Legionare
mehr als Kovok-mah wahr. Die Bewegung vereinte sie. Sie empfand das Pulsieren seines Blutes, den Rhythmus seines Atmens und die Hitze seines Körpers, als wäre es der ihre. In ihrem erschöpften Zustand malte sie sich aus, dass sie zu einem einzigen, ungestüm durch die Nacht preschenden Lebewesen geworden waren.
Schließlich nahm sie schwarze, sich in der Ferne erhebende Formen wahr. Als der Osten sich langsam erhellte, kamen sie in eine Hügellandschaft. Kovok-mah verlangsamte, wich von der Straße ab und suchte sich einen Weg, der zu den bewaldeten Hängen hinaufführte. Dar blieb auf seinen Schultern sitzen, bis er sie sanft herunterhob. Sie war sich vage bewusst,
dass die anderen Muth’las Umarmung markierten. Als die Orks sich zum Schlafen hinsetzten, setzte Kovok-mah Dar auf seinen Schoß und schlang die Arme um sie.
Er ist noch immer warm vom Laufen, dachte sie und fiel in Schlaf.
Sie erwachte und war von dichten Büschen umgeben. Es war am späten Nachmittag. Sie lag auf dem Boden. Zna-yat, Varz-hak und Lama-tok saßen fest schlafend in ihrer Nähe. Kovok-mah und Duth-tok waren nirgendwo zu sehen. Dar musterte Zna-yats Gesicht im vergeblichen Bemühen zu erkennen, was ihn von den anderen Orks unterschied. Die Erinnerung an die letzte Nacht kam ihr vor wie ein Versuch, sich an einen verblassten Traum zu erinnern.
Hat er wirklich sein Schwert gezogen, oder habe ich es mir nur eingebildet? Es war so dunkel gewesen, dass sie die Waffe nicht sehen konnte. Und wenn er es doch gezogen hat, was waren seine Absichten? Obwohl sie nur Vermutungen anstellen konnte, war sie sich einer Sache sicher: Zna-yat hatte sie angelogen.
Was Zna-yats Lüge betraf, so konnte man sie auf den ersten Blick durchschauen: Er konnte sie nicht verwechselt haben, denn er sah im Dunkeln deutlich, und sie hatte ihn auf Orkisch angesprochen. Dar schloss, dass Zna-yat weder das Lügen gewohnt noch ein guter Lügner war. Trotzdem war es beunruhigend, dass er überhaupt lügen konnte, denn bisher hatte sie geglaubt, Orks seien dazu nicht fähig. Nun war sie erneut gezwungen, ihre Vorstellungen zu korrigieren. Wer lügen konnte, konnte auch Verrat begehen.
Diese Möglichkeit machte Dar zwar Sorgen, versetzte sie aber nicht in Angst und Schrecken. Sie hatte sich an die Gefahr gewöhnt. Zna-yat war nur eine Bedrohung von vielen. Ich darf einfach nur nicht allein mit ihm sein.
Ihr Grübeln wurde unterbrochen, als Kovok-mah und Duth-tok sich durch das Buschwerk schoben. Jeder brachte eine Handvoll Pilze mit. Dar freute sich auf den Proviant, aber sie war auch besorgt über die Risiken, die die beiden beim Sammeln eingegangen waren. »Es ist gefährlich, am hellen Tag Nahrung zu suchen«, sagte sie.
»Es ist sicherer, als Washavoki-Verpflegung zu nehmen«, erwiderte Kovok-mah und schenkte ihr einen bedeutungsvollen Blick.
»Von jetzt an besteht kein Grund mehr, Verpflegung zu stehlen. Man wird uns Essen schenken.« Während sie Theenas Rock und Bluse in Fetzen riss, erklärte Dar, dass sie sich als Verfluchte verkleiden und unterwegs versorgen lassen wollte. Als sie fertig war, schauten die beiden Orks verwirrt drein.
»Du hast seltsame Ideen, Dargu«, sagte Duth-tok.
»Es wird klappen«, sagte Dar.
»Sind die Washavoki so dumm?«, fragte Kovok-mah.
»Hai.«
Kovok-mahs Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Dann sind wir tatsächlich Glückspilze.« Er begutachtete die Lumpen und rümpfte die Nase. »Ich würde sie gern waschen, bevor wir uns darin einwickeln.«
»Das ist klug«, sagte Dar. »Dann wird Zna-yat sich weniger beschweren.«
»Du verstehst ihn gut«, sagte Kovok-mah.
Dar bezweifelte es. »Wo willst du die Sachen waschen?«
»Nicht weit von hier ist ein Bach.«
»Ich helfe dir«, sagte Dar.
Sie hoffte noch immer, dass sie sich in Zna-yat täuschte, und wollte wissen, was Kovok-mah von dieser Sache hielt. Doch als Duth-tok sich ihnen anschloss, zog sie es vor, die Angelegenheit nicht zur Sprache zu bringen.
Kovok-mah führte sie an Hängen vorbei, die so dicht bewaldet waren, dass Dar sich bald keine Sorgen mehr über eine Entdeckung machte. Ein kurzer Marsch brachte sie an einen Bach, der den Hügel hinabplätscherte. Das klare Wasser rauschte kalt und schnell über die Felsen dahin. Kovok-mah kniete sich ans Ufer und fing an, die Lumpen zu waschen. Duth-tok und Dar halfen ihm.
Dar gab zwar ihr Bestes, um den Stoff zu säubern, doch bald wurde offensichtlich, dass die Orks sie nur von Gerüchen befreien
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