Leg dein Herz in meine Haende
wissen, ob ich seinen Wagen kaufen werde oder nicht. Ich habe versprochen, ihm morgen Früh Bescheid zu geben. Er hat mir erlaubt, den Wagen mitzunehmen«, fügte sie hinzu.
»Ich weiß«, flüsterte Jessica. »Ich kann ihn von meinem Fenster aus im Hof sehen. Ja, ich habe mich entschieden, Grace. Wenn du sicher bist, dass Caleb und ich keine Belastung für dich sein werden, begleiten wir dich gern.«
Grace seufzte erleichtert. »Ich bin so froh!«, sagte sie. »Natürlich werdet ihr keine Belastung für mich sein. Ich kann dir jetzt ja ruhig gestehen, dass ich gar nicht sicher bin, ob ich die Pferde ohne deine Hilfe lenken könnte.«
»Zusammen wird es uns gelingen«, versprach Jessica.
Tilly kam in die Küche zurück, um zu fragen, wo Jessica so lange blieb. »Sie werden nicht eher gehen, bis sie mit Ih-nen gesprochen haben«, erklärte sie. »Also gehen Sie jetzt, und reden Sie mit ihnen, und während Sie ihre Fragen beantworten, nehmen Sie sich die Zeit, darauf zu achten, was für gut aussehende Männer diese beiden Marshals sind. Es ist schon lange her, dass ich zwei so große, maskuline Männer gesehen habe. Sie mögen Ihnen auf den ersten Blick vielleicht ein wenig Angst einflößen mit ihrem rauen Äußeren, aber wenn Sie in ihre Augen schauen, werden Sie die Güte darin erkennen und Ihre Ängste überwinden. Beide Männer haben wunderschöne blaue Augen.«
Jessica zwang sich zu einem Lächeln, das ihre Nervosität verbergen sollte. »Warum sollte es mich interessieren, wie gut sie aussehen?«
Kopfschüttelnd stützte Tilly die Hände in die Hüften und schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Weil Sie jetzt einen kleinen Jungen aufzuziehen haben und es Ihnen nicht schaden würde, die Unterstützung eines starken Mannes zu besitzen. «
Jessica faltete das feuchte Tuch und legte es auf die Anrichte. »Ich weiß, dass Sie es gut meinen, aber ich brauche keinen Mann, um Caleb aufzuziehen. Wir kommen auch so sehr gut zurecht.«
»Unsinn«, sagte Tilly. »Ich weiß, dass Sie genügend Energie und Herz besitzen, um diesem Kind eine gute Mutter zu sein, aber ein Mann könnte Ihnen diese Bürde sehr erleichtern. Wenn ich vierzig Jahre jünger wäre, wären diese beiden auch vor mir nicht sicher. Obwohl es schrecklich schwierig wäre zu entscheiden, wessen Schuhe ich lieber unter meinem Bett sähe. Ich sage ja nur, dass Sie sich die beiden gut ansehen sollen, Jessica, und ich möchte, dass Sie es auch tun, Grace, denn ein guter Ehemann wäre Gottes Antwort auf die Gebete Ihrer Eltern. Jessica, nehmen Sie die Schleife aus dem Haar. Sie sitzt schief.«
»Ja, Ma’am«, erwiderte Jessica. Gehorsam löste sie die Schleife und strich rasch mit den Fingern durch ihr lockiges braunes Haar. Aber das hatte nichts mit Koketterie zu tun. Sie tat nichts weiter, als Tillys Wünsche zu erfüllen.
»Sie haben so schönes Haar, Jessica. Sie sollten es zeigen, und es würde Ihnen auch nicht schaden, ein bisschen zu flirten, während Sie mit den Männern reden. Ich wette, Sie wissen nicht einmal, wie so was geht. Sie sollten es aber wenigstens versuchen. Oh, ich weiß natürlich, dass die Marshals Sie in einer ernsten Angelegenheit sprechen wollen, aber dennoch sind sie Männer, was bedeutet, dass sie Sie beide durchaus bemerken werden. Während Sie warten, Grace, könnten Sie die Nadeln aus Ihrem Haar entfernen und es kräftig bürsten. Männer lieben es, wenn Frauen ihr Haar offen tragen - und nicht zu einem Knoten aufgesteckt wie eine alte Jungfer!«
Jessica und Grace hatten gelernt, dass es sinnlos war, zu widersprechen, wenn Tilly in einer ihrer >Ich weiß, was am besten ist<-Stimmungen war. Grace lächelte ihre Wirtin an, aber Jessica bemerkte, dass ihre Wangen vor Verlegenheit gerötet waren.
»Ich glaube, ich sollte jetzt lieber gehen«, sagte Jessica.
»Ja, das wird wohl besser sein«, stimmte Tilly zu. »Ich bring Caleb ins Bett, sobald ich ihn gefunden habe.«
»Ich brühe Ihren Tee auf und bringe ihn dann hinauf«, versprach Grace. »Caleb kann auch in der Küche bei mir bleiben. Ich passe auf ihn auf.«
Jessica holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Gott, wenn ich bloß nicht so nervös wäre!«
Grace nickte. »Ich habe das Gefühl, etwas verbrochen zu haben, obwohl das gar nicht stimmt. O Gott, ich wünschte, ich wäre nie in diese Stadt gekommen! Ich hatte so kühne Hoffnungen ...«
»Ich weiß«, stimmte Jessica ihr zu. »Es war falsch von Mr Wells’ Sohn, das Versprechen seines Vaters nicht zu
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