Lehrer-Schueler-Konferenz
dahingehende Anweisung erhielt.
Für die unterschiedliche Bewertung kann es jedoch viele andere Gründe geben. Lehrer entwickeln zum Beispiel persönliche Vorlieben und Abneigungen. Während der Begriff der » individuellen Unterschiede« im Bildungskontext missbraucht wurde, existiert er im wirklichen Leben tatsächlich. Es gibt entscheidende Unterschiede zwischen Menschenâ Schülern ebenso wie Lehrern. Jeder reagiert aus einer Vielzahl von Gründen unterschiedlich auf andere Menschen.
Warum haben Sie sich als Teenager dazu entschieden, mit dieser einen Person anstelle der anderen auszugehen? Warum vertiefen Sie die Bekanntschaft mit der einen Person zu einer Freundschaft und wenden sich von einer anderen ab? Offensichtlich fühlt niemand denselben Grad von Annahme gegenüber einem jeden Mitmenschen. Im Fall von Lisa und Felix besitzt der Lehrer vielleicht gröÃeres Einfühlungsvermögen für Jungen als für Mädchen oder findet Felix ehrlich und vertrauenswürdig, Lisa dagegen hinterhältig. Vielleicht ist Lisa eine sehr aufgeweckte und anspruchsvolle Schülerin, die immer bis an die Grenze geht, während Felix schwerfällig und harmlos ist. Was immer die Ursache sein mag, der entscheidende Punkt ist: Es wird immer individuelle Unterschiede geben. Manche Schüler werden von den Lehrern mehr angenommen als andere.
Wie man den Einfluss von Umwelt oder Situation versteht
Um eine Binsenweisheit zu zitieren: » Alles hat seine Zeit und seinen Ort.« Jedes Verhalten am falschen Ort oder zur unrechten Zeit führt zu einer Nichtannahme, gleichgültig wie annehmbar es unter anderen Umständen auch sein mag. Geschrei und Herumschubsen sind für die meisten Lehrer gewöhnlich annehmbar, wenn es auf dem Schulhof während der Pause geschieht, in der Klasse dagegen nicht.
Erinnern Sie sich nun der Mythen, die wir weiter oben über den » idealen« Lehrer anführten. Erkennen Sie, dass viele von ihnen im Licht unseres Konzepts von Annahme und Nichtannahme die Verleugnung der Realitäten Ihres Menschseins erfordern? Wenn Sie glauben, dass ein guter Pädagoge stets sachlich, ruhig, beherrscht, annehmend und konsequent sein sollte, fordern Sie oft ein Gefühl des Versagens herausâ mit einem Wort, Sie werden sich nie als erfolgreicher Lehrer fühlen.
Ist vorgetäuschte Annahme jemals in Ordnung?
Manchmal fühlen sich Lehrkräfte gezwungen (entweder aus eigener Ãberzeugung oder durch andere) vorzugeben, Schülerverhalten anzunehmen, das ihnen in Wirklichkeit nicht gefällt. (Oder umgekehrt: vorzugeben, etwas nicht anzunehmen, was sie in Wirklichkeit akzeptieren.)
Abbildung 7 illustriert die Zone der falschen Annahme, in der ein Lehrer so tut, als würde er die Verhaltensweisen von Schülern annehmen, obwohl sie in Wirklichkeit unannehmbar sind.
Weil Lehrer viele » sollte« und » müsste« als Richtschnur für ihr eigenes Verhalten akzeptieren, geraten sie ins Heucheln. Als Erklärung führen sie dann an: » Kinder sind eben Kinder.« â » Man darf die Bedürfnisse eines Kindes nicht frustrieren, denn das könnte seiner Persönlichkeit dauernden Schaden zufügen.« â » Schülern sollte man in der Klasse völlige Freiheit lassen.« â » Kinder sollten in Gegenwart anderer nie gerügt werden.« Diese und andere ähnliche Grundsätze, die sich Lehrkräfte während ihrer Ausbildung zu eigen machen, schaffen eine falsche Voraussetzung. Sie lächeln und nicken, geben sich freundlich und annehmend, aber innerlich sind sie verkrampft. Sie verstecken ihre eigenen Gefühle hinter einer Maske und zwingen sich, so zu fühlen, wie sie glauben, fühlen zu sollen.
Das Gegenteil ist ebenso zutreffend: Lehrer können sich, und sie tun es auch, dazu zwingen, Nichtannahme von Verhaltensweisen zu heucheln, die sie in Wirklichkeit billigen. Manche üben sogar psychischen Druck auf ihre Kollegen aus, sich bei bestimmten Verhaltensweisen genauso zu verhalten, damit die Lehrer den Schülern eine » geschlossene Front« bieten.
Aus welchem Grund auch immer: Wenn Sie vorgeben, annehmend zu sein, obwohl Sie das Verhalten stört, oder Nichtannahme heucheln, weil Sie Nichtannahme verspüren » sollten«, wird diese Botschaft bei den Schülern ankommenâ im besten Fall als Verwirrtheit, im schlechtesten als Verlogenheit.
Kinder und Jugendliche
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