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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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gegeben, eher ein stilles Einvernehmen, als hätte der Junge sich ihm freiwillig geopfert. Es war falsch. Alles. Der Junge hatte kein Anzeichen gezeigt, dass er irgendeine Macht besaß, nur die Vergänglichkeit des Fleisches. Er hätte Tods Gegenspieler sein sollen.
    Tod musste vorsichtig sein, nichts als selbstverständlich hinnehmen. Tief in seinem schwarzen Herzen wusste er, dass er Gott überlisten konnte, aber es würde nicht einfach werden. Mit Sicherheit würde noch mehr kommen, doch er war bereit. Er konnte es sich nicht leisten, sich überraschen zu lassen. Also beobachtete er sie von hier oben, verfolgte jede einzelne ihrer Bewegungen.
    Als dieses eine Mädchen die Falle, die er ihnen mit Pest und Hunger gestellt hatte, einfach durchbrach, hatte er für einen Moment geglaubt, dass mit ihr zu rechnen sei, doch als sie den gekreuzigten Leichnam des Jungen sah, war sie einfach zusammengebrochen. Ihr Zorn und ihr Schmerz waren von beachtlicher Kraft gewesen und verströmten spürbare Wellen von Raserei, doch Tod merkte schnell, dass sie keinerlei Bedrohung war. Sie wollte lediglich den Leichnam vom Kreuz nehmen. Sie hatte ihn sogar gesehen, oben auf seinem Turm, und angsterfüllt den Blick abgewendet.
    Die anderen schienen zumindest bereit zu kämpfen, doch seine Reiter machten sie allzu leicht nieder. Hunger hatte die Frau an der Kehle gepackt und würde bald alles Leben aus ihr herausquetschen, während Pest kurzen Prozess machte mit einem Mann, der so viel größer war als sie selbst. Es waren noch drei mehr, doch die hatten sich feige in ihre Verstecke verkrochen. Der eine hatte sogar eine Waffe, doch keine irdische Waffe konnte seinen Geschwistern etwas anhaben.
    Ein weiteres Kind war bei ihnen, kleiner, jünger. War es möglich, dass er sich in dem gekreuzigten Jungen getäuscht hatte, dass dieses andere Kind sein eigentlicher Feind war? Nein. Er war sicher, dass er den richtigen Jungen getötet hatte. Doch warum hatte er sich nicht mit aller Macht gewehrt?
    Warum hatte er nicht gekämpft?
    Diese Frage ließ ihn einfach nicht los.
    Tod warf den Kopf in den Nacken, sein Brustkorb blähte sich auf, dann schleuderte er ein Fauchen gen Himmel, das knisterte und zischte wie eine Hochspannungsentladung. Ein Schlüsselelement fehlte, und das machte ihn rasend.
    Als er wieder nach unten blickte, konnte er weder das Mädchen noch den Leichnam sehen, den sie mit sich geschleppt hatte. Ein Anflug von Angst überkam ihn, ein Gefühl, das er noch in keiner seiner vielen Inkarnationen gespürt hatte, doch als er den schwarzen Haarschopf des Mädchens schließlich hinter einem aus der Straße ragenden Brocken Asphalt hervorlugen sah, schob er es wieder beiseite. Der Leichnam war mit Sicherheit bei ihr. Die Angst war vorüber, doch allein die Tatsache, dass er sie überhaupt gespürt hatte, beunruhigte ihn.
    Verbergt uns vom Angesicht dessen, der da sitzet auf dem Thron , flüsterte eine Stimme aus der Vergangenheit in seinem Kopf, eindringlicher als noch zuvor.
    Tod hielt inne. Diese Stimme dürfte gar nicht mehr existieren. Sie gehörte zu einem längst vergangenen Leben, dem Leben eines Menschen, und doch hatte er sie gehört.
    Es musste enden, jetzt.
    Nichts konnte seine Thronbesteigung noch gefährden. Er würde über die Erde herrschen. Als Gott herrschen. Gott.
    Furchtbar wird der Herr gegen sie sein, denn er wird alle Götter der Erde hinschwinden lassen , sagte die Stimme, lauter jetzt, mutiger.
    Tod stieß ein weiteres Fauchen aus, und der Himmel donnerte. Er schlug auf seine Brust ein, wieder und wieder, seine Klauen zerfetzten den Schuppenpanzer und schnitten in sein eigenes Fleisch. Mit dem Schmerz kam die Konzentration, die Stimme verstummte, und seine Wut steigerte sich zu einem frenetischen Crescendo.
    Blut quoll aus seiner pumpenden Brust, und Tod wandte sich wieder dem Geschehen unter ihm zu wie ein römischer Kaiser den Gladiatoren in der Arena. In weiter Ferne glaubte er ein Lachen zu hören.

VI
     
    Jill konnte es nicht ertragen, noch länger zuzuschauen. Wer immer diese verhüllten Monster sein mochten, sie töteten ihre Freunde, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auch auf Jake und sie stürzen würden.
    Sie blickte hinauf zu dem Turm, an dessen Spitze die schwarze Bestie mit den roten Augen stand. Dann sah sie Jake an, der ebenfalls die Kreatur anstarrte, genau wie er es in seinen Träumen getan hatte. Tränen flossen seine blassen Wangen herunter. Sein ganzer Körper zitterte.
    Ein

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