Legionen des Todes: Roman
würde einfach ihren Kehlkopf und die Luftröhre zerquetschen, und das wäre das Ende. Die grünlichen Adern an ihren Unterarmen pulsierten in dem gleichen Rhythmus, mit dem sich ihr Gesichtsfeld verdunkelte, und wurden immer heller, bis sie beinahe leuchteten. Sie blickte in Hungers Gesicht in der Hoffnung, wenigstens für einen kurzen Moment so etwas wie Mitleid darin zu entdecken. Das glänzende Porzellangesicht, das aussah wie eine Totenmaske, schimmerte in demselben Smaragdgrün wie ihre Adern, während Evelyns knallrotes Gesicht sich in den leeren, glänzenden Augen spiegelte.
Evelyn hustete und spürte, wie Sehnen und Muskeln in ihrem Hals langsam nachgaben.
Nein! , schrie es in ihrem Kopf. Noch nicht! Nicht so!
Gezackte grüne Linien breiteten sich über Hungers Gesicht aus wie die Reben einer Kletterpflanze, die in Zeitraffergeschwindigkeit wächst. Nicht über Hungers Gesicht, sondern darunter. Unter der Kapuze hervor rasten die dünnen Linien über seine Wangen und auf seine Augen zu, wo sie sich mit denen vereinigten, die sich über Stirn und Kinn ausbreiteten.
Eine plötzliche Bewegung hinter der verhüllten Gestalt zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie sah etwas Braunes aufblitzen und hörte ein Geräusch, das klang, als würde jemand mit einem Baseballschläger auf eine Autotür einschlagen.
Der Druck an ihrem Hals ließ plötzlich nach, und Evelyn fühlte sich einen Moment lang schwerelos, bis ihre Beine auf dem Boden aufschlugen. Ihre Knie gaben sofort nach, und Evelyn sank zu einem kleinen Häufchen zusammen. Sie rollte sich auf die Seite und saugte gierig die Luft in sich hinein, füllte ihre Lunge mit dem Sauerstoff, den sie so sehr brauchte. Die Dunkelheit zog sich wieder zurück, doch die roten Flecken blieben. Beine und Arme kribbelten und schmerzten, als wäre sie stundenlang im Kofferraum eines Kleinwagens eingesperrt gewesen, und in ihrem Kopf hämmerte ein Schmerz, wie sie ihn noch nicht gekannt hatte.
Sie fühlte sich, als bewegte sie sich in Zeitlupe. Ihr ganzer Körper war vollkommen schlaff. Vor ihr auf dem Boden lag ein geborstenes Stück polierten Holzes, darum herum Splitter. Sie blickte auf und sah, wie die Kreatur zu Ray herumwirbelte, der den Lauf des Gewehrs hoch erhoben hielt wie eine Keule. Hunger schlug mit unglaublicher Geschwindigkeit zu, seine weiße Hand schnellte unter dem Ärmel aus Menschenhaut hervor und krachte mitten in Rays Gesicht. Ray wurde von den Füßen gerissen, das Feuer in seinen Augen erlosch, und er flog rückwärts durch die Luft. Er landete flach auf dem Rücken und rutschte noch ein paar Meter weiter, bis er mit dem Kopf gegen einen der herumliegenden Betonbrocken knallte. Der Gewehrlauf fiel klappernd aus seiner Hand und rollte über den Asphalt.
Er versuchte nicht einmal, wieder aufzustehen.
Hunger fuhr wieder zu Evelyn herum, und sein Umhang wurde aufgewirbelt wie ein Schleier aus flüssiger Dunkelheit, den Gestank des Todes verspritzend. Die grünen Linien hatten sich wieder bis zur Kapuze zurückgezogen und umrahmten sein Gesicht nur noch wie ein fahler Strahlenkranz.
Evelyn schrie auf und humpelte panisch davon. Sie krachte gegen die knöchernen Überreste von Hungers Reittier, stolperte über den in menschliche Haut gehüllten Brustkorb und die hervorstehenden Hüftknochen und fiel schließlich direkt auf den stacheligen Schwanz. Dornen bohrten sich in ihre Seite und ihre Handflächen, als sie versuchte, sich inmitten all der Stacheln wieder aufzurichten.
Hunger kam mit großen Schritten auf sie zu, er glitt förmlich dahin auf seinen Füßen, die unter dem weiten, schwärzlichen Fleischumhang verborgen waren und kaum den Boden zu berühren schienen.
Evelyn suchte den Boden um sie herum nach irgendetwas ab, das sie als Waffe benutzen konnte, sah aber nur den zerbrochenen Gewehrkolben und ein paar größere Betonsplitter, die sie niemals rechtzeitig erreichen würde. Das war’s , dachte sie. Zeit zu sterben . Sie schaute hinaus in das verhüllte Gesicht. Schatten verdunkelten die obere Hälfte und ließen nur Kinn und Mund erkennen. Ein Lächeln umspielte den zuvor noch vollkommen ausdruckslosen Mund. Auch Hunger wusste, dass Evelyns Zeit gekommen war.
Etwas kroch ihre Finger entlang und über ihre Handrücken. Ohne hinzusehen, versuchte sie es wegzuwischen, doch es klebte fest, schließlich erreichte das kribbelnde Gefühl ihre Handgelenke, umschlang sie und arbeitete sich die Unterarme hinauf. Evelyn schaute nach unten, und ihr Atem
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