Legenden d. Albae (epub)
die Luft noch schlechter wurde. Das kleine Petroleumrinnsal am Boden spendete ihnen Licht. Als sie fertig waren, setzten sie sich, teilten sich Wasser aus Caphalors Trinkflasche und lauschten den Einschlägen. Der Beschuss dauerte noch immer an, aber die Felsbrocken gingen nicht mehr in ihrer Nähe nieder.
Es wurde wärmer und stickiger, Sinthoras schwitzte allmählich. Der Hengst schnaubte unentwegt, alle Beruhigungsversuche von Caphalor fruchteten nicht. Raleeha wagte es nicht, das Wort an sie zu richten.
Sinthoras nutzte die Gelegenheit und überprüfte seinen Rucksack. Das Pergament hatte ein Loch, war aber nicht verbrannt, die Krone unversehrt. Ein Stechen in seiner rechten Hand brachte ihn zum Aufkeuchen. Seine Finger kribbelten und verloren für mehrere Herzschläge ihre Kraft. Vorboten des Gnomengiftes!
»Alles bestens«, meldete er. »Hast du den Kopf der Missgeburt?«
»Nein.«
»Was
?«
Sinthoras sprang auf die Füße, hielt den Rucksack anklagend nach vorn. »Wir sollten Munumon den Kopf bringen!«
»Es blieb keine Zeit.«
»Aber das war die dritte Voraussetzung, um an das Gegenmittel zu gelangen!«
»Wir mussten aus der Festung flüchten, weil ich allein gegen diese Übermacht nichts ausgerichtet hätte«, gab Caphalor schneidend zurück. »Mit deiner Hilfe konnte ich ja nicht rechnen.«
»Machst du mir einen Vorwurf dafür, dass ich den Zhadar getötet habe?«, gab er beißend zurück. »Du trägst die Schuld, dass wir uns seinen Kopf nicht nahmen!«
»Weil ich mich um dich kümmern musste. Wir werden Munumon schon überreden können.« Caphalor klang sehr zuversichtlich.
»Der Gålran Zhadar lag tot in der Ecke! Wie konntest du …«
»Hör auf!« Caphalor warf ihm einen eisigen Blick zu. »Es gab keine andere Möglichkeit, um uns zu retten. Nicht zuletzt wegen deines Zustands. Jedes Quäntchen Zeit mehr wäre unser Verhängnis geworden!«
»Nur weil du ständig dem Tod entrinnst, muss es nicht zwangsläufig damit weitergehen«, gab Sinthoras ätzend zurück und warf den Rucksack zu Boden. Er würde sich die Schuld nicht in die Stiefel schieben lassen. »Was tun wir, wenn Munumon sich nicht auf das einlässt, was wir ihm bieten?«
»Er
wird
darauf eingehen.«
»Darauf verlasse ich mich nicht.« Es kostete ihn nicht viel Zeit, um zu entscheiden, was das Beste für ihn war. »Nimm du den Rucksack und krieche zum hässlichsten aller Gnome. Ich selbst werde mich zum Dämon aufmachen.« Er musste husten.
Caphalor starrte ihn an. »Hat dir die Magie den Verstand genommen? Du trägst ein Gift in dir, das dich auf halbem Weg verrecken lässt.«
»Es ist nicht gesagt, dass das Gift tödlich wirkt«, widersprach er trotzig und laut, um seine eigenen Zweifel zu übertönen. »Munumon könnte uns belogen haben. Und er könnte dich und mich ebenso töten lassen, wenn wir das Pergament, das beschädigt ist, und seine Krone ohne den Kopf anschleppen. Du wirst nicht mit einhundert Gnomen fertig, trotz deiner Segnung. So viele Pfeile besitzt du nicht. Sie werden sich auf dich stürzen und dein Blut zu Gift machen.« Er legte den Speer quer über die Knie. »Nicht mit mir. Sobald der Feuersturm vor der Höhle nicht länger tobt und die Erde abgekühlt ist, werde ich nach Nordwesten gehen.«
»Dann trennen sich unsere Wege hier«, sagte Caphalor besonnen. Er versuchte nicht, ihn umzustimmen. »Deine Entscheidung wird dich dein Leben kosten. Aber ich werde deinen Leichnam bestatten, wenn ich später an ihm vorbeiziehe.«
Sinthoras konnte ein Zusammenzucken nicht verhindern, als die Obboona urplötzlich aufstöhnte und sich mit bebenden Armen in die Höhe stemmte.
Sie ächzte und betrachtete ihre verbrannten Hände, betastete damit ihr Gesicht und schrie auf. Die falschen Ohren zerfielen unter ihren Fingern zu Asche. Krächzend um Wasser bittend, erhob sie sich und schwankte unkontrolliert umher.
»Ah, sieh an! Sollten die Götter mit dir sein, Caphalor, wirst du die Fleischdiebin dazu bringen können, dir das Pergament doch noch auszubessern. Falls sie die Feder zu halten vermag«, lautete seine spöttische Bemerkung. »Das reinigende Feuer hat dir deine alte Haut zurückgegeben, Obboona. Du wirst nicht erwarten, dass einer von uns Mitleid empfindet?« Er schob sie mit dem stumpfen Ende seiner erbeuteten Waffe von sich, damit sie ihn nicht berührte. Neben Raleehas Trinkbeutel fiel sie nieder; gierig riss sie ihn an sich und sog das Wasser in sich hinein. Dabei vergoss sie Tränen des
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