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Legionare

Legionare

Titel: Legionare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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besser, als auf dem Fußboden zu liegen, und Kovok-mah hatte sie gern bei sich. Es beruhigte ihn. Dar erinnerte sich an eine aus Stroh geflochtene Puppe, die eine ihrer kleinen Halbschwestern mit ins Bett nahm. Vermutlich stellte sie für Kovok-mah einen ähnlichen Trost dar. Diese Vorstellung entlockte ihr ein Lächeln.
    Vor den zerschmetterten Scheiben des Zimmers baumelten Ranken herab, dämpften die Helligkeit und hielten den Raum in der Nachmittagshitze kühl. Dar war noch müde und hätte gern noch ein Weilchen geschlafen, aber sie musste dauernd an Velasa-pah denken. Derartig bedeutsame Zauberei hatte sie noch nie erlebt. Dennoch hegte sie die Überzeugung, in der Steinhütte Zeugin eines solchen Zaubers geworden zu sein. Sicherlich ließ sich durch allerlei Erklärungsversuche zurechtstutzen, was sich dort ereignet hatte, aber ihr Gespür besagte, dass es dumm wäre. Sie durfte Velasa-pahs Ratschläge so wenig missachten wie ihre Visionen.

    Dennoch kam es ihr vor, als hätten seine Worte für sie kaum einen Nutzen. Sie kannte niemanden, der auf Knochen hörte. Die sich in ihrer Brust regenden Empfindungen waren verworren und oft widersprüchlich und gaben ihr schwerlich irgendeinen Ausblick.
    Wenigstens bin ich jetzt in Tarathank. Dar überlegte, warum ihr wohl der Weg zu der Ruinenstadt gewiesen worden war. Vielleicht muss ich hier irgendetwas aufspüren. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, was das sein sollte.
    Als ihr klar wurde, dass sie keinen Schlaf mehr fand, stand sie vorsichtig auf, um Kovok-mah nicht zu stören. Ihre nackten Füße machten kein Geräusch, als sie zum Fenster schlich und ins Freie blickte.
    Die überwucherte Stadt glich einem Wald aus absonderlich gewachsenen Bäumen. Ringsum war es unheimlich still. Kein Vogel rief, kein Lüftchen wehte. Nach dem niedrigen Sonnenstand zu urteilen, musste es Spätnachmittag sein.
    Dar wandte sich um und sah, dass Kovok-mah sie beobachtete. »Es tut mir leid«, sagte sie, »falls ich dich geweckt habe.«
    »Ich war schon wach. Anscheinend plagt dich Unruhe.«
    »Ich musste an Velasa-pah denken. Zna-yat hat erwähnt, dass er in alten Überlieferungen genannt wird. Wer war er?«
    »Muth’la hat zuerst die Urkzimmuthi erschaffen«, erwiderte Kovok-mah. »Lange kannten wir keine Washavoki. Als wir sie zum ersten Mal sahen, nannten wir sie Urkzimdi – Zweite Kinder. Damals wurden manche Urkzimdi in Urkzimmuthi-Sippen wiedergeboren. Einer war Velasa-pah. Aus ihm wurde ein großer Zauberer. Aber groß war auch sein Gram.«
    »Warum?«
    »Es kann schmerzlich sein, Zukünftiges zu schauen.«
    »Ich weiß«, sagte Dar, der dabei die eigenen Visionen einfielen. »Was ist aus ihm geworden?«

    »Er hat Tarathanks Zerstörung prophezeit, aber die Königin begriff nicht, was Krieg ist. Sein Schicksal war es, den Untergang von allem zu sehen, was er liebte.«
    »Aber er hat es überlebt.«
    »Thwa. Alle Urkzimmuthi Tarathanks kamen um.«
    »Aber er war ein Washavoki.«
    »Velasa-pah war keiner«, erwiderte Kovok-mah. »Er war wiedergeboren worden.«
    »Wie denn?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Kovok-mah. »Heute passiert so etwas nicht mehr.«
    Dar dachte an den einsamen Greis in der Steinhütte.
    »Was für eine traurige Geschichte«, sagte sie. Trotzdem hoffte sie, dass sie stimmte.
    »Den hier erzählten Geschichten fehlt das glückliche Ende«, sagte Kovok-mah.
    »Trotzdem ist uns empfohlen worden, diesen Ort aufzusuchen«, antwortete Dar. »Nur kenne ich den Grund nicht.« Sie seufzte. »Leider müssen wir wohl eine Zeitlang bleiben.«
     
    Dars Entschluss, in Tarathank zu verweilen, bedeutete für die übrigen Orks keine Enttäuschung. Im Gegenteil, er gab ihnen die Gelegenheit, sich ihren Interessen zu widmen. Am nächsten Tag fand Zna-yat einen Kochkessel ohne Löcher. Nachdem er den Rost aus dem Innern des Gefäßes gescheuert hatte, durchsuchte er die seit langem verlassenen Gärten nach Küchenkräutern. Als Lama-tok und Duth-tok von einer Besichtigung der städtischen Steinmetzarbeiten wiederkehrten, kochte Zna-yat auf dem Herd schon eine Suppe. Wenig später kam auch Varz-hak zurück. Er brachte eine Sammlung von Sandeisscherben in Farbtönen mit, die er noch nicht kannte.
    Nur Kovok-mah verfolgte kein eigenes Anliegen. Er begleitete
Dar auf ihren Wanderungen durch die Stadt. Sie suchte etwas, ohne zu wissen, was es war. Er bemühte sich um gute Laune, während sie durch leere Gebäude streiften, doch als Ork war er außerstande, seine Gefühle

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