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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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Krankenschwester und hat, soweit ich weiß, vor allem alte Menschen gepflegt, kennt also die komplizierten Mechanismen der Erinnerung.«
    »Als Polizistin müssen Sie natürlich misstrauisch sein. Mir erscheint diese Vermutung recht weit hergeholt, aber wer weiß.

    Wir werden die Möglichkeit in Betracht ziehen und die Patientin entsprechend beobachten.«
    Ich hatte mich gerade in das Personenstandsregister einge-loggt, als Puupponen völlig aufgelöst in mein Zimmer kam.
    »Maria, sprichst du Französisch?«
    »Ich hab es zwar auf dem Gymnasium gelernt, aber meine Kenntnisse sind total eingerostet.«
    »Taskinen und ich haben da eine Horde Kanaken, die kaum Finnisch sprechen, nur Französisch. Und ein Dolmetscher ist nirgends aufzutreiben. Kannst du uns kurz helfen?«
    »Geht es um den gestrigen Brandanschlag?«
    »Nein, das sind marokkanische Studenten, die sich gestern Nacht im Studentenwohnheim in Kilo geprügelt haben.«
    »Studenten, die weder Finnisch noch Englisch können? Klingt nicht sehr glaubhaft. Warte einen Moment, ich komm gleich rüber, aber um zwei muss ich in Pasila sein, zur Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss.«
    In aller Eile überprüfte ich Milla Marttilas Eintragungen im Personenstandsregister. Von einer Adoption war nichts vermerkt. Den Angaben zufolge war Milla 1975 in Kerava geboren, ihre Eltern waren Risto Juhani Marttila und Ritva Marjatta Marttila, geb. Saarinen. Im Personenstandsregister war eine Adoption immer zu sehen, während sie im Registerauszug nur auf Verlangen eingetragen wurde. Ich musste mir Millas Geburtsurkunde besorgen, doch dafür hatte ich im Moment keine Zeit. Mein halb vergessenes Französisch war nur von begrenztem Nutzen, doch ich bemühte mich eine gute Viertelstunde lang, die Hintergründe der Schlägerei zu klären. Einer der Marokkaner war schwer verletzt worden, aber die anderen behaupteten, es habe sich lediglich um eine harmlose Auseinandersetzung zwischen zwei Familien gehandelt, wie sie in ihrer Kultur eben üblich sei. Ich war froh, Taskinen und Puupponen die Entscheidung überlassen zu können, ob sie die Geschichte glauben wollten, während ich mich im Vorortzug von Kilo nach Pasila eine Weile erholen konnte.
    Nun ja, erholen war vielleicht nicht der richtige Ausdruck.
    Bisher hatte ich die Ereignisse um Palos Tod zwar nicht aktiv verdrängt, mich aber so intensiv mit dem Fall Rosberga beschäftigt, dass mir kaum Zeit blieb, an Halttunen und Palo zu denken.
    Jetzt konnte ich diesen Gedanken nicht mehr ausweichen. In der Krisentherapie hatte man uns geraten, Trauer und Angstgefühle zuzulassen, ohne uns jedoch darin zu vergraben.
    Die Vernehmung fand an meinem alten Arbeitsplatz statt, in dem Gebäude, wo ich vor Jahren meinen ersten Mord aufgeklärt hatte. Damals hatte ich auch Antti vernommen – kaum zu glauben, dass ich ihn einmal des Mordes an seinem besten Freund verdächtigt hatte! In den Gängen roch es wie früher, einige Wände wiesen noch Spuren des Bombenanschlags im letzten Herbst auf. Ich hätte gern einen Blick in meine alte Abteilung geworfen, verspürte aber keine Lust, Kinnunen zu begegnen, meinem alkoholsüchtigen Exvorgesetzten, der immer noch im Amt war und immer noch soff.
    Auf der Toilette überprüfte ich mein Make-up, trug wasserfes-te Wimperntusche auf und sagte mir immer wieder beschwörend, dass ich vor dem Untersuchungsausschuss nicht weinen würde. An sich war meine Situation ja unproblematisch, mit Anschuldigungen brauchte ich nicht zu rechnen. Ich war nur eins der vielen Mosaiksteinchen, mit deren Hilfe der Ausschuss die Ereignisse jenes Januarabends in Nuuksio rekonstruieren wollte. Er konnte sich ohnehin nur ein unvollständiges und verzerrtes Bild machen, denn Palo und Halttunen konnten niemandem mehr erzählen, was damals in ihren Köpfen vorge-gangen war.
    Der Untersuchungsausschuss hielt sich peinlich genau an den Zeitplan: Um zwei Minuten vor zwei kam einer der Polizeimeister, die in Nuuksio das Abhörgerät bedient hatten, aus dem Vernehmungsraum, eine Minute nach zwei wurde ich hereinge-rufen.
    Die Szenerie wirkte, vielleicht unbeabsichtigt, so offiziell wie nur möglich. Ein strahlend weißer, hell erleuchteter Raum, an der Wand, etwas im Schatten, ein langer Tisch, hinter dem fünf wichtig dreinblickende Männer saßen. Der Protokollant hatte seinen Tisch links von den Ermittlern. Man bot mir einen Sessel an, der in einiger Entfernung vor dem Tisch stand und verhältnismäßig bequem aussah. Erst als ich

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