Legenden d. Albae (epub)
meine Unsterblichkeit darauf setzen würde. Sie möchten sich vor uns beweisen. Ehrgeiz war immer ein starker Ansporn. Ehrgeiz und Feindschaft.«
»Was ist mit der Liebe?«, erwiderte er lächelnd. »Weder hasse ich dich, noch möchte ich deine Feindschaft, noch fühle ich mich herausgefordert, in irgendetwas besser zu sein als du, mein leuchtender Stern.«
Die Albin lachte lockend und bot ihm ihre rechte Hand. Er eilte zu ihr, umschloss ihre Finger und zog sie an sich. Gemeinsam blickten sie auf das Dämonenland hinab. »Ja, die Liebe hätte ich beinahe vergessen. Denn sie existiert in ihrer wahren Form nur zwischen uns«, raunte sie und streichelte sein glattes, zartes Kinn. »Zwischen Bruder und Schwester.« Sie drehte seinen Kopf herum und küsste ihn leidenschaftlich.
Er erwiderte ihre Zärtlichkeit. »Wann schenkst du mir endlich ein Kind?«, flüsterte er aufgeregt, berauscht von ihr und ihrem Atem. »Einen Sintoìt.«
Sie senkte traurig den Kopf. »Das bestimme nicht ich, Geliebter. Weder Tränke noch Tinkturen haben etwas ausrichten können. Wir müssen warten.«
Nagsor küsste ihre Stirn, strich über den Schopf und schloss die Lider. Warten. Unendlich warten. Welche Folter.
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Lar Too (Niemandsland), nahe der Grenze zum Reich der Fflecx, 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Sommer
Sinthoras hielt auf einem Hügel an und betrachtete die bunt gestrichenen Holzpalisaden, die sich in einer Meile Entfernung vor ihm zu beiden Seiten ausbreiteten. Ein äußerst merkwürdiger Anblick inmitten des trockenen, fahlen Grases.
Sie mussten fünf Schritt hoch sein. Immer wieder waren Klappen in unterschiedlicher Höhe eingelassen worden, durch welche die Verteidiger Geschosse schleudern konnten. Der Farbenrausch an den dicken, langen Baumstämmen mochte ahnungslose Wanderer zu der Vermutung verleiten, dass sich dahinter ein sehr vergnügliches, freundliches Königreich erstreckte. Fehlten nur noch die Zuckerstangen und kandierten Früchte nach Art der Barbaren, welche an langen Fäden herabhingen.
Der Eindruck täuschte gründlich.
Hinter den Palisaden begann das Land der schwarzen Gnome, der Alchemikanten, deren Mischkunst, was Gifte anging, nur durch ihre Niedertracht und Bosheit überboten wurde.
Sinthoras sah zum Eingangstor, das in schreiendem Grün gestrichen worden war. Er nahm sein Fernrohr und betrachtete die Inschrift darauf.
»Sprich Freund oder Feind – und tritt ein. Es spielt keine Rolle, wir töten alle«, las er halblaut. Es war der verquere, fast wahnsinnige Humor, mit dem sich die Fflecx einen zusätzlichen Schreckensnamen gemacht hatten. Sie hielten sich an das, was sie auf ihre Tore schrieben. Aber sie entlohnten Einfallsreichtum.
»Nun denn«, sagte er zu dem unruhigen Nachtmahr, dessen Ohren sich hin und her drehten. Die glutroten Augen waren auf die Palisade gerichtet. »Wollen wir sehen, ob wir mit ihnen ins Geschäft kommen.« Er trat mit den Fersen leicht in die Flanken des Tieres, und der Hengst trabte los.
Überbordende Zuversicht ritt mit ihm. Alles lief nach Plan. Er hatte den erfreulich naiven Caphalor in Dsôn zurückgelassen und sich einen passablen Vorsprung herausgearbeitet. Damit sollte er vor dem anmaßenden Alb bei dem Nebelwesen ankommen und die Verhandlungen aufnehmen. Und danach würde der Feldzug gegen die Elben beginnen!
Sinthoras näherte sich gemächlich dem bunten Hindernis.
Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht, dass die Unauslöschlichen Tark Draan attackieren wollten. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Aber die Gelegenheit musste genutzt werden.
Es hatte immer wieder Versuche gegeben, die Barriere der Unterirdischen zu umgehen. Doch sein Volk scheiterte zum einen an den Gebirgen. Der Zwergengott schien die Bergmaden zu schützen und ließ die Stollen, welche die Albae gruben, einstürzen, mit Wasser oder glühendem Stein volllaufen. Oder aber Schlagwetter zerfetzten die Sklaven und Maschinen. Selbst Wanderungen über die Grate hatten zu viele Verluste gefordert, und so blieb ihnen nichts anderes als die Hoffnung, die Pforte des Steinernen Torwegs zu erobern.
Das Land jenseits des Portals war offenbar leichte Beute. Sinthoras selbst hatte des Öfteren Kaufleute aufgegriffen, die aus Tark Draan stammten, und sie nach allen Regeln der albischen Kunst verhört. Die Barbarenheere kannten dank dem Schutz der Unterirdischen keine Herausforderungen. Verweichlichte Völker, ganz nach dem Gefallen der Spitzohren, die
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