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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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offen reden konnte. Ich beuge mich vor, nicke und warte darauf, dass er weitererzählt.
    »Die Republik ist während der schlimmsten Krise Nordamerikas – und eigentlich auch der ganzen Welt – entstanden«, beginnt er. »Überflutungen hatten die amerikanische Ostküste zerstört und Millionen Menschen flohen aus den betroffenen Gebieten in den Westen. Doch die Staaten dort waren zu klein für so viele Menschen. Es gab keine Arbeit. Kein Essen, keine Sicherheit. Das Land brach unter der Last aus Angst und Panik zusammen. Überall herrschten Chaos und Gewalt. Immer wieder zerrten Aufständische Soldaten, Polizisten oder Angehörige von Friedenstruppen aus ihren Wagen, prügelten sie zu Tode oder setzten sie mitsamt ihren Fahrzeugen in Brand. Die Läden wurden geplündert, jede einzelne Fensterscheibe zerbrochen.« Er holt tief Luft. »Die Regierung versuchte alles, um irgendeine Form von Ordnung aufrechtzuerhalten, aber eine Katastrophe nach der anderen machte all ihre Mühen wieder zunichte. Sie hatten einfach kein Geld, um so viele Krisen auf einmal in den Griff zu bekommen. Es kam zur vollkommenen Anarchie.«
    Eine Zeit, in der die Republik keinerlei Macht über das Volk hatte? Unmöglich. Ich habe arge Schwierigkeiten, mir so etwas vorzustellen, bis mir der Gedanke kommt, dass Anden möglicherweise von der Regierung der alten Vereinigten Staaten spricht.
    »Dann ist unser erster Elektor an die Macht gekommen. Er war ein junger Offizier, nur ein paar Jahre älter als ich heute, und ehrgeizig genug, um ein paar unzufriedene Truppen im Westen für seine Sache zu gewinnen. Er erklärte das Land zu einer eigenständigen Republik, spaltete es von den Vereinigten Staaten ab und führte im gesamten Westen das Kriegsrecht ein. Soldaten konnten nach eigenem Ermessen schießen, und nachdem sie mitangesehen hatten, wie ihre Kameraden auf offener Straße gefoltert und ermordet wurden, nutzten sie ihre neugewonnene Macht bis zum Äußersten aus. Schließlich hieß es nur noch Wir gegen sie – das Militär gegen das Volk.« Anden blickt auf seine glänzenden Slipper hinunter, als schämte er sich. »Viele Menschen starben, bis die Soldaten endgültig die Kontrolle über die Republik erlangten.«
    Ich frage mich, was Metias von all dem gehalten hätte. Oder meine Eltern. Hätten sie die Entwicklung gutgeheißen? Hätten auch sie nötigenfalls mit Gewalt Ordnung in das Chaos gebracht?
    »Was ist mit den Kolonien? Haben sie sich die Situation zunutze gemacht?«
    »Der östlichen Hälfte von Nordamerika ging es zu dieser Zeit noch viel schlechter. Ihr halbes Land stand unter Wasser. Als der erste Elektor die Grenzen der Republik definierte, hatten sie kaum noch Platz zum Leben. Also haben sie uns den Krieg erklärt.« Anden richtet sich auf. »Nach all diesen Entwicklungen schwor der Elektor, dass es solche Zustände in der Republik nie wieder geben würde, und so sprachen er und der Senat dem Militär ein noch nie da gewesenes Maß an Macht zu, über die es bis heute verfügt. Mein Vater und die Elektoren vor ihm haben dafür gesorgt, dass sich daran nichts ändert.« Er schüttelt den Kopf und reibt sich mit den Händen über das Gesicht, bevor er fortfährt.
    »Der Test sollte die Menschen zu harter Arbeit und sportlichem Ehrgeiz animieren, sollte helfen, gute Leute für das Militär zu gewinnen – und das hat auch funktioniert. Aber er wurde auch dazu benutzt, die Schwachen auszusieben – und die Unwilligen. Und mit der Zeit diente der Test auch immer mehr dazu, die zu hohe Bevölkerungszahl zu senken.«
    Die Schwachen und die Unwilligen. Ich erschaudere. Day muss definitiv in die zweite Kategorie gefallen sein. »Dann wissen Sie also, was mit den Kindern passiert, die den Test nicht bestehen? Und das Ziel des Ganzen ist, die Bevölkerungszahl zu senken?«
    »Ja.« Anden windet sich sichtlich, als er es zu erklären versucht. »Am Anfang war der Test ja noch sinnvoll. Auf diese Weise konnten die Fähigsten und Stärksten für das Militär herausgefiltert werden. Nach einiger Zeit wurde er an allen Schulen angeboten. Aber das hat meinem Vater immer noch nicht gereicht … er wollte, dass nur die Besten überleben. Alle anderen wurden, ganz offen gesagt, nur noch als Verschwendung von Platz und Nahrungsmitteln betrachtet. Mein Vater hat mir immer gepredigt, wie absolut notwendig der Große Test für das Wohlergehen der Republik sei. Und als er den Test für alle verpflichtend machen wollte, hat er im Senat viele Befürworter

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