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Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition)

Titel: Leg dich nicht mit Mutti an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Tisch und warteten mit dem Frühstück auf mich.
    Meine Mutter bedachte meine Schwiegermutter mit zurückhaltendem Argwohn. Die beiden waren sich bisher erst einmal begegnet, bei meiner Hochzeit, die mittlerweile fast zwanzig Jahre zurücklag. Meine Schwiegermutter hatte von mir wissen wollen, wer diese stark geschminkte falsche Blondine sei.
    »Meine Mutter«, hatte ich geantwortet. »Aber ihre Haarfarbe ist echt.«
    »Verstehe. Tut mir leid.«
    Das war die einzige Entschuldigung, die ich je von ihr gehört hatte. Später erklärte Martin mir allerdings, dass Helga nicht etwa ihre Unterstellung gefärbter Haare bedauert hatte, sondern dass jemand wie meine Mutter zur Familie gehörte. Insgeheim befürchtete sie wohl, ich könne nach ihr schlagen.
    Ich blieb neben dem Frühstückstisch stehen und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Die Kinder sangen mir ein Geburtstagsständchen. Helga sang die zweite Stimme. Meine Mutter schwieg verbissen.
    »Oh, das ist aber nett von euch«, sagte ich.
    Spike kam auf mich zugetrabt und wollte mich begrüßen.
    »Platz«, sagte Helga.
    Spike warf sich flach auf den Boden, wie ein Soldat im Manöver. Er gab keinen Mucks von sich.
    »Ich geh schnell duschen.« Immer noch benommen ging ich in den Keller. Das neue Gästebad war zwar noch nicht ganz fertig – es fehlte noch die Tür –, aber seit dem Vorabend konnte es endlich benutzt werden. Somit fiel das Fehlen sanitärer Einrichtungen als Grund für eine sofortige Abreise meiner Schwiegermutter leider aus, weshalb ich mit dem Schlimmsten rechnen musste: Sie war mit zwei gewaltigen Koffern gekommen. Sonst hatte sie immer nur eine kleine Reisetasche dabei gehabt.
    »Es hat mich bis ins Mark getroffen, diese grauenhafte Sache aus der Zeitung erfahren zu müssen. Und das auch noch nachträglich, weil eine Bekannte von mir DAS BLATT zum Einwickeln ihrer Kartoffelschalen benutzt hat und es dabei zufällig entdeckte. Warum hat mich niemand benachrichtigt?«
    »Wir wollten dich nicht beunruhigen.« Und vor allem nicht hierhaben.
    »Na gut. Jetzt bin ich ja da und kann der Familie in der schlimmen Not beistehen.«
    Meine Mutter fasste das als Seitenhieb auf und war gekränkt.
    »So schlimm ist die Not auch wieder nicht. Wir sind prima zurechtgekommen.«
    Helga lächelte dünn und deutete auf den Kühlschrank. »Ich habe Butter gefunden, die schon seit vier Monaten abgelaufen war.«
    »Das ist nicht meine Schuld, ich bin gerade mal vier Wochen da«, protestierte meine Mutter. »Außerdem kann man sie einfach wegwerfen, wo ist das Problem?«
    Helga musterte sie strafend. »Die gute Butter? Was redest du da! Ich habe sie selbstverständlich zum Kuchenbacken verwendet.«
    Meine Mutter zog den Kopf ein und war still.
    Helgas Unterbringung war überhaupt kein Problem, wie ich als Nächstes erfuhr. Timo war überglücklich, weil Oma Helga in seinem Bett schlafen würde und er auf einer Matratze auf dem Boden. Mit sechs konnte man sich für solche Arrangements noch begeistern.
    »Warum klebt in deinem Wohnzimmer ein BRAVO -Starschnitt?«, wollte Helga von mir wissen.
    »Das war meine Idee«, erklärte meine Mutter. »Es hängt mit den Regeln des Feng Shui zusammen. Darunter versteht man …«
    »Ich weiß, was Feng Shui ist«, fiel Helga ihr ins Wort. »Und in den Regeln habe ich noch nie etwas von einem BRAVO -Starschnitt gelesen. Wofür soll der gut sein?«
    »Für das männliche Element in Mamas Leben«, sagte Sophie grinsend.
    Helga schüttelte den Kopf. »Wenn sich jemand nach einer neuen Partnerschaft sehnt, sollte man in der Südwestecke des Hauses die Erdenergie aktivieren. Aber nicht, indem man dort den BRAVO -Starschnitt eines schwulen toten Hollywoodstars hinpappt.«
    »Sondern?«, fragte meine Mutter beleidigt.
    Helga lächelte humorlos. Arme, dumme Lieselotte, sagte ihr Blick. »Beispielsweise durch das Aufstellen einer Stehlampe. Sie sollte nicht zu klein sein, aber auch nicht größer als man selbst. Und sie sollte jeden Abend eingeschaltet werden, bis das Ziel erreicht ist.«
    »Was für ein Ziel?«, wollte Timo wissen.
    »So ein Ziel hat Mama nicht«, erklärte ihm seine große Schwester.
    »Welches Ziel hat sie nicht?«
    »Überhaupt keins.«
    Damit gab sich Timo zufrieden. Aber Helga war mit ihren Erklärungen noch nicht fertig. »Man kann auch herzförmige Symbole um die Lampe drapieren, die verbessern das Glückspotenzial.« Sie bedachte mich mit durchdringendem Blick. »Man sollte diese Maßnahmen nur ergreifen, wenn echter

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