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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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da plötzlich eine Stimme, die mir sagt, ich solle aufstehen. Als ich den Kopf drehe, sehe ich einen Jungen, der mir seine Hand hinstreckt. Er hat leuchtend blaue Augen, ein dreckverschmiertes Gesicht und eine alte, ausgeleierte Mütze auf dem Kopf, doch in diesem Moment ist mir, als hätte ich nie einen schöneren Jungen gesehen.
    »Komm schon«, drängt er. Ich greife nach seiner Hand.
    In all dem Staub und dem Chaos rennen wir durch die Straßen und verschwinden in den länger werdenden Schatten des Nachmittags.

DAY
    Sie will mir ihren Namen nicht verraten.
    Das kann ich gut verstehen. Viele Leute von der Straße versuchen, ihre Identitäten geheim zu halten, besonders wenn sie bei etwas Verbotenem wie einem Skiz-Kampf mitgemacht haben. Außerdem will ich auch gar nicht wissen, wie sie heißt. Ich bin immer noch sauer, weil ich meine Wette verloren habe. Kaedes Niederlage hat mich tausend Noten gekostet. Ein ziemlicher finanzieller Rückschlag auf dem Weg zu einem Fläschchen Medizin. Mir läuft die Zeit davon und daran ist nur dieses Mädchen schuld. Ich bin aber auch so was von blöd. Wenn sie Tess nicht aus dem Ring gerettet hätte, hätte ich sie einfach ihrem Schicksal überlassen.
    Doch ich weiß genau, dass Tess mich dann den Rest des Tages mit ihrem traurigen Hundeblick verfolgt hätte. Also habe ich eingegriffen.
    Tess stellt ununterbrochen Fragen, während sie der Namenlosen - ich werde sie wohl einfach Mädchen nennen so gut es geht, hilft, die Wunde zu säubern. Ich schweige die meiste Zeit. Ich bin auf der Hut. Nach dem Skiz-Kampf und meiner Staubbombe haben wir uns auf den Balkon einer alten Bibliothek geflüchtet. (Kann man von Balkon sprechen, wenn die Außenmauer eingestürzt und nun das gesamte Stockwerk auf einer Seite offen ist?) Eigentlich sind auf beinahe jedem Stockwerk die Außenwände eingestürzt. Die Bibliothek ist Teil eines alten Wolkenkratzers, der fast komplett von Wasser umgeben ist, ein paar Hundert Meter vom östlichen Seeufer entfernt. Für Leute wie uns ein guter Unterschlupf. Ich sitze am äußersten Rand des Balkons und suche die Uferstraßen nach wütenden Zuschauern ab, die vielleicht noch immer auf der Suche nach dem Mädchen sind. Ich werfe einen Blick über die Schulter. Das Mädchen sagt gerade etwas zu Tess und diese lächelt schüchtern.
    »Ich heiße Tess«, höre ich sie sagen. Meinen Namen verrät sie wohlweislich nicht, aber sie redet weiter. »Aus welchem Teil von Lake kommst du? Oder bist du aus einem anderen Sektor?« Sie untersucht die Wunde des Mädchens. »Das sieht ziemlich böse aus, ist aber nichts, was ich nicht wieder hinbekomme. Morgen früh versuche ich, ein bisschen Ziegenmilch für dich aufzutreiben. Die wird dir guttun. Bis dahin musst du einfach hin und wieder draufspucken. Das ist gut gegen Entzündungen.«
    Am Gesicht des Mädchens kann ich ablesen, dass es das alles bereits weiß. »Danke«, murmelt sie Tess zu. Dann wirft sie einen Blick in meine Richtung. »Ich bin euch wirklich dankbar für eure Hilfe.«
    Tess lächelt wieder, aber ich sehe ihr an, dass selbst sie sich in Gegenwart unserer neuen Gefährtin ein bisschen unwohl fühlt. »Ich bin dir dankbar für deine Hilfe.«
    Ich presse die Zähne aufeinander. In ungefähr einer Stunde wird es dunkel und nun ist da zu allem Übel auch noch eine verwundete Fremde, um die ich mich kümmern muss.
    Nach einer Weile stehe ich auf und gehe zu Tess und dem Mädchen hinüber. Irgendwo in der Ferne plärrt das Republikgelöbnis aus den Lautsprechern der Stadt. »Wir bleiben heute Nacht hier.« Ich sehe das Mädchen an. »Wie fühlst du dich?«
    »Ganz okay«, erwidert sie. Aber ich kann sehen, dass sie Schmerzen hat. Sie weiß nicht, was sie mit ihren Händen anfangen soll, und tastet immer wieder unbewusst nach ihrer Wunde. Ich verspüre plötzlich den Drang, sie zu trösten.
    »Warum habt ihr mich gerettet?«, fragt sie.
    Ich schnaube. »Keine Ahnung. Immerhin hast du mich um tausend Noten gebracht.«
    Zum ersten Mal lächelt sie, aber in ihrem Blick liegt eine stete Wachsamkeit. Es wirkt, als würde sie jedes meiner Worte in sich aufnehmen und gründlich analysieren. Sie traut mir nicht.
    »Du wettest ziemlich hoch, was? Tut mir leid. Sie hat mich echt wütend gemacht.« Sie setzt sich anders hin. »Ich nehme mal an, Kaede war keine Freundin von dir?«
    »Sie ist Barkeeperin in der Gegend zwischen Alta und Winter. Ich habe sie erst vor Kurzem kennengelernt.«
    Tess lacht und wirft mir einen Blick

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