Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
Vom Netzwerk:
war, und ihr einziger Gedanke war gewesen, ihn in ihren Armen zu halten und nie wieder loszulassen.
    Von einer Sekunde auf die andere war er weg gewesen, nur noch ein Umriss, der, einen Schatten hinter sich herziehend, schnell kleiner wurde. So hatten sie dagestanden – sie alle – wie vom Donner gerührt, bis ihr Körper begriff, was ihr Verstand nicht fassen wollte, und sie ihm nachsetzte. Schluchzend rannte sie hinter ihm her und musste hilflos zusehen, wie er in dem dunklen Schlund des Turms verschwand.
    Der Boden fühlte sich an wie flüssiger Teer, in dem ihre Füße versanken. Sie bewegte sich wie in Zeitlupe, während der Abstand zwischen ihr und Phoenix immer größer wurde. Sie hörte Schritte hinter sich, die in den gleichen Rhythmus fielen wie das Hämmern des Pulsschlags in ihren Schläfen, doch sie wagte es nicht, ihren Blick von dem Eingang loszureißen aus Angst, er könnte sich noch weiter wegbewegt haben oder gar verschwunden sein, wenn sie wieder hinsah. Sie merkte nicht einmal, wie sie den Vorplatz überquerte, das stählerne Kreuz und die Schutthaufen hinter sich ließ und eintauchte in die drohende Dunkelheit.
    Sie schrie nach ihm, aber es kam keine Antwort. Ihr Sehvermögen ließ sie im Stich, als sie aus dem Sonnenlicht trat und in das immer dunkler werdende Grau der Lobby vordrang. Überall lagen Trümmer herum, die nach ihren Füßen und Knöcheln schnappten, während sie blind vorwärtsstolperte. Sie erinnerte sich, wie sie stehen geblieben war, um nach Phoenix’ Schritten in der höhlenartigen Lobby zu lauschen. Doch das Einzige, was sie hörte, waren die trampelnden Schritte hinter ihr, wie sie langsamer wurden, als sie die geborstenen Fliesen der Lobby betraten. Sie riefen nach ihr, doch sie war zu sehr außer Atem gewesen, hatte zu viel Angst, irgendein Geräusch zu machen, das einen Hinweis auf Phoenix hätte übertönen können.
    Was folgte, war eine Reise durch eine nahtlose Dunkelheit, unterbrochen nur von dem Knirschen der Trümmer unter ihren Füßen, die sich über Stunden um Stunden zu erstrecken schien. Die Arme nach vorn ausgestreckt, versuchte sie zu rennen, stolperte, riss sich Hände und Knie auf und kam strauchelnd wieder auf die Beine, nur um nach wenigen Schritten wieder hinzufallen, bis sie endlich das hohle Echo von Schritten im Treppenhaus über ihr hörte.
    Und jetzt war sie hier, rannte stampfend Stufe um Stufe hinauf und benutzte ihre Arme, um sich am Geländer nach oben zu ziehen, wenn ihre Beine versagten. Das Blut aus den Wunden auf ihren Knien, die wegen ihrer hektischen Bewegungen immer tiefer wurden, strömte über ihre Schienbeine, und ihr Atem war nur noch ein abgehacktes Keuchen.
    Peng!
    Missy blieb stehen, beugte sich über das Geländer und verrenkte ihren Hals in dem Versuch, in der undurchdringlichen Dunkelheit über ihr etwas zu erkennen. War das ein Schuss gewesen? Ein schwacher Lichtschimmer ließ die durch die Luft wirbelnden Staubpartikel aufleuchten. Der Schimmer verblasste … verblasste, bis die Schatten mit dem leisen Klick einer sich schließenden Tür ihr Reich zurückeroberten.
    »Phoenix!«, brüllte sie und stürmte mit neuer Energie weiter nach oben. Der Lichtschimmer konnte nicht mehr als zehn Stockwerke über ihr gewesen sein, eine schier unendliche Anzahl von Stufen, aber zumindest wusste sie jetzt, wie weit es noch war. Sie hatte gehört, wie Phoenix durch eine Tür gebrochen war, und der Lichtschimmer musste das Sonnenlicht von draußen gewesen sein.
    Das Dach.
    Phoenix war hinaus aufs Dach gelaufen, wo mit Sicherheit etwas Böses auf ihn lauerte, umgeben von den nackten Wänden des Turms mit einem Hunderte von Metern tiefen Fall als einzige Fluchtmöglichkeit.
    Ihre Schritte hallten von den Wänden des Treppenhauses wider wie die einer Büffelherde in panischer Flucht. Sie war weit über den Zeitpunkt der absoluten Erschöpfung hinaus und zehrte von Reserven, von deren Existenz sie nie etwas geahnt hätte. Und dennoch kam sie nur mit unerträglicher Langsamkeit voran. Angestrengt lauschte sie auf jedes noch so kleine Geräusch unter ihren schwerfälligen Schritten in der Erwartung, jeden Moment schmerzverzerrte Schreie von oben zu hören.
    Ein Gestank wie aus der Abfalltonne eines Schlachthauses sprang ihr entgegen wie ein schleimiges Tier, das über ihr Gesicht in ihre Nasenhöhlen kroch, dann sah sie endlich den letzten Treppenabsatz und stürmte weiter in den Durchgang zur Hölle.
    Sie hörte, wie die anderen mehrere

Weitere Kostenlose Bücher