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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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Straße. Als der Jeep schließlich zum Stehen kommt, löst sich Commander Jameson aus einer Gruppe von Soldaten und nähert sich meiner Wagentür.
    »Es tut mir leid«, sagt Thomas abrupt zu mir. Mich packt kurz das schlechte Gewissen, weil ich so abweisend zu ihm bin, und ich beschließe, ihm zuzunicken. Sein verstorbener Vater war der Hausmeister unseres Wohnhochhauses und seine Mutter, die ebenfalls nicht mehr lebt, Köchin an meiner Grundschule. Metias war derjenige, der Thomas (nachdem er beim Großen Test sehr gut abgeschnitten hatte) trotz seiner bescheidenen Herkunft für die sehr prestigeträchtige Stadtstreife vorgeschlagen hat. Er muss sich genauso betäubt fühlen wie ich.
    Commander Jameson tritt an meine Wagentür und klopft zweimal gegen die Scheibe, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Ihr dünner Mund ist in einem aggressiven Rot geschminkt und ihr bernsteinfarbenes Haar wirkt in der Nacht dunkelbraun, beinahe schwarz.
    »Kommen Sie schon, Iparis. Die Zeit drängt.« Ihr Blick schweift zu Ollie auf dem Rücksitz. »Das da ist aber kein Polizeihund, Kind.« Selbst jetzt ist ihr Auftreten so schroff wie eh und je.
    Ich steige aus dem Jeep und salutiere kurz. Ollie springt neben mich. »Sie wollten mich sprechen, Commander.«
    Commander Jameson macht sich nicht die Mühe, meine Geste zu erwidern. Sie marschiert einfach los und ich muss mich ziemlich beeilen, um mit ihr Schritt zu halten. »Ihr Bruder, Metias, ist tot«, sagt sie. Ihr Tonfall ist völlig unverändert. »Nach meinen Informationen haben Sie Ihre Soldatenausbildung so gut wie abgeschlossen, ist das korrekt? Ihre Kurse im Bereich Spurenverfolgung haben Sie beendet?«
    Das Atmen fällt mir plötzlich schwer. Sie ist die Zweite, die von Metias’ Tod spricht. »Ja, Commander«, bringe ich heraus.
    Wir gehen ins Krankenhaus. (Das Wartezimmer ist leer, sie haben alle Patienten weggeschickt. Wachen stehen verstreut in der Nähe des Treppenhauszugangs, wahrscheinlich liegt dahinter der Tatort.) Commander Jameson blickt weiter geradeaus und hält die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Welche Punktzahl haben Sie im Großen Test erreicht?«
    »Fünfzehnhundert, Commander.« Jeder beim Militär kennt meine Punktzahl. Aber Commander Jameson tut gern so, als wüsste sie nichts davon oder als würde es sie nicht interessieren.
    Sie bleibt nicht stehen. »Ach ja, richtig«, sagt sie schließlich, als wäre ihr das völlig entfallen. »Vielleicht können wir tatsächlich etwas mit Ihnen anfangen. Ich habe bei der Drake-Universität angerufen und denen dort gesagt, dass Sie ab sofort vom Unterricht befreit sind. Sie waren ja mit Ihren Kursen sowieso so gut wie fertig.«
    Ich runzele die Stirn. »Commander?«
    »Man hat mich ausführlich über Ihre Leistungen informiert. Bestnoten. Und die meisten Ihrer Kurse hatten Sie bereits nach der Hälfte der vorgesehenen Ausbildungszeit absolviert, sehe ich das richtig? Außerdem wurde mir zugetragen, dass Sie eine ziemliche Unruhestifterin sind. Stimmt das?«
    Ich weiß nicht, was sie von mir hören will. »Manchmal, Commander. Stecke ich in Schwierigkeiten? Fliege ich jetzt von der Uni?«
    Commander Jameson lächelt. »Wohl kaum. Sie bekommen vorzeitig Ihren Abschluss. Folgen Sie mir, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Ich will sie nach Metias fragen und danach, was hier passiert ist. Doch ihr eisiges Auftreten hält mich davon ab.
    Wir laufen einen Flur hinunter, bis wir einen Notausgang ganz am anderen Ende erreichen. Commander Jameson winkt die Soldaten beiseite, die dort Wache stehen, und scheucht mich durch die Tür. Ein tiefes Grollen dringt aus Ollies Kehle. Wir treten auf der Rückseite des Gebäudes ins Freie. Mir wird klar, dass wir uns nun innerhalb der gelben Absperrungen befinden. Um uns herum stehen Dutzende von Soldaten in kleinen Grüppchen.
    »Beeilen Sie sich«, bellt Commander Jameson mich an. Ich beschleunige meine Schritte.
    Einen Moment später dämmert mir, was sie mir zeigen will und wo wir hingehen. Nicht weit vor uns liegt etwas, das mit einem weißen Laken zugedeckt ist. (Einen Meter achtzig groß, menschlich; Füße und Gliedmaßen unter dem Stoff wirken unversehrt; Körperhaltung deutet definitiv nicht auf einen Sturz hin, also muss ihn jemand so hingelegt haben.) Ich fange an zu zittern. Als ich mich zu Ollie umdrehe, sehe ich, dass sein Nackenfell gesträubt ist. Ich rufe mehrmals seinen Namen, aber er weigert sich, näher zu kommen, also muss ich ihn zurücklassen und Commander

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