Lehrer-Schueler-Konferenz
ich merkte, wie dumm diese Lehrerin auf dem Band klang und wie sehr ich ihr ähnelte, entschloss ich mich zu einem anderen Versuch. Ich wollte Methode III bei einem Problem anwenden, das ich der Klasse schon seit Wochen vorhielt: das Zuspätkommen nach der Pause.
Bis jetzt hatte ich das Problem auf meine übliche Art behandelt. Die Schüler stellten sich auf dem Hof immer zu langsam in einer Reihe auf, und ich musste dann nach drauÃen gehen und schreien, um sie zur Eile anzutreiben. Bis alle versammelt waren, in einer Reihe standen und schlieÃlich ins Klassenzimmer marschierten, hatten wir mindestens zehn Minuten verschwendet. Im Klassenraum fragte ich dann jedes Mal erneut: » Spielen wir weiter, wenn es zur Stunde schellt?« Und sie sagten jedes Mal: » Nein.« Darauf fragte ich: » Was tun wir, wenn es schellt?« Sie antworteten im Chor: » Wir stellen uns in einer Reihe auf.« Meinem Appell, dass in Zukunft kein Geschrei meinerseits mehr nötig sein solle, damit sie sich aufstellten, begegneten sie mit Zustimmung. Und am nächsten Tag war dann alles wieder beim Alten. Nun, diese Woche ersetzte ich meine üblichen Fragen durch eine Ich-Botschaft. Ich erzählte ihnen, wie leid ich es war, sie immer anzuschreien, und ich berichtete ihnen auch von meiner Angst vor dem Direktor, der mir wegen der verschwendeten Zeit eine schlechte Beurteilung geben würde.
Dann hörte ich den Schülern zu. Ich traute meinen Ohren nicht. Sie sagten, sie hätten es satt, da drauÃen in der heiÃen Sonne zu stehen und auf mich zu warten. Sie wollten wissen, warum sie sich überhaupt in einer Reihe aufstellen mussten und nicht direkt beim Klingelzeichen in den Klassenraum gehen durften. Auf meine Erwiderung, dass immer alles so gehandhabt worden war wie jetzt, fragten sie mich nach dem Grund für diese Regeln. Ich musste eine Weile nachdenken. Der einzige Grund, den ich für das Aufstellen in Reih und Glied finden konnte, war, dass es eben so angeordnet worden war. Sie kauften mir diese Erklärung nicht ab. Wir entschlossen uns dann, unsere Bedürfnisse einmal klar zu definieren.
Mein Anliegen war es, die Schüler ordentlich und diszipliniert in der kürzestmöglichen Zeit vom Pausenhof in die Klasse kommen zu lassen. Die Schüler wollten vermeiden, fünf Minuten oder länger in der heiÃen Sonne auf mich zu warten, um dann unter meiner Aufsicht wie die Soldaten in das Klassenzimmer marschieren zu müssen.
Wir einigten uns auf eine Lösung, die von einem der Kinder vorgeschlagen worden war: Beim Klingeln sollten die Schüler vom Hof zum Klassenzimmer gehen. Ich sollte bei diesem Zeichen das Lehrerzimmer verlassen. Wir würden uns dann vor der Klassentür treffen und hineingehen.
Seit drei Tagen praktizieren wir dies nun mit groÃem Erfolg. Wir sparen jeden Tag ungefähr zehn Minuten, das heiÃt die Zeit, die ich benötigte, um die Kinder dazu zu bringen, sich in Reih und Glied aufzustellen und leise in das Klassenzimmer zu marschieren. Mir bleibt es nun auch erspart, auf den Hof hinauszurennen.
Der gröÃte Unterschied zum früheren Zustand zeigt sich jedoch, wenn wir in das Klassenzimmer kommen. Noch vor Kurzem war jedermann nach den ständigen Ermahnungen und Appellen wütend und gereizt. Jetzt fühlt sich jeder entspannt und zeigt den anderen gegenüber keine Aggressionen. Das kann manchmal einen ganzen Nachmittag retten.
Für die Kinder war bei diesem Problem die schwierigste Aufgabe, mich davon zu überzeugen, dass ihr Aufstellen gar nicht einem Bedürfnis meinerseits entsprang. Sie machten mir klar, dass das Aufstellen nur die Lösung für ein Bedürfnis war, und in unserem speziellen Fall eine sehr schlechte Lösung.
Diese Lehrerin entdeckte demnach, dass Methode III manchmal unvorhersehbare und kreative Lösungen hervorbringt, die entstehen, wenn Menschen sich zusammentun und Probleme von unterschiedlichen Gesichtspunkten aus angehen. Sie und die anderen Teilnehmer an unserem Kurs überprüften deshalb, ob es noch weitere Regeln gab, die der soeben beschriebenen Anordnung des Aufstellens glichenâ also Regeln, die für eine bestimmte Klasse zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht sinnvoll waren.
Methode III muss nicht » verkauft « werden
Wie wir bereits schilderten, muss ein Pädagoge, der Methode I bei Konfliktlösungen anwendet, nach der Entscheidung für eine Lösung seinen
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