusammenzureißen. Plötzlich fiel ihr etwas ein, und über Gordys Kopf hinweg fragte sie den Captain: »Entschuldigen Sie, wenn ich indiskret werde, aber was hatte die Bemerkung über Ihre Schwester zu bedeuten? Hat Händler Olanek tatsächlich um deren Hand angehalten?«
»Genauso war es«, gab der Captain unbekümmert zurück. »Es entsprach wohl seiner bizarren Vorstellung von Humor, die älteste meiner Schwestern zu bitten, seine Gemahlin zu werden.«
»Was!«, schrie Gordy empört. »Dieser … Kerl … wollte Cousine Nova heiraten?«
»In der Tat. Anscheinend hatte er ein Auge auf deine Cousine Nova geworfen. Warum regst du dich so auf? Findest du, Anthora würde besser zu ihm passen? Ich gebe zu, der Gedanke hat etwas für sich. Er hat helle Haut und helles Haar, sie hingegen ist ein ganz dunkler Typ … Aber offenbar hat er eher ein Faible für blonde Frauen mit blassem Teint. Man kann es ihm nicht einmal verübeln, Gordy; über Geschmack lässt sich nun mal nicht streiten.«
»Und was hast du unternommen, um diese Heirat zu verhindern?«, wollte Gordy ergrimmt wissen.
Der Captain blickte auf ihn hinab. »Was hätte ich denn tun können? Zu der Zeit war ich ja nicht einmal daheim. Außerdem ist Nova sehr wohl imstande, ihre eigenen Interessen zu vertreten. Sie sagte dem Burschen einfach, lieber würde sie einen Gehatianischen Schleimschaufler zum Mann nehmen als ihn, und dann setzte sie ihn vor die Tür.« Er seufzte. »Ich fürchte, er trug die Abfuhr nicht mit der gebührenden Fassung. Woher sollte Nova auch wissen, dass er sich vor diesen unappetitlichen Kreaturen entsetzlich ekelt? Hätte sie nur das Mindeste geahnt, wäre sie sicherlich so taktvoll gewesen, einen anderen Vergleich zu wählen. Nova ist so fantasievoll, dass ihr immer was einfällt. Sie hat auf alles eine Antwort. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr teile ich deine Ansicht, Gordy. Du hast Recht, wenn du meinst, dass Anthora eine viel geeignetere Gattin für ihn abgegeben hätte. Ein Jammer, dass er das nicht erkannt hat und auf jemand hereingefallen ist, der ganz passabel aussieht. Vielleicht sollten wir beide den Vorschlag machen …«
»Passabel!«, fauchte der Junge entrüstet. »Cousine Nova ist wunderschön!«
»Nun ja«, lenkte der Captain ein, »sie ist wirklich sehr ansehnlich. Aber du solltest nicht so viel Wert auf Äußerlichkeiten legen, Gordy. Nova ist nämlich nicht nur bildschön, sie ist auch sehr klug.«
Mittlerweile hatten sie die Startrampen erreicht und marschierten schweigend zu ihrem Shuttle. Der Mann, der an der Einstiegsluke herumlungerte, salutierte lässig. »’n Abend, Cap’n.«
»Guten Abend, Seth. Ich bringe Ihnen hier zwei Passagiere. Geben Sie gut auf sie Acht, bitte. Die beiden können sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten.«
»Haben wohl den Landurlaub zu ausgiebig genossen, was?«, kommentierte der schlaksige Pilot gutmütig. »Und Sie fliegen nicht mit?«
»Nein, ich muss mich noch um verschiedene Geschäfte kümmern, Seth. Die Pflicht ruft.«
»Er ist mit einer Frau verabredet. Sie muss ihm noch ihren Zimmerschlüssel geben«, half Gordy aus.
»Vorlauter Bengel!« Sein Cousin seufzte. »Vergiss nicht,
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