Lehmann, Christine
Habergeiß in der Necka r straße prügle ihren Sohn Tobias und lasse ihn verhu n gern. Was einen sofortigen Einsatz des Jugendamts au s gelöst hatte, ang e führt von Frau Hellewart, morgens um sechs.
»Sie hat«, sagte Richard, nicht zu bremsen jetzt, da er sich entschlossen hatte zu reden, »ihrer Mutter Beruh i gungsmittel gegeben, vielleicht auch Alkohol. Sie hat sie ins Bad geführt, sie in die Badewanne steigen lassen, ihr eine Schlinge um den Hals gelegt und sie aufgehängt. Und weil sie sich nicht sicher war, ob sie auch stirbt, wenn sie nicht richtig baumelt, hat sie ihr die Pulsader aufgeschnitten. Das war nicht spontan, das war geplant!«
»Nicht wirklich, Richard. Katarina ist nur immer den nächsten Schritt auch noch gegangen, der sich aus vora n gegangenen Handlungen ergab. Erst das Jugendamt a n stiften, damit es den kleinen Bruder abholt, auf den sie ständig aufpassen musste, dann den Bruder wegbringen, dann die Mutter beseitigen, die beim Jugendamt Terz machen und herauskriegen würde, dass es gar keinen B e schluss gibt.«
»Einen Beschluss, den sie immerhin auch noch g e fälscht hat, damit du denkst, ihre Mutter habe sich umg e bracht, weil das Jugendamt Tobias mitgenommen hat, Lisa! Sie musste die Beschlüsse in der Schuhschachtel gründlich studieren, um das hinzukriegen. Sie musste ins Sp@ce gehen, um den Briefkopf in den Text zu kopi e ren. Da steckt viel Plan dahinter. Und dann wartet sie auf der Treppe auf dich und behauptet, sie habe keinen Schlüssel. Du solltest ihre Mutter finden und den Brief. Und wenn du nicht sofort reagiert hättest, als sich das Licht in der Wohnung nicht anmachen ließ, dann hätte sie behauptet, sie habe Angst reinzugehen. Deshalb hat sie mit der Büroklammer einen Kurzschluss herbeig e führt. Und hinte r her heult sie dir was vor.«
Meisner seufzte hustend. »Ja, es gibt nicht viele, die so ausgebufft und kaltblütig handeln. Vor allem bei Mord. So was ist mir noch nicht untergekommen. Ob Katarina wirklich so intelligent und planvoll gehandelt hat, wage ich zu bezweifeln, da muss ich Frau Nerz recht geben. Sie hatte sicherlich nicht geplant, Richterin Depper u m zubringen. Katarina hatte ja nicht damit rechnen können, dass sie und Jovana sie treffen, wenn sie den kleinen T o bias im Sonnennest abliefern oder besser: aussetzen. Ich vermute, sie sind der Richterin gefolgt, nachdem J o vana sie erkannt hatte. Und dann hat ein Kleinkrimineller ihr die Handtasche geklaut. Doch Depper hat nur die Mädchen gesehen, ist ihnen gefolgt, hat sie als vermein t liche Diebinnen zur Rede gestellt, sie verdächtigt – zu Unrecht –, sie getadelt, ausgeschimpft, ihnen gedroht. Kurz, sie hat sich aufgeführt wie eine Richterin, alle r dings auf ungeschütztem Terrain. Und irgendwann fa n gen die Mä d chen dann an zu schubsen, an ihrem Schal zu ziehen. Depper fällt den Hang hinunter, die Mädchen werfen sich auf sie, das wehrlose Opfer, und erdrosseln sie mit ihrem eigenen Schal.« Meisner seufzte. »Und tags darauf führt Katarina dann ihre Mutter zur Schlachtbank. Ja, sie hat diese Intuition, die Serientäter haben, die der Polizei lange entkommen. Die Inszenierungen zur Ve r schleierung ihrer Taten waren fast perfekt. Wenn Sonja Depper nicht Richterin gewesen wäre, hätte ich all diese kriminaltec h nischen Extrawürste nicht angeordnet. Die KT hätte in dem Matsch da draußen nicht alles nach Genspuren a b gesucht, und der Rechtsmediziner hätte nicht so lange ausgemessen, bis er zwei Strangulation s furchen findet. Und bei Nina Habergeiß lag die Sache ja noch viel eindeut i ger. Auf ein Tötungsdelikt kommen zwölf Suizide und was weiß ich wie viele Unfälle. Kein vernünftiger Mensch hätte bei Depper oder Habergeiß ein Tötungsdelikt vermutet. Auf so was kommt man ei n fach nicht. Und dann auch noch ein Kind … ein Mä d chen!«
»Doch damit nicht genug!«, nahm Richard wieder das Wort, leise und unversöhnlich. »Katarina lässt sich von uns scheinbar widerstrebend nach Vingen mitnehmen. Wir sind anders, das hat sie gemerkt. Netter, interessie r ter, neugieriger, deshalb gefährlicher. Wir schauen nicht weg. Wir gucken nach, vor allem Lisa.«
Ein kleines Lob wie ein Seitenhieb. Ich wuchs inne r lich.
»Das hat Katarina schnell begriffen. Sie musste h e rausfinden, ob wir ihr draufkommen würden. Und als ich dann den Besuch in Metzingen vorschlug …« Er schluc k te. »Unbedacht und aus dem Gefühl heraus, ich sei beim Streit um die Betten zu hart
Weitere Kostenlose Bücher