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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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gefesselten Händen nicht salutieren, genauso wenig wie knicksen oder mich richtig verbeugen – also mache ich gar nichts und wende mich dem Elektor zu.
    Anden sieht beinahe genauso aus wie bei unserer ersten Begegnung bei dem Ball – groß, aristokratisch und kultiviert, das dunkle Haar ordentlich frisiert. Seine Abenduniform ist in dunklem Grau gehalten, mit goldenen Epauletten und Pilotenstreifen an den Ärmeln. Seine grünen Augen jedoch blicken ernst und seine Schultern wirken ganz leicht gebeugt, so als laste eine neue Bürde auf ihnen. Wie es scheint, ist der Tod seines Vaters doch nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.
    »Bitte, setzen Sie sich«, sagt er und streckt eine Hand, die in einem weißen Fliegerhandschuh steckt, in meine Richtung. Seine Stimme ist sanft und erfüllt trotzdem den ganzen Raum. »Ich hoffe, Sie haben es bequem, Ms Iparis.«
    Ich komme seiner Aufforderung nach. »Ja. Vielen Dank.«
    Anden setzt sich ans andere Ende des Tischs und wartet, bis die Soldaten wieder ihre Positionen eigenommen haben, bevor er weiterredet. »Wie ich hörte, haben Sie um eine persönliche Unterredung mit mir gebeten. Ich hoffe, die Kleidung, die ich Ihnen geschickt habe, findet Ihre Zustimmung.« Für den Bruchteil einer Sekunde hält er inne und ein schüchternes Lächeln huscht über sein Gesicht. »Ich dachte, Sie würden vielleicht lieber nicht in Gefängnisuniform zum Abendessen erscheinen.«
    In seiner Stimme schwingt ein Hauch von Gönnerhaftigkeit mit, die mich empört. Wie kann er es wagen, mich einzukleiden wie eine Puppe?, denkt ein Teil von mir verärgert. Gleichzeitig aber bin ich beeindruckt von seinem herrschaftlichen Auftreten, von der Art, wie er seinem neuen Status gerecht wird. All diese Macht wurde ihm völlig unerwartet zuteil und er spielt seine neue Rolle mit so viel Überzeugung, dass meine ehemalige Loyalität schwer auf meiner Brust lastet. Von seiner früheren Unsicherheit ist kaum noch etwas zu spüren. Dieser Mann wurde geboren, um zu regieren.
    »Es heißt, dass Anden auf dem Ball Gefallen an dir gefunden hat«, hat Razor gesagt. Also neige ich den Kopf ein wenig und blicke durch meine Wimpern zu ihm hoch. »Warum behandeln Sie mich so gut? Ich dachte, ich wäre jetzt so etwas wie ein Staatsfeind.«
    »Ich würde mich schämen, wenn ich das berühmteste Wunderkind unserer Republik wie eine Gefangene behandelte«, entgegnet er, während er sorgfältig sein Besteck und das Champagnerglas neben seinem Teller in Reih und Glied schiebt. »Es ist Ihnen doch nicht etwa unangenehm, oder?«
    »Natürlich nicht.« Wieder lasse ich meinen Blick durch den Saal schweifen, präge mir die Positionen der Lampen ein, die Wanddekoration, den Standort und die Waffe jedes einzelnen Soldaten. Angesichts der überbordenden Eleganz unseres Treffens kommt mir der Gedanke, dass Andens Faible für mich womöglich nicht der einzige Grund für das teure Kleid und das Abendessen ist. Er will, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, wie großzügig er mich behandelt, denke ich. Er will dem Volk demonstrieren, wie gut der neue Elektor für Days Retterin sorgt . Meine anfängliche Verärgerung beginnt zu schwinden – dieser neue Aspekt ist hochinteressant. Anden muss sich seiner Unbeliebtheit beim Volk sehr bewusst sein. Vielleicht hofft er, die Menschen auf diese Weise für sich zu gewinnen. Und wenn das zutrifft, bemüht er sich um etwas, das unseren alten Elektor nie wirklich interessiert hat. Außerdem frage ich mich: Wenn Anden wirklich darauf aus ist, die Bevölkerung auf seine Seite zu bringen, wie steht er dann zu Day? Er wird das Wohlwollen der Leute kaum erlangen, indem er eine öffentliche Jagd auf den berühmtesten Verbrecher der Republik anzettelt.
    Zwei Bedienstete bringen Tabletts mit Essen (ein Salat mit echten Erdbeeren und dazu fein gerösteter Schweinebauch mit Palmherzen), während zwei weitere weiße Stoffservietten auf unseren Schößen platzieren und unsere Gläser mit Champagner füllen. Diese Bediensteten stammen eindeutig aus der Oberschicht (allein an ihrem Gang zeigt sich die charakteristische Präzision der Elite), auch wenn sie keinen ganz so hohen gesellschaftlichen Status haben mögen wie meine Familie.
    Dann passiert etwas Unfassbares.
    Die Bedienstete, die Anden Champagner einschenkt, gerät mit der Flasche zu nah an sein Glas. Es kippt um und die Flüssigkeit ergießt sich über die Tischdecke, während das Glas vom Tisch rollt und auf dem Fußboden zerspringt.
    Das Mädchen

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