Legenden d. Albae (epub)
Draan.
»Du hast mich vergessen«, flüsterte eine Frau in sein Ohr, und als er sich umwandte, stand die verbrannte Obboona hinter ihm.
Ehe er die Arme zur Abwehr zu heben vermochte, versetzte sie ihm mit beiden Händen einen Stoß gegen die Brust, und Caphalor stürzte rücklings über die Brüstung.
Der Alb fiel schreiend vom Beinturm, raste vorbei an den Knochen, aus denen das Gebäude errichtet worden war, schrie und schrie … bis ihn jemand an den Schultern auffing. Sein freier Fall endete immer noch meilenhoch über der rufenden Menge, und der Wind umspielte ihn.
»Gebieter!«
Er wollte die Augen öffnen, doch die Lider schienen schwerer als Steine zu sein. Jemand rüttelte an seiner Schulter.
»Gebieter, wacht auf! Bitte! Sie suchen …« Dann schrie Raleeha schrill auf. Aus der Entfernung wieherte Sardaî.
Caphalor erwachte aus dem Dämmerschlaf und blickte sich um.
Die Sklavin wurde von zwei maskierten Gestalten gehalten; drei andere hatten dem Nachtmahr Seile um den Hals gelegt und versuchten, ihn zu bändigen, bevor er die Taue mit seinen scharfen Zähnen zerbiss.
Die Schatten unmittelbar vor sich bemerkte er um ein Haar zu spät. Sein Sehvermögen kehrte zurück, aber nur auf weite Entfernung. Drei Männer, die er verschwommen wahrnahm, standen unmittelbar vor ihm.
»Euer Tod heißt Caphalor.« Er sprang auf, zog die Kurzschwerter und schlug die Klingen gegeneinander, die daraufhin hell summten. »Ihr begingt den unverzeihlichen Fehler, Hand an meine Eigentümer zu legen. Niemand, der Verstand besitzt, versucht, einen Alb zu bestehlen.«
Die Räuber blieben auf ein Zeichen ihres Anführers stehen. Zwar waren ihre Mienen durch die Halstücher vor Mund und Nase nicht genau zu erkennen, doch die Augen verrieten Furcht. Barbaren, dazu noch von ihren eigenen Leuten verstoßene Barbaren. »Wir hielten Euch für tot, Alb«, sagte er und bemühte sich um einen schmeichelnden Ton.
»Ich zeige euch gleich den Unterschied zwischen toten und lebenden Wesen.« Caphalor schleuderte ansatzlos seineKurzschwerter und rannte im nächsten Augenblick nach vorn. Fast gleichzeitig kam er bei den Menschen an und hielt seine langen Dolche in den Händen.
Die Schwerter durchbohrten den Anführer und den Mann zu seiner Rechten, Caphalor durchtrennte die Kehle des dritten.
Es sirrte.
Das Geräusch brachte Caphalor dazu, den Kopf nach hinten zu ziehen. Die Federn am Pfeilschaft streiften seine Nase, so dicht flog das Geschoss an ihm vorüber.
»Gebieter, Vorsicht!«, erreichte ihn Raleehas Schrei. »Einer muss bei Euch …«
Ein neuer Schemen stand vor ihm, schwang eine Waffe über dem Kopf und drosch mit einem Brüllen zu.
Caphalor wollte ihn Furcht schmecken lassen, doch da fuhr ein Blitz in seinen Schädel. Die Umgebung wurde hell, er roch wieder das frisch gebackene Brot und schmeckte Eisen im Mund. Seine Arme fielen kraftlos herab, und die Beine fühlten sich an, als seien sie aus Glas und würden gleich unter dem Gewicht seines Leibes splittern. Er hörte es sogar schon knistern!
Das Gift
!
Regungslos stand er da und wartete, dass sie barsten.
Der Feind vor ihm erschien als leuchtendes Wesen, das in seinem Angriff stockte. »Was ist denn jetzt mit dem Schwarzauge?«, fragte er lachend.
»Warte nicht lange«, wurde er angeschrien. »Schlag zu, ehe er zu sich kommt.«
Wieder erklang das aufgeregte Wiehern des Hengstes. Das Donnern von Hufen näherte sich, und die Räuber brüllten durcheinander.
Caphalors Sicht normalisierte sich, und er starrte auf die blinde, blutverschmierte Sklavin, die nach ihm suchte, ihn jedoch um viele Schritte verfehlen würde.
Wieso ist sie frei
?
Er brachte kein Wort hervor. Er wusste, was mit ihm geschah: Das Gift der Alchemikanten war gerade dabei, ihn in diesem Wald zutöten. Möglicherweise hatte die Anstrengung des Kampfes die Wirkstoffe angeregt.
Dann fiel ihm die Stille auf, die plötzlich im Wald herrschte. Vor ihm erschien ein vertrautes und zugleich besorgtes Albgesicht. »Caphalor! Da gehe ich einmal ohne dich auf die Jagd …«
Aïsolon
!
Die Stimme des Freundes wurde leiser, dann vermochte Caphalor nichts mehr zu denken.
Seine Wahrnehmung setzte aus.
XI
Nagsar und Nagsor Inàste sahen, dass ihr Reich gut und gelungen war.
Doch fehlte ihnen ein Bauwerk, das ihren Triumph über alle Völker zur Schau stellte und ihrem Machtanspruch gerecht wurde.
So ließen sie im Mittelpunkt des Kraters einen Berg errichten, und diesen Berg versahen sie mit
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