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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Leichen gesehen, um sie sofort als solche zu erkennen, und Phoenix war zweifellos tot gewesen.
    Seine Fingerspitzen kribbelten unter der Berührung von Phoenix’ Haut, die sich zu erwärmen begann. Kam das durch die Temperatur seiner eigenen Hände, oder war es tatsächlich möglich, dass …?
    Blut schoss an die Oberfläche der tiefen Wunden und quoll über die noch klaffenden Wundränder.
    »Wird er…?«, keuchte Evelyn, kniete sich neben Phoenix’ Kopf und legte zwei Finger an seinen Hals, um nach einem Puls zu tasten. Seine Adern traten hervor, ein dicht gewobenes Netz von einem blässlichen Blau, das immer kräftiger wurde, bis es schließlich eine leuchtend grüne Farbe annahm und sich über seinen ganzen Körper ausbreitete. Dann versanken die schimmernden, pulsierenden Adern ebenso schnell wieder, wie sie hervorgetreten waren, unter die blasse Haut. Sah sie nicht ein wenig lebendiger aus als dieses grässliche Weiß noch gerade eben?
    »Bitte«, wimmerte Jake, der nervös hinter ihnen auf und ab lief und seinen Blick nicht von dem Wolkenkratzer losreißen konnte. Das Dach war leer. Zu leer. Die schwarze Gestalt musste irgendwo in den Stockwerken darunter sein – sie kam, kam, um sie zu holen. Suchend sprangen seine Augen von einem dunklen Fenster zum nächsten. »Ich kann ihn nicht mehr sehen! Wir können hier nicht länger bleiben!«
    Ray drückte dem kleinen Jungen sanft die Schulter, dann kniete er sich ebenfalls neben Phoenix. Jetzt verstand er, was vor sich ging. Vorsichtig legte er seine Handfläche quer über Phoenix’ Nase und bedeckte seine Augen. In dem Moment, als er seine Haut berührte, erloschen die Flammen in Rays Augen, und zurück blieben wieder nur diese furchtbaren leeren Höhlen. Hitze verbrannte seine Haut, und Flammen zuckten zwischen seinen Fingern hervor. Blitzschnell zog er seine Hand weg.
    Phoenix riss die Augen auf, einen halben Meter hohe Flammen schossen aus den nach oben gerollten Augäpfeln. Langsam wanderten seine Pupillen und die rosafarbenen Ringe darum nach unten, und die Flammen erloschen.
    »O mein Gott«, stöhnte Missy. »Danke. Danke.« Sie küsste Phoenix auf die Wange und drückte ihn immer wieder an sich.
    Er sah sie einen nach dem anderen an, offensichtlich in dem Versuch zu begreifen, was geschehen war. Bilder blitzten auf. Wie er seinen Kopf in den Nacken warf und in den Himmel starrte, während Nägel durch seine Hände getrieben wurden. Klauen, die wie Messer durch seine Brust schnitten. Dunkelheit, keine Luft mehr. Eine grässliche schwarze Fratze mit blutroten Augen, die – rasend vor Zorn darüber, dass seine Seele dem Gefängnis seines Körpers entflohen war – Flüche in den Himmel schleuderte.
    Ruckartig setzte er sich auf, Missy wurde von ihm heruntergeschleudert, und Phoenix schnappte nach Luft, schlug panisch auf seinen Brustkorb ein. Seine Haut fühlte sich an, als wäre sie über und über mit Ameisen bedeckt, die ihn kniffen, bissen und stachen. Die Schnittwunden schlossen sich unter der Berührung seiner Hände, jedes einzelne Nervenende kribbelte und erwachte dann zu neuem Leben, um die Schmerzen an sein Gehirn weiterzuleiten, die ihm im Tod erspart geblieben waren.
    »Er war tot«, sagte Adam und schüttelte den Kopf. »Du warst tot.«
    Phoenix kam schwankend auf die Füße. Er fühlte sich schwindelig und war verwirrt, nur ein einziger Gedanke brach durch den Aufruhr aus Erinnerungen und Gefühlen an die Oberfläche.
    »Ihr müsst jetzt gehen, alle«, sagte er mit rasselnder Stimme. Er drehte sich um und blickte über Missys Schulter auf den Turm. Seine Arme und die nackte Brust überzogen sich mit einer Gänsehaut, und ein Zittern lief durch seinen ganzen Körper. »Bitte … geht jetzt.«

II
     
    Tod trat vom Fenster zurück. In die Schatten des Thronsaals getaucht stand er da und beobachtete aus der Dunkelheit seines Verstecks, wie sie sich unten auf der Straße versammelten. Seine Augen leuchteten in einem tiefen Rot, das beinahe so dunkel war wie die Schatten um ihn herum, sein Raubtiergebiss war gefletscht vor Zorn, der Tod von Pest und Hunger eine frische Wunde in seinem Bewusstsein. Die Möglichkeit, dass sie versagen könnten, hatte er nicht im Entferntesten in Betracht gezogen. Sie hätten weit stärker sein müssen als ihre menschlichen Gegner, doch zumindest ergab jetzt alles ein wenig mehr Sinn: Der Junge war so schnell an seiner Folter gestorben, weil er seine Macht an seine Freunde weitergegeben, sie in ihnen versteckt

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