Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
Vom Netzwerk:
lassen Sie Ihr Mikrofon aber nicht noch einmal ausgeschaltet, ist das klar?«
    »In Ordnung.«
    »Haben Sie schon etwas herausgefunden?«
    Ich werfe einen Blick nach oben, wo die Beine des Jungen über die Kante des Gebäudes baumeln. »Bin nicht ganz sicher. Ein Junge und ein Mädchen haben mich aus dem Skiz-Chaos gerettet. Das Mädchen hat meine Wunde verbunden. Ich werde noch eine Weile bei ihnen bleiben, bis ich wieder besser laufen kann.«
    »Besser laufen ?« Thomas’ Stimme wird lauter. »Von welcher Art Verletzung reden wir denn hier?«
    »Nur eine Stichwunde. Keine große Sache.« Thomas gibt einen erstickten Laut von sich, aber ich ignoriere ihn und rede weiter. »Aber darum geht es jetzt nicht. Der Junge hat eine nette kleine Staubbombe gebaut, um uns vor der Meute in Sicherheit zu bringen. Er scheint ziemlich geschickt in solchen Sachen zu sein. Ich weiß nicht, wer er ist, aber ich werde versuchen, an weitere Informationen zu kommen.«
    »Glauben Sie, er ist Day?«, fragt Thomas. »Obwohl Day mir nicht der Typ Straßenjunge zu sein scheint, der mit Vorliebe Leute rettet.«
    Bei den meisten von Days bisherigen Verbrechen ging es darum, Menschen zu retten. Nur bei Metias nicht. Ich hole tief Luft. »Nein, das glaube ich nicht.« Dann senke ich die Stimme, bis sie kaum mehr als ein Flüstern ist. Wahrscheinlich ist es am klügsten, Thomas nicht an meinen wilden Spekulationen teilhaben zu lassen, damit er keine voreiligen Schlüsse zieht und mir ein Bataillon Soldaten vorbeischickt. Commander Jameson würde mich achtkantig aus ihrer Einheit werfen, wenn wir etwas derartig Kostspieliges veranlassen würden und dann nichts dabei herauskäme. Außerdem haben mich Tess und ihr namenloser Freund aus ziemlich ernsthaften Schwierigkeiten gerettet. »Aber sie könnten etwas über Day wissen.«
    Thomas schweigt einen Moment. Ich höre Geräusche im Hintergrund, statisches Rauschen und dann gedämpfte Stimmen - Thomas und Commander Jameson. Wahrscheinlich erzählt er ihr von meiner Verletzung und will wissen, ob es verantwortbar ist, mich noch länger allein hier draußen zu lassen. Ich stoße einen ungeduldigen Seufzer aus. Als wäre ich noch nie zuvor verletzt worden.
    Nach ein paar Minuten kommt Thomas wieder ans Mikrofon. »In Ordnung, aber seien Sie vorsichtig, ja?« Er hält einen Moment inne. »Commander Jameson sagt, dass wir die Mission fortsetzen, solange Ihre Verletzung Sie nicht zu sehr beeinträchtigt. Sie hat im Moment sehr viel mit ihrer Einheit zu tun. Aber ich warne Sie. Wenn Ihr Mikrofon noch einmal so lange auf off geht, schicke ich Soldaten los - egal, ob Ihre Tarnung dann auffliegt oder nicht. Haben Sie mich verstanden?«
    Ich kann nur mit Mühe meinen Ärger zurückhalten. Commander Jameson glaubt nicht daran, dass ich mit dieser Mission irgendetwas erreiche, ihr mangelndes Interesse ist in jedem von Thomas’ Worten zu spüren. Und was Thomas betrifft ... er ist selten so streng mit mir. Ich kann nur erahnen, wie aufreibend die letzten Stunden für ihn gewesen sein müssen. »Ja, Sir«, bestätige ich. Als er nichts mehr erwidert, sehe ich wieder zu dem Jungen hoch. Ich nehme mir fest vor, ihn im Auge zu behalten und mich nicht von meiner Verletzung ablenken zu lassen.
    Ich stecke den Anhänger zurück in meine Tasche und stehe auf.

    Den ganzen Tag über beobachte ich meinen Retter, während ich ihm durch den Alta-Sektor von Los Angeles folge. Ich nehme jedes noch so kleine Detail in mir auf, egal, wie unwichtig es scheint.
    Zum Beispiel schont er beim Laufen ein Bein. Das Humpeln ist so unauffällig, dass ich es gar nicht bemerke, wenn er neben Tess und mir läuft. Ich sehe es nur, wenn er sich hinsetzt oder aufsteht - ein winziges Zögern, bevor er das Knie beugt. Entweder ist es eine ernsthafte Verletzung, die nie ganz verheilt ist, oder eine unbedeutende, die er sich erst kürzlich zugezogen hat. Womöglich bei einem schlimmen Sturz.
    Und das ist nicht seine einzige Verletzung. Hin und wieder zuckt er zusammen, wenn er seinen Arm bewegt. Nachdem ich das ein paarmal beobachtet habe, wird mir klar, dass er eine Wunde am Oberarm haben muss, die sich schmerzhaft dehnt, wenn er den Arm zu weit ausstreckt.
    Sein Gesicht ist vollkommen symmetrisch, eine Mischung aus angloamerikanisch und asiatisch, und unter all dem Schmutz geradezu schön. Sein rechtes Auge ist einen Tick heller als sein linkes. Zunächst halte ich es für eine Täuschung des Lichts, dann aber fällt es mir erneut auf, als wir

Weitere Kostenlose Bücher