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Legionare

Legionare

Titel: Legionare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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an, da sie auf der weit und breit einzigen Anhöhe lag. Alle größeren Ortschaften, die Dar kannte, waren von Schutzwällen umringt, doch die verfallene Mauer, die diese Stadt umgab, konnte unmöglich Verteidigungszwecken gedient haben: Sie war eigentlich kein Hindernis. Die Ruinen, die sie umgab, ragten hoch über sie hinaus. Eine Straße schlängelte sich den Hügel hinauf.
    »Niemand in Sicht«, sagte Dar, während ihr Blick die Umgebung absuchte. »Gehen wir weiter.«
    Die gewaltigen Ruinen wirkten näher, als sie tatsächlich waren, denn es wurde Vormittag, ehe die Gruppe Tarathank erreichte. Der Zugang war einst ein fein geschwungener offener Torbogen gewesen. Hinter dem Tor sah Dar eine vom Krieg verheerte Stadt. Aufgrund des Mangels an Verteidigungsanlagen erweckten die Zerstörungen einen umso willkürlicheren Eindruck. Im Nahbereich der niedrigen Ringmauer waren die meisten Häuser ausgebrannt. Überall sah man Schutthalden. Erst in der Innenstadt wurden die Verwüstungen weniger.
    Die Gruppe durchquerte stille Straßen und entdeckte, dass Zeit und Natur das vom Krieg begonnene Vernichtungswerk unentwegt fortgesetzt hatten: Bäume und Gesträuch waren zwischen den Pflastersteinen in die Höhe gewuchert und füllten das Innere dachloser Häuser aus. Ranken überwucherten die Mehrzahl der Bauten. Dabei hatte es den seltsamen Anschein, als wäre das Überhandnehmen des Pflanzenlebens gar nicht so fehl am Platze, denn die Erbauer der Stadt hatten schon von sich aus eine natürliche Formgebung bevorzugt:
Die Ruinen besaßen mehr Rundungen und Bögen als rechte Winkel. Nicht einmal die Mauersteine waren viereckig, sondern in Form und Größe verschiedenartig. Türen, Fensterrahmen und Säulen zeigten in ihrer fließenden Gestaltung eine auffällige Pflanzenähnlichkeit, sodass es schien, als seien sogar die mehrstöckigen Gebäude aus dem Boden gewachsen.
    Tarathank war die erste Großstadt, die Dar betrat, doch auch im Zustand des Verfalls rief sie bei ihr andächtiges Staunen hervor. Die Orks zeigten sich in gleichem Maße beeindruckt. Alle bewegten sich leise, weil sie das Gefühl hatten, die Großartigkeit der Stadt und ihre Tragödie verlangten es. Als Dar sich schließlich traute, das Wort zu ergreifen, schien es ihr, als klänge ihre Stimme unnatürlich laut.
    »Wir sollten uns eine Unterkunft zum Ausruhen suchen.«
    Bei ihrer Wanderung durch die sich schlängelnden Straßen kamen sie irgendwann an ein mit Ranken bewachsenes, noch überdachtes Haus. Im Vergleich zu den Nachbargebäuden wies es eher bescheidene Abmessungen auf, doch für Dars Begriffe war es ein Riesenbauwerk. Wie die übrigen Bauten dieser Straße war es ein Wohnhaus.
    Aus Gesprächen wusste sie, dass in Ork-Wohnstätten große Familien zu Hause waren. Dem trugen die Ausmaße des Gebäudes Rechnung. Sämtliche Frauen, die früher hier gelebt hatten, waren Blutsverwandte gewesen, Mütter und Töchter mehrerer Generationen. Wenn die Söhne heirateten, verließen sie das Heim und zogen zu ihren Frauen. Töchter hingegen blieben stets unter demselben Dach.
    Während Dar durch die zahlreichen Räume des verlassenen Hauses schlenderte, erahnte sie in gewissem Umfang, über welch geballte Macht die Mütter geboten. Gatten kamen als Fremde und mussten bei Frauen wohnen, die aufgrund ihres
gemeinsamen Blutes und ihres lebenslangen Zusammenwirkens zu einer Einheit geschmiedet wurden. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie Müttern mit solcher Hochachtung begegnen.
    Das bauliche Gefüge des Hauses war erhalten geblieben, doch man hatte es geplündert und allerlei Schäden angerichtet. Die meisten Räumlichkeiten standen leer, sah man von trockenem Laub ab, das der Wind durch die zerschlagenen Fenster hereinwehte. Gelegentlich stieß Dar auf verrottete Kleiderfetzen oder Reste zerschlagener Möbel, doch war nur wenig vorhanden, das Aufschluss über das Leben gab, das die Bewohner dieser Räume einst geführt hatten. Vor einem Fenster sah sie zwischen den Blättern, die den Fußboden bedeckten, Sandeisstücke liegen. Sie hob eine Scherbe auf und betrachtete sie. Das Bruchstück fühlte sich an wie warmes Eis. Dar äugte durch die blassgrüne Scherbe und versuchte sich vorzustellen, dass sie das ganze Fenster verschloss.
    Als sie das Haus mit den Orks erkundeten, wurde die zweckmäßige Anordnung der Räume ersichtlich. Ein Hausflur wand sich durchs ganze Gebäude und verband eine Reihe großer runder Zimmer, in denen jeweils ein Herd stand. Davon

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