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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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dem normalerweise Metias sitzt, ist leer. Auf dem Couchtisch türmen sich alte Fotoalben und Metias’ Tagebücher. Er hat die altmodischen Traditionen unserer Eltern immer geliebt und handgeschriebene Tagebücher geführt, genau wie sie all diese Papierfotos aufbewahrt haben. »Die kann niemand online einsehen oder zurückverfolgen«, sagte er immer. Welche Ironie, so etwas von einem begnadeten Hacker zu hören.
    Ist es erst heute Nachmittag gewesen, dass er mich von der Drake abgeholt hat? Er wollte mit mir über irgendetwas Wichtiges reden, bevor er sich auf den Weg gemacht hat. Jetzt werde ich nie erfahren, was er mir sagen wollte.
    Auf meinem Bauch liegen alle möglichen Papiere und Berichte. Mit einer Hand umklammere ich eine Schnur mit einem Anhänger daran, ein Beweisstück, das ich jetzt schon seit einer ganzen Weile studiere. Mit zusammengekniffenen Augen betrachte ich die glatte Oberfläche, auf der keinerlei Muster zu sehen sind. Dann lasse ich mit einem Seufzer die Hand sinken. Mein Kopf tut weh.
    Vorhin habe ich den Grund erfahren, warum Commander Jameson mich von der Uni genommen hat. Offenbar hatte sie schon seit Längerem ein Auge auf mich geworfen. Und jetzt war in Metias’ Einheit plötzlich eine Person zu wenig und sie brauchte einen neuen Rekruten. Die perfekte Gelegenheit, sich mich zu schnappen, bevor ihr jemand anderes zuvorkommen konnte. Ab morgen wird zunächst einmal Thomas Metias’ Position übernehmen - und ich fange in der Einheit als Agentin in Ausbildung an.
    Meine erster Auftrag: Day.
    »Wir haben in der Vergangenheit zahlreiche Taktiken erprobt, um Day aufzuspüren, aber keine davon war erfolgreich«, hatte Jameson mir erklärt, kurz bevor sie mich nach Hause schickte. »Also. Wir werden folgendermaßen vorgehen. Ich werde mich weiter um die Aufgaben meiner Einheit kümmern. Und Sie können bei einem Probelauf Ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Zeigen Sie mir, wie Sie vorgehen würden, um Day aufzuspüren. Vielleicht haben Sie ja eine gute Idee. Vielleicht auch nicht. Aber Sie sind jung und wir können ein frisches Paar Augen gebrauchen. Wenn Sie mich von sich überzeugen können, ernenne ich Sie direkt zu einem vollwertigen Mitglied dieser Einheit. Dann werde ich Sie berühmt machen - als jüngste Agentin da draußen.«
    Ich schließe die Augen und versuche nachzudenken. Day hat meinen Bruder getötet. Das weiß ich, weil wir auf der Treppe im Krankenhaus einen gestohlenen Dienstausweis gefunden haben und der Soldat, dem er gehörte, uns stammelnd beschrieben hat, wie der Junge aussah. Die Beschreibung stimmte kein bisschen mit dem überein, was in unserer Akte über Day steht - aber in Wahrheit wissen wir auch so gut wie gar nichts über sein Aussehen, außer dass er jung ist, genau wie der Typ, der heute Nacht ins Krankenhaus eingedrungen ist. Die Fingerabdrücke auf dem Ausweis sind identisch mit denen, die letzten Monat an einem Tatort gefunden wurden, mit dem Day in Verbindung gebracht wird - Fingerabdrücke, die zu keinem Bürger passen, der in den Datenbanken der Republik erfasst ist.
    Day ist dort gewesen, im Krankenhaus. Und er war nachlässig genug, den Ausweis zu verlieren.
    Was mich ein wenig verwundert. Day ist in das Labor eingebrochen, um Medizin zu stehlen, eine verzweifelte, überhastete, schlecht geplante Tat. Er muss die Seuchenhemmer und Schmerzmittel mitgenommen haben, weil er nichts Wirksameres gefunden hat. Er selbst kann nicht an der Seuche erkrankt sein, sonst wäre er nicht zu dieser spektakulären Flucht in der Lage gewesen. Aber irgendjemand, den er kennt, muss sich infiziert haben, jemand, der ihm so viel bedeutet, dass er sein Leben für ihn aufs Spiel setzt. Jemand aus Blueridge oder Lake oder Winter oder Alta, alles Sektoren, in denen die Seuche vor Kurzem ausgebrochen ist. Wenn das zutrifft, wird Day die Stadt in absehbarer Zeit wohl nicht verlassen. Seine emotionalen Bindungen werden ihn hier halten.
    Natürlich könnte Day auch einen Auftraggeber haben, der ihn für dieses Unterfangen bezahlt hat. Aber das Krankenhaus ist ein gefährlicher Ort und der Auftraggeber müsste Day schon eine ganze Menge Geld dafür gezahlt haben. Und wenn so viel Geld im Spiel gewesen wäre, hätte er die Aktion mit Sicherheit sorgfältiger geplant und sich erst einmal informiert, wann die neue Lieferung von Seuchenmedikamenten ankommt. Außerdem scheint er sich auch bei seinen früheren Verbrechen nie als Söldner verdingt zu haben. Soweit es uns bekannt ist,

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