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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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fuhr Oliver ihn an. »Ich wäre dir dankbar, wenn du dich da raushalten würdest.« Mit diesen Worten entfernte er sich.
    Harry ließ ihn gehen. Es gab noch genug Gelegenheit zu reden, und das würden sie, denn Oliver bewegte sich auf gefährlichem Terrain und musste zur Vernunft gebracht werden, ehe es zu spät war.

Vier
    Hunter Valley, November 1849
    J essie betrachtete ehrfürchtig das endlose Panorama. So ein Tal hatte sie noch nie gesehen, und während sie weiter dahinzockelten, verglich sie es mit Cornwall. Sie war an sanfte Hügel gewöhnt, die zu engen Tälern mit mäandernden Flüssen abfielen, an windgepeitschte Felder, an Granitklippen, die sich aus tobender See erhoben, und an Moore in sanftem Grün, übersät von gelbem Stechginster. Aber das hier, das raubte ihr den Atem.
    Ferne Berge erhoben sich rauchblau vor einem strahlenden Himmel, endlose Reihen von Rebstöcken verschwanden am schillernden Horizont, und bronzefarbene Sandsteinklippen ragten aus Buchenwäldern empor. Abel hielt das Pferd an, und sie schnappte begeistert nach Luft, als eine Schar bunter Papageien auf die Bäume zuflog. Sie leuchteten in allen Regenbogenfarben.
    »Sie sind so schön«, hauchte sie.
    »Sie sind eine Pest«, sagte Abel. »Sie fressen alles, was sie sehen, und machen einen entsetzlichen Radau.«
    Das war ihr ein wenig zu harsch. Wie konnte man etwas so Schönes nur als Ärgernis betrachten? »Oh, schauen Sie nur, da drüben«, sagte sie aufgeregt, als sie einen kleinen Vogel mit einem überlangen Schwanz sah. »Was ist das?«
    »Ein blauer Zaunkönig.«
    »Wie niedlich!«, schwärmte sie.
    »Bösartige kleine Schw… Teufel. Andauernd kämpfen sie.«
    »Sind Sie darauf aus, mir die Freude zu verderben?«
    »Gefühlsduseleien haben hier draußen nichts verloren.« Erpaffte an seiner Pfeife, nahm die Zügel wieder auf und trieb das Pferd zum Schritt an. »Die Papageien fressen die Saat und die Früchte, die Kängurus und Wombats zertrampeln die Rebstöcke, und die süßen kleinen Zaunkönige richten nur Verwüstung an, wenn zweihundert von ihnen während der Reifezeit der Trauben auftauchen.«
    Jessie hatte darauf keine Antwort, und während sie beobachtete, wie die Papageien in der feierlichen Stille des schönen Tals mit donnernden Flügelschlägen und schrillem Geschrei aufstiegen, wurde ihr klar, dass sie ihre erste Lektion über die brutale Realität des Lebens hier draußen erhalten hatte.
    »Tut mir leid, Miss Searle. Ich wollte Ihnen die Freude nicht verderben.«
    Seine Entschuldigung war ehrlich gemeint, und sie schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln. »Ich kann ihre Schönheit dennoch bewundern, auch wenn sie ein Ärgernis sind.« Sie genoss die Aussicht. »Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es so … so riesig, so prächtig sein könnte.«
    Er strahlte vor Freude über ihr Lob. »Ja, es ist eine schöne Gegend, aber es hat harter Arbeit bedurft, sie sich untertan zu machen, und die Natur hat ihre eigene Art, sich zur Wehr zu setzen. Es ist ein ständiger Kampf.«
    »Das bezweifle ich nicht«, murmelte sie bei der Betrachtung der endlosen Weingärten, des fruchtbaren dunklen Bodens und der sauberen weiß getünchten Häuser mit ihren Wellblechdächern.
    Sie versanken in einvernehmlichem Schweigen, während sie weiter ins Tal vordrangen. Jessie verengte die Augen gegen das grelle Licht. Er war beinahe unerträglich heiß, und ihr Korsett scheuerte an den Stellen, an denen der Schweiß das Material tränkte. Sie hätte es gern abgelegt, aber das ging natürlich nicht – Mr. Lawrence wäre entsetzt, wenn seine neue Lehrerin halbbekleidet ankäme. Dennoch sehnte sie sich ebenso danach wie nacheiner Möglichkeit, sich zu waschen und umzuziehen, sich die Haare zu bürsten und sich wieder sauber zu fühlen.
    »Bald werden Sie die Mission sehen«, sagte Abel kurz darauf. »Den ersten Eindruck bekommen Sie, wenn wir diesen Pass hinter uns haben.« Er warf ihr einen kurzen Blick zu, und seine Augen zeigten Lachfältchen. »Es wird Ihnen gut gehen. Trotz seiner pingeligen Art ist Mr. Lawrence kein schlechter Kerl.«
    Trotz dieser Versicherung wurde Jessie erneut mulmig zumute. Sie hatte sich an Mr. Cruickshanks Gesellschaft gewöhnt, an die sich entfaltende Szenerie, doch nun, da die Reise dem Ende entgegenging, hatte sie das Gefühl, auf das Kommende überhaupt nicht vorbereitet zu sein.
    »Meinen Sie, wir könnten einen Halt einlegen?«, fragte sie, denn sie hatte einen Bach in der Nähe entdeckt. »Ich

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