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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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wie es sollte. Aber sie konnte es nicht. Es würde keine Zukunft für sie geben.
    »Ich liebe dich«, war alles, was ihr einfiel.
    »Ich liebe dich auch«, erwiderte Mare, ohne sich umzudrehen. Jill wusste, warum. Sie konnte die Tränen sehen, die über seine Wangen liefen.
    Jills Herz krampfte sich zusammen. Sie fragte sich, ob es sich wohl genauso anfühlen würde, wenn es brach, während Mare das Motorrad wieder über den Asphalt jagte, auf die beiden roten Lichter zu, die gerade hinter der nächsten Kurve verschwanden.

VII
     
    Mare konnte es nicht alles gleichzeitig in sich aufnehmen. Es fühlte sich an, als wäre die Erde aus ihrer Bahn geraten und als gebe es nichts, das er dagegen tun konnte. Er hatte Angst. Fürchterliche Angst vor dem, was am Ende dieser Straße auf sie wartete, fürchterliche Angst vor den Auswirkungen der Bombe, die Jill gerade hatte hochgehen lassen. Er war doch selbst noch ein Kind, verdammt! Zugegeben, die alten Regeln galten nicht mehr. Bei allem, was sie taten, ging es jetzt um Leben oder Tod. Dennoch, der Übergang ins Erwachsenenleben war genauso schnell und hart gewesen wie die Rechte seines Vaters. Sein Vater … das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war, an seinen alten Herrn erinnert zu werden, an den Mann, der ihn mehr als einmal halb bewusstlos geprügelt hatte, dessen von Whiskey befeuerte Raserei seine Familie in Stücke gerissen hatte. Was, wenn er genauso werden würde wie sein Vater? Hieß es nicht, dass jedes Kind genauso wurde wie seine eigenen Eltern, ganz egal wie sehr man sich auch dagegen wehrte? Dieselben alten Sprüche herunterleierte, dieselben Absonderlichkeiten entwickelte und genau das nachlebte, was es am meisten verachtete? In seinem Fall: Gewalttätigkeit. Er konnte nicht zulassen, dass das mit ihm passierte, aber was, wenn er die Verwandlung einfach nicht unter Kontrolle hatte? Was, wenn sein Temperament genauso leicht überschäumte wie das seines Vaters? Würde er nachts aufwachen, wütend über das Geschrei des Babys, und anfangen, auf sein Kind einzuschlagen, noch bevor er wusste, was er tat?
    Er sah seinen Vater, wie er auf ihm hockte, seine Arme mit den Knien auf den Boden gepresst hielt und auf sein Gesicht eindrosch. Immer und immer wieder. Fäuste wie aus Ziegelsteinen. Das Bild begann zu verschwinden und verwandelte sich in das eines geschlagenen Mannes, der auf seinem Bett ausgebreitet lag, während sein Schädelinhalt von der Decke heruntertropfte. Vielleicht hatte er tatsächlich bereut, hatte noch so etwas wie ein Gewissen gehabt. Oder es war nach all den Prügeln, die er ausgeteilt hatte, das Einzige gewesen, das ihm noch einfiel, um Mare noch tiefer zu verletzen.
    Mare konnte jetzt nicht darüber nachdenken. Er war nicht sein Vater. Er würde nie so werden wie sein alter Herr. Nie!
    Er musste über Jill nachdenken. Und über das Baby. Er hatte so beschissen reagiert, wie es nur möglich war. Wie musste er nur ausgesehen haben, mit hängendem Kiefer, ein erbärmlicher Feigling, nichts als Angst in seinem Gesicht? Er hatte gesehen, wie viel Angst Jill hatte, doch alles, woran er denken konnte, war er selbst. Daran, wie diese Veränderung sein Leben beeinflussen würde. Idiot. Du Idiot! Jill brauchte ihn jetzt mehr denn je – sie beide brauchten ihn -, und er hatte sich wie ein egoistischer Wichser verhalten.
    Aber wie konnte Jill sich so sicher sein, dass sie schwanger war? Ihr Rendezvous am Strand war erst ein paar Tage her. Und sie konnte wohl kaum in die nächste Apotheke gegangen sein, um sich einen Schwangerschaftstest zu besorgen.
    Schon wieder war er egoistisch. Wenn es irgendjemand wissen konnte, dann Jill. Immerhin konnte sie in ihren Visionen die Zukunft voraussehen. Doch warum hatte sie ihm das ausgerechnet jetzt erzählen müssen? Mit dem einzigen Ergebnis, dass sie nur noch mehr Stress …
    Hör auf! Hör endlich auf! , wies Mare sich selbst zurecht. Es ging hier nicht nur um ihn. Es ging um Jill und das Baby. Es ging um seine …
    »Familie«, sagte er laut, während der Wind vorbeirauschte und das Wort mit sich riss.
    Der Atem in seiner Brust stockte, doch gleichzeitig breitete sich eine Wärme in seinem Körper aus. Er würde eine Familie haben. Er würde nicht Vater werden, sondern Daddy. Ein neues Leben war im Entstehen, vollkommen hilflos und in allem von ihm abhängig. Ein Leben, das ein Teil von ihm selbst und ein Teil von Jill war, eine wundervolle neue Seele, hineingeboren in eine albtraumhafte, verstümmelte

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