Legenden d. Albae (epub)
nicht wieder in ein Gefecht verwickelt werden. Munumon und das Gegengift warteten.
Kaum dachte er an das Gift, bildete er sich ein, dass seine Sehkraft mehrere Atemzüge lang nachließ und er das Gefühl in den Händen verlor. Schnell bewegte er die Finger und rieb sich die Augen. Alles war wieder wie zuvor. »Sie werden uns nicht einholen. Sie haben keine Reittiere und sind mindestens eine Meile hinter uns.« Caphalor wendete den Nachtmahr und ließ ihn imSchritt gehen.
Die Sklavin führte er an einem Strick hinter sich her. Er traute Raleeha durchaus zu, dass die Verzweiflung sie dazu anspornte, ihrem alten Gebieter zu folgen. Deswegen der Strick. Er betrachtete sie nach wie vor als zu wertvoll, um sie in Ishím Voróo umkommen zu lassen. Sie hatte ein paar Abschürfungen am linken Arm und der Schulter, die von den herabgestürzten Steinen in der Höhle stammten. Und sie hustete viel, eine Nachwirkung des Rauchs.
Die Fleischdiebin humpelte stöhnend und ächzend hinterdrein, weil es nichts gab, worauf sie hätte reiten können. Die vierbeinige, hässliche Kreatur mit dem unaussprechlichen Namen, die Sinthoras von den Fflecx zum Reisen überlassen worden war, hatte das Feuer nicht überstanden.
Noch immer fielen die Tropfen unentwegt aus den grauen Wolken. Sie wuschen die verbrannte Haut von Karjuna herab und kühlten ihre Wunden, die sie vom Sprung durch die Flammen erlitten hatte. Töten konnte Caphalor sie noch nicht, so gern er es längst getan hätte. Erst musste sie das Pergament vervollständigt haben.
Gedanken machte er sich um die Begrüßung durch die Gnome. Sinthoras’ Worte enthielten Wahres: Die gestellte Aufgabe war nicht erfüllt worden. Aber der König erhielt wenigstens seine vermissten Gegenstände wieder. Das sollte ihm das Gegengift wert sein.
Dennoch beabsichtigte Caphalor, Vorkehrungen zu treffen. Er würde ein Teil des Pergaments abtrennen und behaupten, es versteckt zu haben. Sobald er das Gnomengebiet passiert hätte, würde er es an einen Gnom übergeben, nicht vorher.
Wieder spürte er ein Reißen in der Brust, gefolgt von einem Druck, der ihn glauben ließ, ersticken zu müssen. Er zwang sich zu einem befreienden Husten, und die Luft strömte wieder in ihn hinein. Das Gift meldete sich öfter, als es ihm lieb war. Er ließSardaî schneller laufen und achtete nicht auf die protestierenden Rufe der beiden Frauen.
Caphalor überlegte, was er ausrichten konnte, wenn Munumon sich nicht beschwichtigen ließ und ihm das Gegenmittel vorenthielt. Der König würde sich gewiss mit irgendetwas locken lassen.
Die Obboona böte sich als Tauschobjekt an. Oder er fertigte ihm ein Instrument an, eine Knochen- und Schädelflöte, vielleicht aus den Gebeinen der Fleischdiebin. Frische Gebeine wurden gewöhnlich nicht für Instrumente benutzt, weil sie weder gut klangen noch gereift waren, aber für Munumon wären sie gut genug.
Fflecx waren Gnomartige, und diese alberne Rasse ließ sich am besten mit Neugier ködern. Caphalor würde sich noch eine dümmliche Geschichte zu der Flöte ausdenken, und Munumon würde nicht anders können, als ihm das Gegenmittel zu überlassen.
Es ärgerte ihn, dass er die Fflecx nicht einfach töten konnte. Ausschließen wollte er die Variante allerdings nicht, je nach seiner eigenen Verfassung und den Möglichkeiten, die sich ihm boten. Diese Lösung gefiel ihm noch am besten: Munumon und sein Hofstaat tot zu seinen Füßen und er im Besitz des Gegengifts.
Caphalor wischte sich Wasser aus den Augen. Er dachte an Sinthoras, der mit seinem Alleingang bewiesen hatte, wie er wirklich war: rücksichtslos und auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Nicht ein Blinzeln lang glaubte er, dass der Alb aus hehren Absichten aufgebrochen war. Der eigene Vorteil hatte ihn aus der Höhle getrieben und hoffentlich direkt in die Arme der Endlichkeit.
Er sah nach hinten, wo die beiden Frauen liefen, und erkannte, dass sie nicht mehr lange durchhalten würden. Der Gang durch den Matsch raubte ihnen schnell die Kraft. Doch sie kamen einfach zu langsam voran. Am Ende würden sie die Leute des Gålran Zhadar mit ihren Hunden doch noch im Nacken haben.
Als sie unterwegs einem Fflecx begegneten, der ein Gespann mit zwei kleinen Ponys lenkte, zögerte Caphalor nicht lange. Er zwang ihn mit einer wohldosierten Portion Furcht, die beiden Frauen mitfahren zu lassen und sich seinem Willen zu fügen.
Von nun an gestaltete sich die Rückkehr an Munumons Hof etwas schneller. Gegen Abend mussten
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