Legionare
beigestanden hat?«
»Hai. Ich bin Kovok-mah.«
»Liebst du sie?«
»Ich verstehe deine Frage nicht.«
Sevren zeigte auf seine Herzgegend. »Starkes Gefühl. Da.«
»Hai. Dargu-yat erfüllt meinen Brustkorb.« Kovok-mah schnupperte in der Luft. »So wie bei dir.«
Sevren schlussfolgerte, dass der Ork bei ihm das so genannte Atur gewittert hatte. Da er nun wusste, dass der Ork seine Gefühle kannte, wagte er eine Frage zu stellen, die ihn noch mehr bloßstellte. »Und was ist mit dir? Erfüllst du auch Dargu-yats Brustkorb?«
»Es ist ohne Belang.«
»Weil sie sterben wird?«
»Selbst wenn sie überlebt, können wir nicht gesegnet werden. «
»Heißt das ›verehelicht?‹«
»Ich glaube, ja.«
Sevren musterte Kovok-mah, der für ihn überaus fremdartig aussah. Er staunte darüber, dass ein solches Geschöpf erwägen konnte, Dar zu ehelichen. Dennoch hatte er das unerschütterliche Gefühl, dass der Ork solche Gedanken gehabt hatte.
Wie sah es mit Dar aus? Sevren musste zugeben, dass er es schlichtweg nicht wusste. Wir haben eins gemeinsam: Wir lieben eine Frau, die sterben wird. Sein Mitgefühl minderte Kovok-mahs Fremdartigkeit. »Sie ist jetzt eine Große Mutter«, sagte Sevren. »Deshalb zählen auch meine Gefühle nicht.«
»Ich verstehe deinen Kummer«, sagte Kovok-mah. Einige Augenblicke lang musterte er Sevren. »Mein Eindruck ist, dass du anders bist als die Washavoki. Lass uns gemeinsam für Dargu-yat sorgen, solange sie lebt.«
Sevren setzte sich zu Kovok-mah, der Dar in den Armen hielt, und nahm ihre Hände, um sie zu wärmen. Ob es an der Glut des Feuers lag, am Heilzauber, an der Zuwendung zweier Liebender oder an allem zusammen: Das Leid wich aus Dars Gesicht. Nach Sonnenaufgang schlug sie die Augen auf und lächelte matt. »Sevren«, hauchte sie. »Kovok.«
»Kovok-mah hat dir mit einem Heilzauber geholfen«, sagte Sevren. »Bald bist du zu Hause.«
»Beeilt euch«, flüsterte Dar.
Sevren schwang sich auf Skymere und umschlang Dar, sobald Kovok-mah sie ihm heraufreichte. Dann ging der Ork auf der zugeschneiten Landstraße voraus, um dem Pferd und den beiden Reitern eine Gasse zu bahnen. So kämpften sie sich auf den Gebirgspass zu. Die Sonne schien an einem klaren
Himmel, aber die Luft war frisch, und der Wind blies scharf. Dar lehnte an Sevren und bekam von allem nichts mit.
Dar sah die Berge nicht. Sie spürte auch nicht den Wind auf dem Gesicht. Sie befand sich in der schummrigen Zwischenwelt ihrer Visionen, in der sie sogar mit geschlossenen Lidern sehen konnte. Diese Dämmerwelt war für sie mittlerweile lebendiger als das echte Dasein geworden, obwohl sie ihr als nebelhaftes Umfeld ohne feste Umrisse erschien. Manches allerdings war ihr klar ersichtlich.
Ohne den Kopf zu bewegen, blickte sie hinab und sah das Herz in Skymeres Brust pochen. Es war groß und leuchtete bei jedem Schlag auf. Dar begriff, dass das Pferd freudig für Sevren galoppieren würde, bis ihm dieses große Herz brach. Es ist eine Art Liebe, erkannte sie. Auf die gleiche Weise nahm sie Kovok-mahs und auch Sevrens Herzen wahr. Ihre Gefühle waren zwar vielschichtiger als die des Tieres, aber Dar verstand sie. Ist das Muth’las Sicht der Welt?
Dars Betrachtung des eigenen Körpers weckte erneut die Erinnerungen an die Vision, die sie in Muth-pahs Gegenwart erlebt hatte. Das Loch in ihrer Brust ließ sich deutlich wahrnehmen, die Ränder glommen rötlich. Ihre Haut glich einer durchsichtigen Hülle. In dem Maße, wie das Loch wuchs, schien die Haut durchscheinender zu werden. Das Fathma flatterte in Dar wie ein Vogel in einem Käfig. Wenn meine Haut platzt, fliegt es fort und kommt den Urkzimmuthi abhanden.
Dank reiner Willenskraft kehrte Dar zurück in die Welt der Berge und des Windes. Sie schlug die Lider auf und sah die verschneite Landstraße im morgendlichen Sonnenschein schimmern. Sie spürte, dass Sevrens Arm sie umfangen hielt, und sah seine andere Faust die Zügel umklammern. »Schnell«, flüsterte sie ihm zu.
Hinterm Pass verlief die Landstraße abwärts. Es lag weniger Schnee. Einige Zeit später musste Kovok-mah keine Schneemassen mehr zur Seite räumen. »Reite voraus«, sagte er zu Sevren. »Am Familiensitz sagst du: ›Dargu-yat nak Muth Mauk. Fer thayak.‹ Das heißt: ›Dargu-yat ist unsere Große Mutter. Sie stirbt.‹ Dann wird alles Notwendige getan.«
»Aber du hast doch einen Heilzauber angewandt.«
»Es ist nur ein schwacher Zauber. Ich habe wenig Heilkenntnis. « Kovok-mah
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