Legenden d. Albae (epub)
Ernennung überreicht
!
Sinthoras erschauderte, er war zutiefst bewegt und sah den Sieg am Südpass bereits vor seinem inneren Auge. Er brachte kein Wort hervor und verneigte sich tief.
Wieder wurde sein Vergnügen geschmälert, denn ein zweiter Handschuh, der ebenso ein Pergament und das Abzeichen des Nostàroi hielt, schwebte nun vor Caphalor. Der Hochstapler hatte die gleiche Ehre erlangt.
Sinthoras sah, dass die blinden Diener aufmarschierten, um sie hinauszugeleiten.
Keine Segnung. Was, bei Tion, muss ich tun, damit sie mir endlich zuteilwird
?
Ein weiterer Dämpfer … Zwar waren beide Nostàroi, aber Caphalor besaß durch die Segnung einen entscheidenden Vorteil, gerade wenn es um die Moral derTruppen ging. Man folgte einem gesegneten Helden lieber als einem einfachen Helden. In Gedanken und einem Anflug von Trübsal versunken, nahm Sinthoras beim Hinausgehen nichts von seiner Umgebung wahr. Er ließ sich von den Dienern führen.
Bald danach standen sie vor dem Ausgang, im Abendwind, der ihnen vereinzelte Blütenblätter zutrug.
Dsôns Bewohner waren gegangen, niemand erwartete sie – außer den zehn schwer gerüsteten Kriegern, die auf der mittleren Ebene der Stufen zum Beinturm Aufstellung genommen hatten. Die neue Leibwache für ihn, Sinthoras.
Er war erleichtert, seine Ruhe zu haben. Die Anspannung fiel von ihm ab, Müdigkeit und Enttäuschung packten ihn, raubten ihm seine Kraft und machten die Lider bleischwer. Er sehnte sich nach seinem Bett, seinem Haus.
»Ah, sehr gut. Meine Männer sind schon da.« Caphalor steckte sich sein Abzeichen am Kragen fest. »Glückwunsch, Nostàroi«, sagte er. »Scheint, als würden deine Träume in Erfüllung gehen. Zu einem Held bist du bereits geworden. Wenn wir nach Tark Draan aufbrechen, wirst du zum größten aller Helden werden.«
»Was ich mit dir teilen muss.« Sinthoras zog die Schultern hoch und betrachtete den Krater. Alles war besser, als seinen Rivalen anschauen zu müssen.
»Ich halte mich zurück und überlasse dir gern die Aufmerksamkeit.« Caphalor schien bester Laune zu sein. »Wir reiten zu dir, nehme ich an?« Fast beschwingt schritt er die Stufen hinab.
Sinthoras sah ihm hinterher. Er konnte sich der Anordnung der Unauslöschlichen nicht widersetzen und den Schutz ablehnen. Die Leibwache ergab Sinn. Doch die Vorstellung, Caphalor ständig um sich zu haben und ihm nicht entkommen zu können, machte ihn schier wahnsinnig. Da kam ihm ein Gedanke.
Das herrschaftliche Geschwisterpaar hat mit Caphalors totaler Auslöschung gedroht, wenn ich sterben sollte. Das lässt sich doch arrangieren,
sagte er sich. Ein zartes, böses Lächeln ließ seine Mundwinkel nach oben wandern.
Ich kann lange genug für tot gehalten werden, um ihn und all seine Verwandten sterben zu lassen. Danach tauche ich wieder auf.
Er zog die Handschuhe fester, heftete sich sein Abzeichen an. Jetzt fühlte er sich besser. »Nein. Verbringen wir eine Nacht in Dsôn. Wir schlafen bei Freunden, die ich hier habe. Im Gegensatz zu dir, Gesegneter. Ist das nicht ein herrlicher Widerspruch: gesegnet und freundeslos?!«
»Ich hörte, dass niemand in Dsôn Freunde hat«, konterte Caphalor grinsend. »Nur Feinde, die sich als Freunde ausgeben.«
Sinthoras lachte. »So ungewohnt schlagfertig, Gesegneter. Heute sollten wir feiern, und morgen senden wir die Befehle an die Vasallen und beginnen bald mit der Heerschau.«
»So machen wir es.« Caphalor stand bei der Leibgarde und inspizierte sie, danach gingen sie die Treppe weiter hinab, bis sie bei den Tieren angelangt waren.
Sinthoras schwang sich auf den Nachtmahr, Caphalor ritt auf Sardaî an seiner Seite, und die Garde flankierte sie. Er fühlte sich jetzt schon außerordentlich mächtig. Mit einem hatte sein Kontrahent recht: Seine Träume würden in Erfüllung gehen.
Aber ohne Caphalor.
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Dsôn (Sternenauge), 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Spätsommer
Raleeha sah ihren einstigen und ihren derzeitigen Gebieter nicht, aber sie vernahm die überschwängliche Freude in den Stimmenum sie herum.
Welche Kraft
!
Die Luft bebte, schwang vor Energie, was sie sehr wohl fühlte.
Ihres Augenlichtes beraubt, waren ihre verbliebenen Sinne umso empfindsamer. Die Albae riefen die Namen der zurückgekehrten Helden gemeinsam, gebetartig. Verschiedenste Instrumente erklangen fremd und unheimlich, dennoch übereinstimmend und vereinten die Töne in einem gewaltigen
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