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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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das Hässliche hingegen – wie diese Bartagame – als harmlos galt. Ob sie es jemals verstehen würde? Sie legte noch letzte Hand an ihre äußere Erscheinung, nahm ihre Tasche und kletterte auf den Sitz neben Abel. Ohne ein Wort oder einen Blick setzte er den Wagen in Bewegung.
    »Sie haben gefragt, ob ich gebissen wurde«, sagte sie kurz darauf. »Was haben Sie damit gemeint?«
    »Hier draußen gibt es Schlangen«, antwortete er, den Blickfest auf den Horizont gerichtet. »Auch Spinnen, und die meisten sind so giftig, dass ihr Biss tödlich ist. Wenn Sie genug Lärm machen, gehen Ihnen die Schlangen aus dem Weg, aber wenn Sie auf eine treten …«
    Jessie schauderte und schwor sich insgeheim, nie wieder durch hohes Gras zu laufen.
    »Schlangen halten sich am liebsten in einem Holzstapel auf, und Sie sollten immer Ihre Stiefel ausschütteln, bevor Sie sie anziehen, denn die Spinnen verkriechen sich gern darin.« Er warf ihr einen freundlichen Blick zu. »So schlimm ist es gar nicht. Halten Sie nur Ihre fünf Sinne beisammen, dann passiert Ihnen auch nichts!«
    Doch das beruhigte Jessie nicht. Das Leben hier draußen schien mit Gefahren und Schwierigkeiten verbunden zu sein, und eine starke Sehnsucht nach Cornwall überwältigte sie. Ungewollt kamen ihr die Tränen. Wütend über ihre Gefühlsduselei, blinzelte sie, um sie zu unterdrücken, und sie zwang sich, gefasst zu bleiben.
    »Da ist die Missionsstation«, sagte er ein paar Minuten später. »Wir sind fast zu Hause.«
    »Zu Hause« war eine gefühlvolle Formulierung, die in dieser Umgebung befremdlich wirkte. Jessie schaute auf die ausgedehnten Weinberge, die vor der dunklen Erde und dem strahlenden Himmel sehr grün wirkten. Sie erkannte ein Haus, das ein Teil des Berghangs zu sein schien, ein schlichtes Holzgebäude, das wahrscheinlich die Schule war, und ein zweites, viel kleineres Haus und die weiß getünchte Kirche mit einem bescheidenen Glockenturm. Eine große Scheune und zahlreiche Schuppen lagen weit verstreut, doch abgesehen von zwei Pferden auf einer Koppel gab es kaum ein Lebenszeichen. Dieser abgelegene Ort war ihre Zukunft, und obwohl seine Schönheit nicht zu leugnen war, kam sie nicht umhin, ihn mit den dicht belegten Katen und der engen Gemeinschaft des Fischerdorfes in Cornwall zu vergleichen, das sie weit hinter sich gelassen hatte.
    »Ich wohne etwa zehn Meilen in die Richtung«, sagte er und zeigte nach Westen.
    »Sind Sie der nächste Nachbar?« In ihrer Stimme lag eine Wehmut, die sie nicht verbergen konnte.
    »So ungefähr. Die Prestons wohnen neun Meilen entfernt, aber die meisten Winzer sind noch weiter über das Tal verteilt.«
    Jessies Mund war trocken, als sie sich den Gebäuden näherten. Sie stellte fest, dass außer den Scheunen alle Häuser auf Pfählen standen, und vermutete, dass sie auf diese Weise geschützt waren, wenn das Tal überflutet wurde. Inzwischen nahm sie auch eine Lichtung wahr, die sich seitlich vom Schulhaus erstreckte, sowie einige Bäume, die Schatten spendeten und vermutlich deshalb nicht gefällt worden waren. Das Haupthaus war rechteckig, hatte zwei Fenster, eine Tür und einen gemauerten Schornstein, und über der Veranda an der Vorderseite rankte eine Kaskade hellroter Rosen. Auf der Treppe stand eine gedrungene, ganz in Schwarz gekleidete Gestalt und blickte ihnen entgegen.
    »Da ist Mr. Lawrence«, sagte Abel. Er warf Jessie einen kurzen Blick zu. »Aufgeregt?«
    Sie nickte. Sie hatte die Hände fest gefaltet, damit sie nicht zitterten, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Was ist, wenn er mich nicht leiden kann?«, flüsterte sie kaum hörbar.
    »Das wird schon«, murmelte er.
    Sie war diesen speziellen Satz allmählich leid, denn obwohl er gut gemeint war, milderte er ihre Besorgnis ganz und gar nicht.
    Der Wagen hielt an, Zephaniah Lawrence klappte seine Taschenuhr zu und kam die Stufen herunter. »Sie haben nicht lange gebraucht, Cruickshank.« Er klemmte sich das Monokel ans Auge und musterte Jessie mit einem Knopfauge. »Miss Searle?« Seine Lippen kräuselten sich unter dem borstigen Schnurrbart. »Sie sind viel jünger, als man mich glauben ließ«, stellte er fest. »Doch jetzt sind Sie hier, also werde ich mich wohl damit abfinden müssen.«
    Von dieser unfreundlichen Begrüßung schmerzhaft berührt, wartete Jessie ab, bis er die Post von Abel entgegengenommen hatte, hektisch Anweisungen erteilte, wo die Vorräte einzulagern seien, erneut auf seine Uhr schaute und sich mit

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