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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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dem Mann, der die Wetten organisiert - ein großer, bulliger Typ -, das Geld. Wir haben eintausend Noten, fast unsere gesamten Ersparnisse, auf Kaede gesetzt.
    Der Kampf dauert noch nicht mal eine Minute. Kaede greift schnell und hart an, stürzt sich auf ihre Gegnerin und versetzt ihr einen brutalen Schlag ins Gesicht. Das Mädchen gerät ins Taumeln. Kaede spielt mit ihr wie eine Katze mit ihrem Fressen, bevor sie das nächste Mal ausholt. Die Herausforderin geht zu Boden, wo sie mit dem Kopf auf den Zement schlägt und benommen liegen bleibt. Sieg durch K. o. Die Menge jubelt und ein paar Leute helfen dem stolpernden Mädchen aus dem Ring. Ich tausche ein kurzes Lächeln mit Tess, die unseren Gewinn in Empfang nimmt und in ihren Beutel stopft.
    Fünfzehnhundert Noten. Ich schlucke und ermahne mich, nicht allzu enthusiastisch zu sein. Ein weiterer Schritt in Richtung einer Flasche Seuchenmedizin.
    Ich wende mich wieder der lärmenden Menge zu. Kaede streicht sich durchs Haar und wirft sich übertrieben in Pose, bis das Publikum tobt. »Wer will als Nächste?«
    Die Menge antwortet mit einem Sprechchor. »Wählen! Wählen!«
    Kaede blickt sich langsam um, schüttelt mal den Kopf oder legt ihn abschätzend schräg. Mein Blick liegt auf Tess. Sie steht auf Zehenspitzen hinter ein paar größeren Leuten und versucht, etwas zu sehen. Dann tippt sie ihnen vorsichtig auf die Schultern, sagt etwas und drängt sich an ihnen vorbei. Ich beiße die Zähne zusammen, während ich sie beobachte. Das nächste Mal gehe ich mit. Dann kann sie auf meinen Schultern sitzen und endlich mal was von den Kämpfen mitbekommen, anstatt ungewollt die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Eine Sekunde später setze ich mich kerzengerade auf. Tess hat sich an einem der größeren Zuschauer vorbeigedrängelt. Der schimpft wütend drauflos, und bevor Tess sich entschuldigen kann, sehe ich, wie er sie mit einem groben Schubser mitten in den Ring befördert. Sie stolpert und die Menge johlt vor Lachen.
    Ärger wallt in mir auf.
    Kaede scheint das Ganze ziemlich amüsant zu finden. »Willst du mich vielleicht herausfordern, Kleine?«, ruft sie. Auf ihrem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus. »Dürfte witzig werden.« Tess blickt sich verwirrt um. Sie versucht, wieder in der Menge zu verschwinden, aber die Leute lassen sie nicht durch. Als ich sehe, wie Kaede in Tess’ Richtung nickt, springe ich auf die Füße. Diese blöde Kuh hat tatsächlich vor, Tess zu wählen.
    Verdammt, nein! Nicht, solange ich hier bin. Nicht, wenn Kaede ihr Leben lieb ist.
    Plötzlich ertönt unten im Hof eine Stimme. Ich bleibe stehen. Ein Mädchen hat sich bis zum Ring durchgekämpft und starrt Kaede an. Sie hebt die Augenbrauen. »Sieht mir nicht nach einem fairen Kampf aus!«, ruft sie.
    Kaede lacht. Einen Moment lang herrscht absolute Stille.
    Dann ruft Kaede zurück: »Was glaubst du eigentlich, wer du bist, so mit mir zu reden? Meinst du vielleicht, du wärst besser?« Sie deutet mit dem Finger auf das Mädchen und die Zuschauer johlen auf. Ich sehe, wie Tess in die Menge flüchtet. Dieses neue Mädchen hat ihren Platz eingenommen, ob nun mit Absicht oder nicht.
    Ich seufze erleichtert auf. Als ich mich ein bisschen beruhigt habe, mustere ich Kaedes neue Gegnerin genauer.
    Sie ist nicht viel größer als Tess und definitiv leichter als Kaede. Einen Moment lang wirkt es, als habe die Aufmerksamkeit des Publikums sie verunsichert, und ich bin kurz davor, sie als ernst zu nehmende Herausforderin zu streichen, dann aber sehe ich noch einmal genauer hin. Nein, dieses Mädchen ist kein bisschen wie seine Vorgängerin. Sie zögert nicht, weil sie Angst vor dem Kampf hat oder davor, ihn zu verlieren, sondern weil sie nachdenkt. Kalkuliert. Sie hat dunkle, zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebundene Haare und eine schlanke, athletische Figur. Ihre Haltung wirkt konzentriert, eine Hand in die Hüfte gestemmt, so als könnte nichts auf der Welt sie aus der Ruhe bringen. Ich bemerke, wie ich einen Moment innehalte, um ihr Gesicht zu bewundern.
    Für einen kurzen Augenblick vergesse ich alles um mich herum.
    Das Mädchen blickt Kaede an und schüttelt den Kopf. Die nächste Überraschung - ich habe noch nie erlebt, dass jemand den Kampf verweigert. Jeder kennt die Regeln: Wenn die Wahl auf dich fällt, musst du kämpfen. Dieses Mädchen aber scheint keine Angst vor dem Zorn der Menge zu haben. Kaede lacht und sagt etwas, das ich nicht verstehe. Tess aber hat es gehört und

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