Lee, Sharon & Miller, Steve - Liaden 2 - Der Agent und die Söldnerin
gelangweilt die Straße beobachtete. »Heute Nacht scheint hier ja eine Menge los zu sein.«
Die Tür war verschlossen, ein Umstand, der sie an die Pointe eines besonders zotigen Witzes erinnerte. Durch das Kellergeschoss hallte das Näseln des wieder herunterfahrenden Service-Lifts.
Hastig inspizierte sie das Schloss: Aus der Tür ragte ein Metallzylinder. Kein raffiniertes Computer-Schloss war nötig, um die hier lagernden Putzmittel und Papierwaren zu sichern. Doch das Schloss war stabil und erfüllte seinen Zweck.
Das Winseln des Lifts wurde lauter. Miri straffte die Schultern, und dabei berührten ihre Ellenbogen das in dem Etui befindliche Stockmesser …
Ohne nachzudenken zückte sie das Messer und ließ die Klinge aufschnappen. Vorsichtig stocherte sie mit der Spitze zwischen dem Türrahmen und dem Verriegelungsbolzen herum.
Hinter ihr öffnete sich zischend der Lift.
Das Foyer war mit Rauch gefüllt; Alarmsirenen schrillten, und die Sprinkleranlage schaltete sich ein. Der Radau drang an die Ohren der Turtles, die drei Stockwerke höher immer noch im Kreis saßen; Edger vergaß das Protokoll, unterbrach seinen Bruder Selector, der dabei war, eine Frage zu stellen, stand von seinem Platz auf und bewegte sich ohne Hast zur Tür.
»Kommt mit, meine Brüder! Sagte ich nicht, dass er ein Genie ist? Lasst uns sehen, was er jetzt wieder inszeniert hat!« Gleich darauf betrat er den Korridor.
Handler, Selector und Sheather folgten ihm, obwohl Selector sich die Zeit nahm, Sheather diskret auf die Seite zu ziehen und die Überreaktion ihres Verwandten zu kommentieren.
»Man sollte meinen«, vertraute er Sheather an, »dass jemand, der bereits seinen zwölften Rückenpanzer trägt und darüber hinaus auch noch der T’carais eines so mächtigen Clans wie dem unseren ist, diese kindische Hektik abgelegt hat und sich wie ein Erwachsener benimmt.«
Sie stapften schon eine geraume Weile durch den Korridor, ehe Sheather seine Antwort formulierte.
»Vielleicht«, entgegnete er schüchtern, denn er vergaß nie, dass er als jemand, dem erst sieben Rückenpanzer gewachsen waren, in der Rangfolge des Geleges ganz unten stand, »ist unser ältester Bruder ja selbst ein Künstler.«
Sie hatten sich in Gruppen aufgefächert und pirschten die Reihen der aufeinandergestapelten Container mit Putzmaterialien entlang. Miri kaute auf ihrer Unterlippe und bemühte sich weiter, das Schloss mit der Klinge zu öffnen. Sie hatte es fast geschafft …
Mit einem Klicken, das für angespannt lauschende Ohren viel zu laut war, sprang der Bolzen zurück. Sekunden später huschte Miri durch die offene Tür, die sie von der anderen Seite wieder absperrte.
Sie holte tief Luft und rümpfte angewidert die Nase. Sie stand auf einer muffelnden Rampe, doch den Putzrobotern machte der Gestank vermutlich nichts aus. Auch sie durfte sich nicht beklagen, denn die Rampe führte nach oben, aller Wahrscheinlichkeit nach in das Geschoss, in dem die Grotte lag. Von dort aus gab es jede Menge Ausgänge. Sie machte sich auf den Weg. Sowie sie draußen war, musste sie eine Kom-Zelle finden und Edger kontaktieren; bestimmt hatte Val Con ihm aufgetragen, ihr auszurichten, was sie als Nächstes tun sollte.
Daraus ergab sich die interessante Frage, welche Pläne Val Con für sie ausgeheckt haben mochte.
Ein Schritt nach dem anderen, Robertson, ermahnte sie sich. Du befasst dich mit dem Problem, wenn es auftaucht, und keinen Moment früher.
Der üble Geruch verflüchtigte sich – oder ihre Nase hatte sich heldenmütig angepasst –, und von droben hörte sie Geräusche, die allmählich zu einem richtigen Lärm anschwollen. Vielleicht feierte jemand in der Grotte eine ausgelassene Party. Nun, je turbulenter es dort zuging, umso besser für sie; in dem ganzen Trubel konnte sie womöglich unbemerkt ins Freie gelangen.
Die Rampe beschrieb eine Kurve und endete jäh vor einer Tür. So leise wie möglich öffnete sie das Schloss und spähte durch den Spalt. Sie schaute in eine blitzblank geputzte Küche; in dem riesigen Raum befand sich keine lebende Seele. Rasch huschte sie über die Schwelle und zog die Tür leise hinter sich zu.
Nebenan war offenbar tatsächlich eine Fete im Gange. Aber da war noch etwas …
Sie erstarrte, als der Laut sich wiederholte. Keine Spur von einer Party! Was sie jetzt hörte, war das Jaulen von Pellets, oder ihre Urgroßtante Agnes war aus einem Ei geschlüpft!
Vorsichtig schlich sie über den tadellos sauberen Boden zu den
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