Leg dein Herz in meine Haende
Titelblatt der Rockford Falls Gazette erschienen. Überzeugt, dass es die heißesten Nachrichten seit langer Zeit waren, hatte der Reporter den Herausgeber dazu überredet, eine Abendausgabe der Zeitung drucken zu lassen. Es war das erste Mal in der Geschichte von Rockford Falls, dass zwei Ausgaben an einem Tag erschienen, und das löste unter den Bewohnern der kleinen Stadt ungeheure Aufregung aus.
10
Ryan hätte am liebsten jemanden umgebracht. Cole schlug vor, mit dem Sheriff zu beginnen und dann zu Morganstaff hinüberzugehen, ihn zu erschießen und seine verdammten Blumen ebenfalls. Die beiden wütenden, empörten Männer besprachen an jenem Abend auf dem Weg zu Melton’s Restaurant das Problem mit Sloan. Sie hatten die drei Frauen noch immer nicht gesprochen. Jessica Summers und Grace Winthrop waren einkaufen gewesen und wurden erst zum Abendessen wieder in ihrer Pension zurückerwartet. Rebecca James wohnte im Hotel, war aber zu krank, um Besucher zu empfangen. Die beiden Marshals hofften, dass es ihr morgen besser ging.
Sie hatten bereits mit achtzehn der Kunden gesprochen, die am Tag des Überfalls in der Bank gewesen waren, und bisher hatten die Ermittlungen sich als reine Zeitverschwendung erwiesen, denn sie hatten nichts erfahren. Niemand hatte irgendetwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört.
Obwohl es bereits dunkel wurde, war Coles und Ryans Tag noch lange nicht vorbei. Nach dem Abendessen würden beide zur Pension zurückkehren, um mit Jessica und Grace zu sprechen.
Die wenigen Leute, die auf der Straße unterwegs waren, machten einen großen Bogen um die Marshals, und kaum hatten sie sich im Restaurant an einen Tisch gesetzt, standen die meisten anderen Gäste auf und gingen.
»Stört dich das?«, fragte Ryan Cole und deutete mit dem
Kopf zur Tür, wo drei Männer in ihrer Hast, hinauszukommen, beinahe übereinander stolperten.
»Nein«, antwortete Cole. »Ich bin daran gewöhnt. Jedes Mal, wenn ich in eine neue Stadt komme, scheinen die Leute automatisch anzunehmen, ich wäre ein Revolverheld.«
»Du warst auch einer«, erinnerte ihn Ryan.
Cole hatte keine Lust, mit ihm zu diskutieren. Er lehnte sich zurück, damit die Wirtin die Teller mit dem Kaninchenragout und den Korb mit dem noch warmen Brot abstellen konnte.
»Wenn es Ihnen beiden nichts ausmacht, wäre ich froh, wenn Sie essen und dann gehen würden, um mir mein Geschäft nicht ganz zu ruinieren.«
Cole bemühte sich, seinen Ärger zu unterdrücken. Die Frau war alt, dünn wie ein Strohhalm und sah todmüde aus. Höflich bat er um einen Kaffee. Unfreundlich erkundigte sie sich, wie lange er bei dem Kaffee sitzen zu bleiben gedenke.
»Ma’am, weder Marshal Ryan noch ich haben die sieben Männer umgebracht, die heute begraben wurden, und wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie aufhören würden, uns so zu behandeln, als ob wir es getan hätten.«
»Warum haben Sie noch keinen der Mörder festgenommen? Das ist es, was sich die Leute fragen.«
»Wir geben uns die größte Mühe«, erwiderte Ryan müde.
»Ich weiß, dass Sie mit den Leuten geredet haben, die am Tag des Überfalls in der Bank waren.«
Cole nickte. »Das hat sich schnell herumgesprochen, was?«, bemerkte er zu Ryan, bevor er sich wieder der Frau zuwandte. »Keiner Ihrer Freunde und Nachbarn hat etwas gesehen. Sie haben die Banditen weder in die Stadt noch aus ihr hinausreiten gesehen. Und Schüsse haben sie auch keine gehört«, fügte er hinzu.
Die alte Frau bedachte die beiden Marshals mit einem mitleidigen Blick. »Oh, einige von ihnen haben die Schüsse ganz bestimmt gehört. Sie waren nur zu ängstlich, um etwas zu unternehmen. Sie beide sind wohl ziemlich müde, was? Mein Name ist Loreen«, fügte sie hinzu. »Und ich hole Ihnen jetzt Kaffee.«
Sie kam eine Minute später wieder, schenkte Cole und Ryan zwei Tassen ein und stellte die Kanne auf den Tisch.
»Ich glaube, einige Leute würden es Ihnen sagen, wenn sie etwas gesehen oder gehört hätten, aber die meisten täten es wahrscheinlich nicht. Wir alle wissen, was mit Leuten geschieht, die zu viel reden. Die Blackwater-Bande kommt zurück und bringt sie um. Jeder hier weiß das. In meinem ganzen langen Leben habe ich noch nie von Männern gehört, die so abgrundtief schlecht wie diese waren. Vor kurzem habe ich gelesen, dass sie bei einem Banküberfall in Texas eine Frau und ihre kleine Tochter erschossen haben. Das Kind war noch nicht einmal drei Jahre alt.«
»Sie war vier«, meinte Ryan.
Loreen
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