Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
hoffentlich – bedeutet, dass sie uns auch nicht sehen können. Noch besser wäre es natürlich, wenn sie ganz weg wären. Hinter mir höre ich, wie Kaede springt und ein Stück unter mir auf der Leiter landet.
Endlich erreiche ich die Öffnung des Abfallschachts. Ich stoße mich von der Leiter ab, meine Hände greifen nach den Kanten des Schachts und meine Arme schwingen mich direkt in die Dunkelheit. Der Schmerz in meinem Bein flammt erneut auf, gleichzeitig aber spüre ich, wie es vor neu gewonnener Energie pulsiert, zum ersten Mal seit langer Zeit wieder voll einsatzfähig. Ich klopfe mir den Staub von den Händen und stehe auf. Als Erstes fällt mir ein kalter Luftzug auf. Wahrscheinlich kühlen sie das Innere des Schiffs vor dem Start herunter.
Kurze Zeit später schwingt sich auch Kaede in den Schacht. Sie zuckt zusammen und reibt über die Schiene an ihrem noch immer nicht ganz verheilten Arm, dann versetzt sie mir einen Stoß vor die Brust. »Halt nie wieder einfach so mitten im Klettern an«, faucht sie. »Immer weitermachen. Mit solchen impulsiven Reaktionen bringst du uns nur in Gefahr.«
»Dann solltet ihr mir vielleicht auch keinen Grund dafür geben«, fauche ich zurück. »Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass Thomas June holen kommt?«
»Weil ich weiß, was du von dem Captain hältst«, erwidert Kaede. Sie blinzelt in die Dunkelheit und bedeutet mir schließlich, den Schacht hinaufzuklettern. »Und Razor fand, du solltest dir nicht unnötig Sorgen machen.«
Ich will gerade zurückfeuern, doch Kaede wirft mir einen warnenden Blick zu. Nur mit Mühe schlucke ich meine Wut hinunter. Ich konzentriere mich auf den Grund, aus dem ich wirklich hier bin. Eden. Wenn Razor meint, dass June in Thomas’ Obhut am sichersten ist, dann wird das schon stimmen. Aber was werden sie mit ihr machen, sobald sie sie geschnappt haben? Was, wenn das Ganze schiefgeht und der Kongress oder die Richter irgendetwas tun, das Razor nicht vorhergesehen hat? Wie kann er sich so sicher sein, dass alles klappen wird?
Kaede und ich klettern den Schacht hinauf, bis wir auf eins der untersten Decks der Dynasty gelangen. Wir verstecken uns hinter einer Treppe in einem kleinen verlassenen Maschinenraum. Schließlich erwachen die Dampfkolben zischend zum Leben und wir spüren den Druck des abhebenden Schiffs unter unseren Füßen, als es das Landungsdock verlässt. Mit einem Knallen lösen sich die riesigen Taue von den Flanken des Schiffs und ich höre den Applaus der Bodencrew angesichts des erfolgreichen Starts.
Nach einer halben Stunde ist meine Wut ein wenig verraucht und wir verlassen unser Versteck.
»Lass uns hier langgehen«, murmelt Kaede, als wir einen kleinen Raum betreten, von dem zwei Wege abzweigen – einer in Richtung der Hauptmaschinenräume und ein anderer, der direkt nach oben in die unteren Passagierdecks führt. »Sie machen manchmal Überraschungskontrollen an den Eingängen zu den oberen Decks. Aber in den Maschinenräumen könnten wir Glück haben.« Sie hält kurz inne, presst sich eine Hand aufs Ohr und runzelt konzentriert die Stirn.
»Was ist los?«
»Hört sich an, als wäre Razor drin«, antwortet sie.
Mein Bein tut ein bisschen weh, als wir weitergehen, und ich merke, dass ich leicht hinke. Wir steigen eine weitere Treppe hinauf, wo uns eine Gruppe von Soldaten begegnet, und erreichen schließlich ein Deck, das mit der Ziffer 6 markiert ist. Hier endet die Treppe. Eine Weile folgen wir dem Gang und bleiben dann vor einer schmalen Tür stehen. Auf einem Schild steht: Zu den Maschinenräumen A, B, C, D.
Vor der Tür ist eine einsame Wache postiert. Der Mann blickt auf und strafft seine Schultern. »Was wollen Sie?«, brummt er.
Wir salutieren locker. »Wir wurden geschickt, um jemanden zu sprechen. Vom Maschinenraumpersonal.«
»Ach ja? Wen denn?« Er wirft Kaede einen missbilligenden Blick zu. »Sie sind doch Pilotin, oder? Sie sollten auf dem Oberdeck sein. Die führen da oben gerade Kontrollen durch.«
Kaede will gerade widersprechen, doch ich unterbreche sie und setze ein verlegenes Gesicht auf. Dann sage ich das Einzige, was mir einfällt und was der Mann hoffentlich nicht infrage stellen wird. »Okay, jetzt mal von Soldat zu Soldat«, raune ich dem Wachposten mit einem Seitenblick auf Kaede zu. »Wir … ähm … wir sind eigentlich auf der Suche nach einem Plätzchen, um zu … Na ja, Sie wissen schon. Wir dachten, der Maschinenraum wäre vielleicht gut dafür.« Ich zwinkere ihm
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