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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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würden, war der erste Tag des Jahres 1855 ein Tag zum Feiern, auf den man sich voller Hoffnung freuen konnte. Schüchtern hatten sie die Glückwünsche entgegengenommen, und ein jeder war wieder an seine Arbeit gegangen, damit Ruby sich noch persönlich von ihren Eltern verabschieden konnte.
    »Ich bin froh, dass es zu einer Lösung gekommen ist«, sagte Niall. »Jetzt kann ich leichten Herzens nach Hause fahren und dafür sorgen, dass deine Scheidung reibungslos über die Bühne geht.« Er klopfte auf seine Tasche, in die er den Brief gesteckt hatte. »Ich werde einen der Jungen heraufschicken, um dir Bescheid zu geben, wenn es erledigt ist.«
    Amy kam aus Rubys Schlafzimmer und wirkte verstört. »Ich dachte, ich räume noch auf, bevor ich gehe, und habe das hier unter deinem Kissen gefunden.« Sie errötete. »Ich wollte nichtherumstöbern, aber das sieht so wertvoll aus, dass man es nicht herumliegen lassen sollte.«
    Ruby runzelte die Stirn. »Die gehört mir nicht. James muss sie hiergelassen haben.« Sie nahm die Uhr und öffnete sie. »Du hast recht, Mum, sie ist wertvoll. Ich frage mich nur, warum er sie nicht mitgenommen hat?«
    Niall untersuchte sie genau. »Ein schönes Goldstück, das steht fest.« Seine Miene war nachdenklich. »James war offensichtlich vom Glück verlassen, doch statt das hier zu versetzen, hat er es lieber bei dir zurückgelassen. Warum wohl, was meinst du?«
    »Vielleicht wollte er Ruby für all die Jahre entlohnen, in denen er sie mit nichts zurückgelassen hat«, sagte Amy schroff.
    »Wahrscheinlicher ist, dass er sie gestohlen hat.« Rubys Worte hallten zwischen ihnen wider.
    »Ja, da könntest du recht haben«, brummte Niall. »Aber der Diebstahl eines solchen Gegenstands würde ein Geschrei verursachen.«
    »Er konnte sie nicht verkaufen und wollte nicht damit erwischt werden, also hat er sie hiergelassen.« Sie schaute ihren Vater an. »Nimm sie mit, Dad, und sieh zu, ob du feststellen kannst, wem sie gehört! Ich will nichts damit zu tun haben.«
    »Er war zuletzt in Eureka, sagst du?« Als sie nickte, nahm Niall die Uhr mit nach draußen, um sie in besserem Licht zu untersuchen. »Mir ist, als hätte ich den Mann gekannt – nein, nicht diesen Mann, aber jemanden, der ihm sehr ähnlich sah. Es liegt an dem Muttermal in seinem Gesicht …«
    »Was ist los, Niall?« Amy berührte seine Schulter, als er blass wurde.
    Mit gehetztem Blick starrte Niall in die Vergangenheit. »Es war am Tag des irischen Aufstands«, murmelte er vor sich hin. »Die Soldaten kamen, und wir wurden wie Weizen niedergemäht. Ich war noch ein Junge, halb verhungert und zu Tode erschrocken.« Er ließ den Kopf hängen; er war innerlich so aufgewühlt, dass seine Stimme brach. »Rings um mich herum waren Tote und Sterbende, aber die Soldaten kannten kein Erbarmen. Ein Mann war darunter, ein Soldat, der ähnliche Male wie diese im Gesicht hatte.« Er wisperte nur noch. »Ich schwöre, er war der Teufel in Person. Er hat die Verwundeten erschossen oder sie mit seinem Säbel durchbohrt und lachte dabei.«
    Ruby überlief ein Schauer, als ihr Vater fortfuhr: »Ich bin um mein Leben gerannt. Ich habe mich im Farnkraut versteckt und bin auf dem Bauch gerobbt, um von ihm fortzukommen, doch ich konnte ihn noch immer hin und her reiten und auf das Gestrüpp einschlagen hören, um mich zu finden und mich zu erstechen.«
    Ruby rannen Tränen über die Wangen, während sie sich mit ihrer Mutter an ihn klammerte. Sie hatte einen Teil der Geschichte ihres Vaters gehört, doch nicht in diesen drastischen Einzelheiten, und sie fragte sich, welche Schrecken er noch als kindlicher Sträfling durchgemacht hatte. »Aber er hat dich nicht gefunden«, schluchzte sie. »Du hast ihn zum Narren gehalten.«
    Niall klappte die Uhr zu, sein Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. »Ich wurde von anderen eingefangen und zur Strafe ausgepeitscht. Obwohl ich ihn nie wiedersah, werde ich mich immer an sein Gesicht erinnern.«
    »Aber warum sollte so ein Mann sein Porträt in eine Uhr malen lassen?«
    Niall befreite sich sanft und schien sich wieder zu fangen. Er steckte die Uhr in einen Handschuh und deponierte ihn in einer Innentasche. »Das ist ein Rätsel, das ich zu lösen gedenke«, sagte er, »und ich kenne einen Mann, der vielleicht die Antwort kennt.«
    Eureka, Victoria, Januar 1855
    Wochenlang war Hina im Gefängnis eingesperrt. Die Anhörung hatte keine Lösung gebracht, denn Roundhill war ebenso wenig aufzutreiben wie die

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