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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeit zu sterben
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«Durchsage an Taxis und Busse. Turkuer Autobahn Richtung Helsinki am Knotenpunkt Nihtisilta wegen Verkehrsunfall gesperrt. Der Verkehr wird vorläufig auf die Busspur umgeleitet.»
    «Oje! Was ist denn da passiert?» Ich tat unbefangen, obwohl sich in meinem Innern wieder das schwarze Loch auftat.
    «Das werden wir gleich sehen, wir müssen ja genau da vorbei», grummelte der Taxifahrer und trat das Gaspedal durch, als wollte er sich dafür schadlos halten, dass wir bald im Stau stecken würden. Es war ein Wochentag und schon zehn Uhr abends, aber am Knotenpunkt Nihtisilta stand der Verkehr. Die blinkenden Signallampen der Einsatzwagen waren weithin zu sehen: Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen. Die Autoschlange wand sich die Ausfahrtsspur hinauf und kam immer wieder zum Stehen, sodass ich reichlich Gelegenheit hatte, den Streifenwagen und den silberfarbenen BMW zu betrachten, der gegen den Betonpfeiler der Autobahnbrücke geprallt und auf anderthalb Meter Länge zusammengedrückt worden war. Das Kennzeichen konnte ich nicht erkennen, aber das war auch nicht nötig.
    Ich sagte dem Taxifahrer, ich hätte es mir anders überlegt, er solle mich an der Abzweigung nach Kauniainen absetzen. Von dort ging ich zwei Haltestellen weit an der Busstrecke entlang, dann rief ich ein zweites Taxi, von dem ich mich nach Hause bringen ließ. Die Einzelheiten des Unfallhergangs erfuhr ich aus dem Lokalradio. Die Polizei hatte um 21 Uhr 48 eine Meldung über einen betrunkenen Fahrer erhalten und die Verfolgung aufgenommen. Der silberne BMW hatte den Haltebefehl ignoriert und auf hundertsechzig beschleunigt. Am Knotenpunkt Nihtisilta hatte der BMW-Fahrer versucht, langsamere Wagen auf der zur Brücke führenden linken Spur zu überholen. Dabei hatte er die Gewalt über sein Fahrzeug verloren und war gegen den Brückenpfeiler geprallt. Der Fahrer, der allein im Wagen gesessen hatte, war auf der Stelle tot gewesen.
    Ob man Tiina schon benachrichtigt hatte? Der BMW war meines Wissens auf beide Leiwos zugelassen. Ich überlegte kurz, im Schutzhafen anzurufen, aber dann fiel mir ein, dass ich ja offiziell noch gar nicht wissen konnte, wer bei dem Unfall ums Leben gekommen war.
    In dieser Nacht fand ich kaum Schlaf, zahllose Gedanken und Bilder gingen mir durch den Kopf. Konnte die Polizei die Unterdrückung der Nummernanzeige rückgängig machen? Würde man die nicht existierende Kristiina Kirves aufspüren und meine Anrufe bei der Polizei und bei Pasi zurückverfolgen? Obwohl mich niemand beachtet hatte, würde sich vielleicht doch irgendwer erinnern, dass ich in der Bar des Hotels Kuninkaantie gewesen war.
    Und wennschon! Ich hatte doch nur meine Pflicht getan, als ich der Polizei einen betrunkenen Fahrer meldete. Es war nicht meine Schuld, dass Pasi wie ein Wahnsinniger davongeprescht war.
    Alle Ausflüchte waren sinnlos, ich wusste genau, was passiert war.
    Ich hatte zum zweiten Mal getötet.

    Neun
    Neun

    Am nächsten Morgen war die Erde weiß, in der Nacht waren ein paar Zentimeter Schnee gefallen. Ich hatte keine Zeit, Win-terreifen aufzuziehen, also schlidderte ich, so gut es eben ging, auf meinem Rad zur Arbeit. Maisa, die Nachtschicht gehabt hatte, fing mich mit ernstem Gesicht an der Haustür ab.
    «Tiina Leiwos Mann ist heute Nacht im Auto tödlich verunglückt», sagte sie, noch bevor ich sie begrüßt hatte.
    «Das kann doch nicht wahr sein! In der Zeitung stand was von einem Unfall auf der Turkuer Autobahn, war es der?»
    Maisa nickte und erzählte, Tiina habe am Abend kurz vor elf ihr Handy eingeschaltet, um in einer beruflichen Angelegenheit eine SMS abzuschicken. Auf dem Handy war eine Nachricht von der Polizei, sie solle zurückrufen. Als sie es tat, wurde sie zuerst gefragt, wo sie wäre, dann erfuhr sie, was passiert war.
    «Wie geht’s Tiina?»
    «Sie ist erstaunlich gefasst, wahrscheinlich steht sie noch unter Schock. Sie will jetzt zur Arbeit und anschließend nach Hause, um alles zu organisieren.»
    «Wenigstens braucht sie zu Hause keine Angst mehr zu haben», sagte ich gewollt forsch. «Hat Pauli schon davon gehört?»
    «Ich habe ihn heute früh angerufen, er musste zur Stiftungs-sitzung, kommt aber, sobald er kann. Wir haben mit der Sache wohl nichts mehr zu tun. Natürlich müssen wir Tiina auf die Gesprächsgruppen für Trauernde hinweisen.»
    Maisa hatte sich schon abgewandt, blieb aber plötzlich stehen und sagte über die Schulter hinweg: «Irgendwie unheimlich, dass in diesem Herbst so viele sterben. Zuerst

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