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Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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sein Telefon.
    »Ja, Anders?« Gleichzeitig stand er auf und streckte mir zum Abschied die Hand hin. »War nett mit Ihnen!« Dem Anrufer sagte er: »Nein, nicht mit dir .« Kurze Pause. »Nein, du kennst sie nicht.« An mich gewandt, fügte er hinzu: »Ich melde mich, ja?«
    Damit war das Nicht-Date beendet.
    *
    Als ich nach Hause kam, durfte ich die Veränderungen im Wohnzimmer bewundern. Es gab nun eine Geld- und eine Beziehungsecke, streng nach den Grundsätzen von Feng-Shui. Die Geldecke befand sich, von der Tür aus gesehen, links hinten im Raum. Meine Mutter hatte mit Sekundenkleber lauter Münzen auf den dort stehenden Blumentopf der Zimmerpalme geklebt, im geschätzten Gegenwert von ungefähr 50 Cent, hauptsächlich bestehend aus Ein- oder Zwei-Cent-Münzen. In den Palmwedeln war ein Sparbuch dekoriert; meine Mutter hatte es an die Blätter getackert, damit es besser hielt. Dass es dadurch beschädigt wurde, machte nichts, da es sowieso schon mehrfach gelocht war, zum Beweis dafür, dass das Guthaben weg war. Und zwar schon sehr, sehr lange, nach den vergilbten und gewellten Rändern zu urteilen.
    »Es kommt dabei allein auf die Symbolik an«, erklärte meine Mutter.
    »Das war Lieselottes erstes Sparbuch«, sagte Timo, der vor dem Fernseher saß und eine dubiose Vorabendsoap ansah, in der sich halbnackte Leute knutschend auf einem Sofa herumwälzten. »Sie hat es von ihrer Mutti bekommen, als sie volljährig wurde. Was ist volljährig, Mama?«
    »Das ist ein anderes Wort für vernünftig. Jedenfalls normalerweise.« Ich betrachtete die Palmwedel, die sich mit dem angetackerten Sparbuch fast bis zum Boden durchbogen.
    »Schau, das ist die neue Beziehungsecke«, sagte meine Mutter stolz, während sie in die gegenüberliegende Zimmerecke deutete. Dort prangte an der Wand ein lebensgroßer BRAVO -Starschnitt von Rock Hudson. Perplex starrte ich die Figur an. Rock saß auf einem Sockel, die Arme locker auf die Knie gestützt und lächelte den Betrachter freundlich an.
    »Ich finde, das hat eine ganz tolle Symbolik«, sagte meine Mutter.
    »Mutter, das ist Rock Hudson! «
    »Weiß ich doch. Das war vielleicht eine Aktion, die ganzen alten BRAVO s bei Ebay zu finden, aber dann hatte ich sie alle für den Starschnitt komplett.« Sie strahlte mich an. »Als Kind hast du Rock Hudson verehrt. Das hat mir Hannelore mal erzählt. Sie sagte, du hättest sogar ein Autogramm von ihm bekommen.«
    »Das war Rod Stewart!«
    »Wer ist das?«
    »Ein Sänger. Er ist blond und lebt noch. Rock Hudson war eher jemand aus deiner Zeit. Und er ist tot.«
    Meine Mutter war nur kurz irritiert, dann hob sie die Schultern. » Meine Zeit, deine Zeit, die paar Jahre! So groß ist der Unterschied auch wieder nicht.« Sie betrachtete schwärmerisch den Starschnitt. »Ist er nicht ein Bild von einem Mann? Da werden doch Träume wahr, allein davon, ihn im Zimmer hängen zu haben, oder? Du wirst sehen, das wird sich absolut belebend auf all deine Beziehungsprobleme auswirken.«
    »Ich habe keine Beziehungsprobleme. Außerdem war Rock Hudson schwul.«
    Meine Mutter starrte mich an. »Das ist nicht wahr. Er hatte was mit Doris Day!«
    »Im Film, Mutter.«
    Sie schüttelte beharrlich den Kopf, und ich gab es seufzend auf, mit ihr weiter darüber zu debattieren. Es blieb auch gar keine Zeit dafür, denn kurz darauf traf der Klempner ein. Der Chef der Installationsfirma, Herr Gronauer, war in Begleitung eines seiner Arbeiter gekommen. Sie ließen sich das Badezimmer im Obergeschoss zeigen sowie den Keller, wo in einer Nische der Waschküche das kleine Duschbad entstehen sollte.
    Die beiden nahmen ausgiebig Maß, studierten die alten Bauzeichnungen, klopften gegen die Wände, machten sich Notizen und erklärten mir unterdessen abwechselnd, was genau zu machen war.
    Herr Gronauer gab das Stichwort, sein jüngerer Mitarbeiter führte es näher aus. Später erfuhr ich, dass sie Vater und Sohn waren. Für die Arbeiten würden sie noch einen Onkel und einen Cousin mitbringen, ein Familienunternehmen im besten Sinne des Wortes. Bei dem ausgemachten Preis würde es bleiben, erklärte Herr Gronauer, sofern keine unerwarteten Schwierigkeiten auftauchten.
    Die Sache mit der Grundschuld war nur noch eine Formalität; im Laufe des Tages hatte Harald Kleinlich mich persönlich angerufen und mir versichert, dass alles in trockenen Tüchern sei. Ich musste nur noch einmal kurz vorbeikommen und ein paar Formulare unterschreiben, dann gehörte das Geld praktisch

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